He Wood Rocky Mountain Wood 2009

Averagejoe
21.02.2018 - 05:22 Uhr
11
Sehr hilfreiche Rezension

Von Bergen und Baumärkten

Mein erster Kommentar auf Parfumo ;-)

Rocky Mountain Wood! Was für ein Name! Wer denkt da nicht sofort und automatisch an eben jene namensgebende Region in den USA. Schroffe Felsen, klare Flüsse, ausgedehnte Nadelwälder. Backpacker, Lagerfeuer, sterneklare Nächte und Kojotengeheul. Zum Auftakt schafft es der Duft durchaus, mich olfaktorisch in das oben beschriebene Landschaftsbild zu versetzten. Ich trage plötzlich Karohemd und Vollbart, ich freue mich nach einem langen Arbeitstag im Sägerwerk auf eine Dose Bohnen und Kaffee aus der Blechtasse. Verantwortlich dafür ist die sofort nach dem Aufsprühen wahrnehmbare Melange aus Kiefernnadeln und Wacholder, ausgebreitet auf einigen Scheiten frisch gesägtem, hellen Holzes, hin und wieder ist beim Sägen das Sägeblatt heißgelaufen und hat angenehm süßliche Rauchwölkchen entstehen lassen. Das ist gut, sehr gut sogar. Maskulin, aber nicht schroff, präsent, aber nicht aufdringlich. Blümerantes (Veilchen und Lilie) nehme ich nicht wahr, was mich aber auch nicht weiter stört. Ich bin ja schließlich Waldarbeiter und kein Blumenhändler! Je länger der Duft auf meiner Haut verweilt, umso öfter gesellt sich noch ein weiterer Eindruck hinzu: ich wandere nicht mehr durch die einsamen Weiten der Rockys sondern stehe im Baumarkt in der Abteilung für Holzzuschnitt. "Tach, bin glei da, muss nur schnell `ne Arbeitsplatte uff`n Meeta Fuffzich runtaschnein" Auch hier: Karohemd, Vollbart, Sägewerk. Ob es Bohnen zur Mittagspause gibt weiß ich nicht. Was beide Szenarien gemeinsam haben: beide funktionieren bei HWRMW gleichermaßen gut. Der Duft ist Waldarbeiter und Baumarktangestellter zugleich. Grundsolide, geraderaus, ungekünstelt, bodenständig. Er macht einem nichts vor, ist kein Feingeist, sondern ein Praktiker (keine Werbung! Sind die nicht eh pleite?) Bemängeln könnte man, dass der Duft recht einseitig, ja fast schon monothematisch daherkommt. Er entwickelt sich von der Kopfnote recht schnell in Richtung Herz und Basis, die aus einem leicht hölzernen Vetiver besteht. Mir als Vetiverfreund sagt das ungemein zu. Bereits gezogene Vergleiche diverser Vorschreiber mit Encre Noire sind berechtigt. Das Süßgras ist in HWRMW aber weniger scharfkantig, heller und freundlicher als in EN. HWRMW möchte Dein Kumpel werden, mit dem man nachts am Lagerfeuer sitzt und Bohnen löffelt. Oder mit dem man die Schicht am Holzzuschnitt durchackert. Beide haben reelle Chancen bei mir ;-)

Preis/Leistungsverhältnis ist ordentlich, Haltbarkeit und Sillage gewinnen keine Preise, liegen aber im guten Mittelfeld.
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