Wild Fern (Cologne) von Geo. F. Trumper

Wild Fern 1877 Cologne

NotAmused
23.10.2018 - 06:49 Uhr
13
Top Rezension
9Duft 5Haltbarkeit 5Sillage

Des Rätsels Lösung

1877 - In Hamburg gründen Hermann Blohm und Ernst Voss eine Schiffswerft auf der Elbinsel Kuhwärder (heute Kuhwerder) mit zunächst eher *räusper* zurückhaltender Auslastung. Asaph Hall entdeckt die Marsmonde Phobos und Deimos, Tschaikowskis Ballett Schwanensee wird im Bolschoi-Theater uraufgeführt, und in der Hauptstadt des Vereinigten Königreichs unter Königin Victoria bringt Trumpers Barbershop zwei neue Colognes hervor. Marlborough und Wild Fern. Letzterem gilt dieser Artikel.
Natürlich habe ich im Zusammenhang mit dem Test dieses Klassikers die Probe aufs Exempel statuiert. Raus in den Garten, hinten am Wasser unter den großen Erlen und Birken, da wächst er: Wilder Farn. Der hat eine ganz besondere Eigenschaft, die wohl auch der Grund ist, warum er nie in Parfums vorkommt, selbst wenn sie irgendwas mit „Farn“ heißen. Er duftet nicht. Wenn man ihn zwischen den Händen zerreibt, riecht er etwas nach geschnittenem Gras. Aber selbst das nur kurz und schwach. Als ich nun da hockte, bei meinem Farn, am Bach, unter den Bäumen, und mich ein leichter Ärger überkam, kroch mir des Rätsels Lösung plötzlich in die Nase. Wild Fern riecht nicht nach Farn, sondern nach dem Ort, an dem er wächst. Nach Kräutern, dargestellt durch den eindeutig heraustretenden Rosmarin und Lavendel der Kopfnote, die mit etwas Schärfe beginnt, aber sehr schnell rund und angenehm wird. Die Kühle des Schattens unter den großen Bäumen wird durch die dezenten floralen Noten gegeben, die rissige Borke eindeutig durch das Baummoos und die Erde wird vom Patchouli repräsentiert.
Das zusammen ergibt ein wundervoll gezeichnetes Bild von einem schattigen Plätzchen am Waldrand, das entsprechend der üblichen Dauer des dortigen Verweilens viel zu schnell vorbeizieht.
Aber glücklicherweise kann man dieses Cologne im Gegensatz zur Rast im Grünen ja einfach durch nachlegen verlängern.
4 Antworten
FittleworthFittleworth vor 5 Jahren
Sehr guter Duft, sehr guter Kommentar!
YataganYatagan vor 7 Jahren
Ach so: Darum auch der Name: Wild Fern, denn Fougère heißt auf englisch ja Farn und dessen Konzept wird mit der Lavendel-Coumarin-Moos-Note als Idee eingefangen. Insofern triffst Du es mit dem Hinweis auf den Ort des Wachstums gut: Fougère soll wohl eher ein Gefühl von Waldspaziergang zwischen Farnen herstellen.
YataganYatagan vor 7 Jahren
Supertoller Fougère-Duft. Schön, dass er dir auch so gut gefällt. Das Fougère-Konzept in dieser radikalen Form hat heute nicht mehr so viele Liebhaber/innen (früher trugen das auch Frauen).
KellnerKellner vor 7 Jahren
Oft fragt man sich, was Hersteller sich denken bei der Namensgebung. Schön, wenn es so gut passt wie hier. Den schönen, anschaulichen Kommentar habe ich gerne gelesen. Dafür gibt es einen wilden Waldpokal.