Floyd
09.05.2020 - 10:42 Uhr
28
Top Rezension
7
Flakon
5
Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft

Chaparral

Chaparral sah aus wie Niemand, der belesene Begleiter William Blakes, der ihn aus der Geisterwelt gezogen und durch die Wildnis in den Tod geführt hatte, zur knarrenden Gitarre Neil Youngs, weit weg in der Wüste. Chaparral war ein Wissender, ein mächtiger Medizinmann, ein schmunzelnder Shamane, der nicht mal mehr versuchte, dem Weißen Mann die Welt zu erklären, er würde sie ja doch nicht verstehen. Ich lag auf seinem Schoß, nicht mehr wissend, wie ich dort hingelangt war, glotzte ich gelähmt in die konzentrischen Kreise der Sonne, bis sein Lächeln das Licht verdeckte.
Du musst still sein um die Stimmen der Heilung zu hören, weißer Mann! Ich beginne jetzt mit der Reinigung! knarzte Chaparral und wedelte würzigen Wüstenbeifuß über meinen Körper, kam zischend zarter Zitrushauch, kräftig krautig salbeiartig schleichend über mich.
Dösend dämmerte ich dahin, sah mich in subtilen Blüten, weich umweht vom Geruch der Gräser, die sicher nur selten hier wuchsen. Chaparral hatte aufgehört zu reden, sprach aber stetig weiter zu mir von den Kräften des Kreosotbusches, von der uralten Tradition seiner Ahnen, von der Kräuterteewirkung des Gobernadora, von Sonnenschutz und Blutvergiftung, als ich die Schlange schlafend im Schatten des Schamanen sah. Man könne im Kreosot den Regen riechen, wie er Gräser erweckt zu grünem Leben. Ich glaubte auch Teer zu riechen, behielt das jedoch für mich, wollte ich doch nicht zivilisationskrank erscheinen. Dann lachte Chaparral und sprach vom Salz, das man ebenfalls überall wahrnahm, von den Seen, die zur Sonne gegangen, als der Regen dann nicht mehr kam.
Manchem süße Wonne lacht, zitierte der Medizinmann, als ich nach Stunden einen Anflug von mildem Moschus wahrnahm, Nuancen trockener Hölzer sowie ein seifiges Gemisch aus Gräsern und Erde. Für Dich wird es wieder regnen, wachsen wirst Du, weißer Mann! brummelte Chaparral subtil schmunzelnd. Manchem süße Wonne lacht, manchen winkt die ewige Nacht.
***
"Durango" spricht leise von den Pflanzen und Düften des nordamerikanischen Südwestens, von den für die Indianer so wichtigen Heilpflanzen, insbesondere dem Kreosotbusch, dem Chaparral, dessen naturheilkundliche Wirkungen scheinbar endlos sind, dessen grün-rauchiger Duft, resultierend aus dem schützenden Harz, welches nach ätherischem Teeröl riecht und Fressfeinde fern hält, mit dem Dunst nach dem Regen in der Wüste assoziiert wird. Alle weiteren Zutaten scheinen diesen Duft nur zu unterstützen, beziehungsweise ihm eine Entwicklung von frisch zu erdig-seifig zu verleihen. "Durango" projiziert bei mir leider nur wenige Stunden lang hautnah, ist jedoch ein wundervoller und ungewöhnlicher grün-rauchig-erdiger Duft.

(Mit Dank an Gschpusi)
27 Antworten