Bois du Portugal von Creed

Bois du Portugal 1987

Naaase
08.06.2014 - 06:01 Uhr
Top Rezension
8Duft

Der südländische Marktplatz

Der südländische Marktplatz

Die Fußball-WM naht mit großen Schritten. Sie wirft ihre sportiven Schatten heftigst voraus. Bereits jetzt sind unsere diesmal nahezu gänzlich in unschuldigen Weiß gekleideten Kicker medial omnipräsent. Das Fußball-Fieber steigt. Ich merke es selbst an mir: Bereits seit Wochen interessiere ich mich für die Wehwechen unserer Helden im Trainingslager mehr als für meine eigenen; was für einen hypochondrisch angehauchten Menschen wie mich doch sehr erstaunlich ist. Das Team um unseren Jogi Löw nimmt unsere Kontrahenten pflichtschuldigst in Augenschein. Da wollte ich auch meinen bescheidenen Beitrag dazu leisten. Und was lag da angesichts unseres ersten Vorrunden-Gegners näher, als "Bois du Portugal" eifrigst unter die Lupe zu nehmen. Doch davor haben -wie üblich- die Götter erst einmal das Aktenstudium gesetzt: "Bois du Portugal aus der exklusiven Linie Millésime von Creed ist einer der ganz großen Klassiker des Creed-Portfolios. Der Faszination des Lieblingsduftes von Napoleon erlagen später beispielsweise auch Frank Sinatra und Kevin Costner. Bois du Portugal, eine Creed-Komposition aus dem Jahre 1806, ist der Duft außergewöhnlicher Männer. Napoleon etwa liebte den würzigen Charakter dieses Parfums so sehr, dass er sich zwei Mal am Tag von Kopf bis Fuß mit Bois du Portugal parfümierte. Auch der legendäre Frank Sinatra favorisierte den besonders warmen, holzigen Duft auf der Basis von Koriander, Sandelholz, Vetiver und Weihrauch. Bis heute hat Bois du Portugal nichts von seiner Faszination und Aktualität verloren: Charismatische Superstars wie Kevin Costner und Paul Newman zählen zu den begeisterten Anhängern des aufregenden und zeitlosen Duftklassikers. Immer wieder avancieren die edlen Kreationen aus dem Hause Creed zu Lieblingsdüften großer Persönlichkeiten und Stars. Zu den berühmten Trägern der außergewöhnlichen Düfte der Linie Millésime gehören zum Beispiel so klangvolle Namen wie Edward Herzog von Windsor und David Bowie."

So, nun wissen wir also, mit wem wir es hier zu tun haben: Mit einem "echten Kerl" also. Und das Ganze startet entsprechend dem eigenen Anspruch schon recht männlich. Eine erfrischende Bergamotte. Klar und ausdrucksstark in der Frucht. Leicht säuerlich, aber gerade genug, um uns eingangs männlich-markant zu erfrischen. Zudem abgefedert mit würzig-südländischen Lavendel. Nicht lieblich. Nein, da erwartet uns schon zu Beginn ein "ganzer Kerl". Sehr schön. Kein moderner "Weichspüler-Duft"; hier erleben wir bereits in der Kopfnote ausdrucksstarke Noten. Natürlich und klar. Aber, da gab ja bei Creed noch selten Anlass zu Kritik. Es wird dann holzig: Eine Zeder kommt zum Vorschein. Vielleicht etwas "old fashioned". Aber mutig und markant. Nicht androgyn. Nein, um dieses Bild (im Sinne eines hoffnungslosen Klischees) zu bemühen: Es ist ein südländischer älterer Herr, dessen braungebrannte Haut durch die unbarmherzige Sommersonne Portugals bereits über viele Jahre hinweg unnachgiebig gegerbt wurde. Er hat eine edle Zigarre in seiner fleischigen Hand. Gerade trank er an diesem heißen Sonntag im Hochsommer noch einen Schluck seines leicht gekühlten tiefschwarzen Rotweins und unterhält sich dabei ebenso angeregt wie lautstark über Themen wie Sport oder Politik mit seinen Tischnachbarn. Stolz und lebensfroh. Nicht der feine englische Lord. Aber dennoch reich an Lebenserfahrung. Von fern hört man das Läuten der im Laufe der Zeit schon etwas in die Jahre gekommenen Dorfkapelle. Sie lädt zum morgendlichen Gottesdienst. Unsere portugiesischen Männer vertrauen darauf, dass ihre gläubigen Frauen schon das eine oder andere Gebet für ihre Männer entsenden werden und verharren aus diesem Grund auf ihren Plätzen in der sengenden Hitze der einladenden Kneipe auf dem Dorfplatz. Südliche Lebensart, herzliche Gastfreundschaft und erregte Diskussionen. Kein Fremder wird hier je brüsk abgewiesen werden. Und so legt sich unbarmherzig der Rauch der konsumierten Zigarren immer mehr über unsere braungebrannten Freunde. Während diese abwechselnd -oder mitunter auch schon mal gleichzeitig- wild gestikulierend amüsante Geschichten aus ihrem ereignisreichen Leben zum Besten geben. Die freundschaftlich und respektvoll geführten Diskussionen werden immer erhitzter und wärmender Ambra trägt seinen verdienstvollen Teil dazu bei. Man ist Eins mit dieser Umgebung. Man ist hier schließlich geboren, hier aufgewachsen, hat hier sein Leben gelebt. Dabei viel erlebt. Wird hier nicht nur durch die Familie, durch Freunde und vor allem durch das bislang Erlebte mit Hilfe von würzig-grasigem Vétiver geerdet. Man kennt jede Facette dieses so vertrauten Fleckchens Erde. Jedes Zwitschern eines Vogels, jedes Summen einer umherirrenden Fliege. Geerdet in den gemeinsamen Gewohnheiten, geerdet in den überlieferten Traditionen, geerdet in den über Jahre hinweg gepflegten Bekanntschaften, wenn nicht sogar Freundschaften. Doch der der Klang der so vertrauten Glocke unserer feinen Dorfkirche erklingt erneut. Der Gottesdienst ist beendet. Ein Hauch von Weihrauch weht herüber. Alle Gebete von den Ehefrauen gesprochen. Alle Fürbitten für die Liebsten entsandt. Alle bereits seit vielen Jahren bekannten Lieder gemeinsam gesungen.
Nun wartet das traditionelle Mittagessen im Kreise der Familie. Wie schon seit vielen Jahren. Über Generationen hinweg gepflegt. Und unsere lautstark geführte Unterhaltung muss nunmehr ein Ende finden. Die Gläser mit dem köstlichen Nass müssen gelehrt werden. Heim zur Familie. Zu Frau, zu Kind. Und vielleicht auch zu den Enkelkindern. Den Heimweg mit etwas Sandelholz im Gepäck antreten. Doch bereits nächste Woche, bereits nächsten Sonntag, wird es wieder eine Unmenge von Gesprächsthemen geben, über die Man(n) sich bei einer edlen Zigarre und köstlichem Wein wild gestikulierend auf unserem lauschigen Marktplatz lautstark in Freundschaft austauschen können wird.

Mein Fazit:
Ein sehr schön gemachter Duft aus dem Jahre 1987. Männlich-markant. Sticht sogleich unter der inzwischen unüberschaubaren Anzahl weichgespülter Designer Düfte in der heutigen Zeit hervor. Respekt !
3 Antworten
MandelmausMandelmaus vor 11 Jahren
Wunderbar schmackhaft gemacht. Besten Dank. Der kommt auf die Merkliste :D
MeggiMeggi vor 11 Jahren
Ich mag den auch leiden und Dein Kommi ist eine feine Würdigung dafür!
DuftstickDuftstick vor 11 Jahren
Einfach SPITZE dein Kommi, wie alle von dir !!!!!!!!!! Auszeichnung!!!