Azzaro pour Homme 1978 Eau de Toilette

TimK
11.06.2012 - 06:32 Uhr
8
Hilfreiche Rezension
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft

"Lebe lieber lässig"

Die tolle Epicerie in der Heidelberger Hauptstraße – charmant in einen süßen und einen kräuterig-würzigen Laden unterteilt – verkauft „Les Violettes de Marseilles“, kleine Pastillen in einer altmodisch-verspielten Metallschachtel. Die Bonbons sind erbsengroß und weiß und aus Zucker, der ganz leicht mit Veilchen- und Lavendelaroma parfümiert ist. Das Besondere ist aber ihr Kern: Ein einsamer Anissamen. Der Eindruck beim Zerbeißen erinnert an verfliegendes „Azzaro pour Homme“.

Ein Kumpel, Rolf Z., lud mich einmal auf eine Spritztour mit seinem Auto ein, einem 1967er Lotus Europa. Der gelbe Racer ist etwas Besonderes, weil er den viel Stärkeren, Schnelleren und Teuren auf eigene Weise den Schneid nimmt. Neben Colin Chapmans witzigem Sportwagenkonzept wirken selbst Porsche pummelig, Lamborghinis wie Kutschen potenzschwacher Zuhälter, moderne Kleinsportler wie frisierte Joghurtbecher. Klar, lassen sie Dich trotz gutem Leistungsgewicht beim Ampelduell dann stehen. Klar, sind sie viel stärker, schneller und teurer. Doch der Triumph, dass das alles im Grunde scheißegal ist, ist Deiner. Lässigkeit, Witz und Charme haben gesiegt.

Ähnlich ist es mit ApH. Welcher Mann braucht tatsächlich ein Parfüm für Hunderte von Euro, für Tausende gar, sofern ein Diamant im Flakon dümpelt, wenn er das haben kann? Wird es nicht irgendwann lächerlich? Lässt man fürs Prestige derartig die Hosen runter? Für wen ist das anziehend oder gar sexy?

Eine verdammt coole Sau: Lavendel fürs Licht und für die Weite, Anis fürs Geheimnisvolle, Honig und Vanille fürs Weiche, Zitrus für die Frische, Nelke, Moos und Amber für die Tiefe. Ein rockig-rotziges Fougère von echtem Schrot und Korn in einem herrlich-schäbigen Fläschchen für ein paar Groschen. Ein Glückskind, wer so wenig braucht.
5 Antworten