Esprit de Chine

Mariechen
07.02.2014 - 12:21 Uhr
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Duft

Die Elegante

Ja, dieser Duft erinnert mich tatsächlich an meine Grossmutter. Und dies keineswegs im negativen Sinne. Meine Grossmutter war zeitlebens auf ein gepflegtes Aussehen und zurückhaltende Eleganz bedacht. Parfum trug sie ausschliesslich wenn sie ausgegangen ist, denn Parfum galt in ihrer Generation noch als ein teures, exquisites Gut, das man sich gönnt, aber nicht verschleudert. Ihr Parfum, ein Klassiker der frühen 30iger Jahre, spricht für seine Zeit. So wie Esprit de Chine.

Es eröffnet tatsächlich, in Anbetracht seiner relativen, pudrigen Schwere schwungvoll und etwas zitrisch. Die Bergamotte ist für mich gut auszumachen. Dieser anfängliche Eindruck legt sich aber sehr schnell und macht Platz für die typische pudrige Eleganz eines Parfums dieser Zeit. Man sieht es beinah vor Augen, das Boudoir in dem sich die frisch gebadet und gepuderte Dame ihre Strümpfe am Halter befestigt. Der intimste Ort, irgendwo zwischen vollkommener Nähe und perfekter Präsentation. Ein paar Töne des Duftes lassen sogar tatsächlich an den Geruch eines guten, hochwertigen Lippenstifts erinnern. Esprit de Chine ist kein floraler Duft, auch wenn Nelke und Flieder beispielsweise durchaus im harmonischen Einklang auszumachen sind. Insgesamt tragen sie aber nur als Randerscheinungen zum Gesamtbild bei. Es ist schwierig sie separat zu betrachten, da man dermassen beansprucht wird vom Gesamteindruck.
Für ein Parfum aus dem Jahr 1925 ist Esprit de Chine trotz allem relativ leicht und legt sich niemals wie eine Last auf den Körper. Dadurch wirkt es zwar elegant und gediegen niemals aber überheblich. Ein eleganter Duft für die Dame (!), die keinen grossen Auftritt sucht, sondern anschmiegsam durch die Nacht gleiten möchte.
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