Nuit de Noël 1922 Parfum

Fabistinkt
24.12.2021 - 19:02 Uhr
34
Top Rezension
10
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft

Eau Tannenbaum

Ein Landhaus, idyllisch vergraben unter dem österreichischen Schnee. Zwei ältere Damen, Omama Mitzerl und Lilibeth, sitzen am Küchentisch nach der Bescherung. Beide sind sichtlich mitgenommen von den heiligabendlichen Ereignissen.

Omama: Des woa des furchtbarste Weihnachten, wos i je derlebt hob! I brauch jetzt an Nußschnops, um des zu derpacken. Mogst ah an?

Lilibeth: Bloß nicht, danke, nein. Aber vielleicht ein winziges Stamperl Eierlikör?

Omama: I bring da ans… Des is a Schaund, eine richtige Schande. A Freid hob i eich mochn woin. Seit da Fruah bin i in da Kuchl gstaundn und hob für eich kocht. Wie friehra, wie sich’s gheat. Und wos is da Daunk? Des Luiserl betrinkt sich, die Kinder laufen Amok und da Christbam brennt. Des is kah Heiligobmd! Wie guat, dass da Papa des nimmer derlebm muass. Oiwei hob i drauf gschaut, dass da Papperl und da Hansi schäne Weihnachten haum. Vü Göd haum ma ned ghobt. Vom Mund abgespart hob i ma ois, damit olle glücklich -

Lilibeth: - du hast ja recht, Mitzerl. Undank ist der Welten Lohn. Das sagt auch die Maureen aus London immer. Einen eigenen Klavierlehrer hat sie angestellt für ihre Kinder und ihnen ein teures Internat bezahlt, weit weg auf dem Land. Und rufen sie je an? Nein! Ich sage es dir, am Ende, da müssen wir Alten zusammenhalten. Und deshalb habe ich dir auch etwas mitgebracht, liebes Mitzerl. Ich wollte es bis nach der Bescherung aufheben, damit die Kati und das Luiserl nicht neidisch werden.

Omama: Des is owa liab. Mah, jetzt hob i goanix für di. Waunnst wüst, gib i da zwa von meine söber gestrickten –

Lilibeth: - um Gottes Willen, nein, danke. Das ist schon in Ordnung, Mitzerl, mach dir keine Gedanken. Ich weiß ja, dass deine Mittel sehr begrenzt sind. Ich erwarte nichts im Gegenzug. Hier, nimm!

Omama: Do bin i owa gspaunnt! Mah, so a teures Geschenkspapier, wos für a Verschwendung... Jö, wos is denn des für a liabes Flascherl?

Lilibeth: Das ist ein Parfüm aus Frankreich, Nuit de Noël!

Omama: Nüde – wos?

Lilibeth: Nuit de Noël. Das bedeutet Weihnachtsabend, weißt du noch?

Omama: Französisch haum ma in da Schui ned glernt, nur Deitsch. Und laung durtn blieben bin i a ned: I hob hackln miassn, damit ma wos zum Essn ghobt haum.

Lilibeth: Das ist ganz dumm, wenn du mich fragst. Fremdsprachen erweitern den Horizont. Die Maureen zitiert immer Sir Peter Ustinov: „Bildung ist nicht auf die Schule begrenzt. Sie geht unerbittlich weiter bis ans Lebensende.“ Und damit hatte er zweifelsohne recht. Besonders in unserem Alter ist es wichtig, dass wir geistig fit bleiben. Man wird so schnell senil, nicht wahr, Mitzerl?

Omama: Deppat bin i nu ned, heast. Wie kriag i denn jetzt des Barfah auf?

Lilibeth: Das ist ganz einfach. Hier, wir öffnen vorsichtig den Draht, dann ziehst du langsam den Deckel heraus und tupfst es dir auf. Ein Tröpferl hinter die Ohren, je eines auf die Handgelenke und eines aufs Dekolletee. Und wage es ja nicht, es auf ein Taschentuch zu träufeln. Das ist schließlich nicht Tosca!

Omama: Moch da kane Surgen. So epas Nobles wie Tosca hob i eh nie ghobt, nur Kölnisch Wasser.

Lilibeth: Kölnisch Wasser, diese dünne Suppe? Putzfrauenparfüm haben wir das früher genannt. Riechst du schon etwas? Das Parfum enthält Rosenöl aus der Provence. Sehr fein und pudrig, dazu leicht herb durch die Iriswurzel. Mir kommt auch vor, als wäre etwas Nelke mit drin. Und echtes Eichenmoos transportiert metaphorisch die Dunkelheit des Abends. Riechst du die Düsternis, Mitzerl?

Omama: Na. Owa des riacht wirklich guat, des Zeig, wie die Salbe vom Interspar!

Die beiden wunderbaren Anti-Weihnachtsfilme mit Mitzerl und Lilibeth könnt ihr auf YouTube anschauen. Schöne Feiertage!
Single Bells: https://www.youtube.com/watch?v=sjWBEHvtLAk
Oh Palmenbaum: https://www.youtube.com/watch?v=F_Iw81dZPPw
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