Shalimar 1925 Extrait

PinkOrchid
02.09.2023 - 06:04 Uhr
14
Sehr hilfreiche Rezension
9
Preis
10
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
10
Duft

Les Années folles

Die Roaring Twenties, Les Années folles … eine aufregende Zeit.
Der erste Weltkrieg ist vorbei. Wirtschaftsaufschwung. Kinos, Cafés, Theater, Varietés und Tanzpaläste eröffnen allüberall. Jazz und Swing erobern die Musikwelt, man tanzt Charleston und Shimmy. Das Nachtleben in den Großstädten ist ausgelassen, fröhlich und freizügig, Der Art Déco-Stil erlebt seine Blütezeit.

Frauen emanzipieren sich, man darf wählen und geht arbeiten, fährt Auto, raucht und trinkt Hochprozentiges. Die Flapper erobern die Welt, mit Bubikopf, kniefreien Röcken und langen Perlenketten.
Josephine Baker tritt im Théâtre des Champs Elysées auf, und die Comedian Harmonists besingen ihren kleinen grünen Kaktus.
Man will die Schrecken des Krieges vergessen und sich amüsieren.
Paris … in den Zwanziger Jahren DIE Metropole für Künstler aller Art - Maler, Schriftsteller, Dichter, Bildhauer, Fotografen.

In dieser spektakulären Zeit lebt auch Jacques Guerlain, ein genialer Künstler, der - in dritter Generation und ganz in der Tradition seiner Familie - einzigartige Düfte kreiert. Düfte, die die Welt erobern. Mouchoir de Monsieur, Après L’Ondée, L’Heure Bleue, Mitsouko, Vol de Nuit … nur einige seiner Werke.
Er lebt zurückgezogen in der Rue Murillo 22 in Paris, meidet die Öffentlichkeit und gibt keine Interviews.
Und schließlich, im Jahr 1925, präsentiert er auf der Exposition Internationale Des Arts Décoratifs Et Industriels Modernes in Paris seine neue Kreation. Es ist der Höhepunkt eines vierjährigen Schaffensprozesses.

Shalimar … die reinste aller menschlichen Freuden.
Der Tempel der Liebe.
Inspiriert von der Liebe des Großmoguls Shah Jahan zu seiner Gemahlin Mumtaz Mahal und den Shalimar-Gärten in Agra.

Der Flakon aus edlem Baccarat-Kristallglas wird von Raymond Guerlain, einem Cousin von Monsieur Jacques, entworfen. Seine geschwungenen Linien erinnern an die Fontänen des Gartens Shalimar. Er ist der erste Flakon mit einem Sockel und hat die Form der typischen Brunnen in den Gärten des Mogulreichs.
Der blaue, fächerförmige Glasstöpsel versinnbildlicht die Pracht und Eleganz des fernen Ostens.
Dieser blaue Verschluss war der erste aus farbigem Kristall. Gerüchten zufolge war er ursprünglich hohl und wurde mit Quecksilber befüllt, wodurch die blaue Farbe erzeugt wurde. Bald jedoch entdeckte Baccarat eine streng gehütete Methode, mit der sich der Verschluss ohne Hohlraum blau einfärben ließ.

~*~*~*~

Vor vielen Jahren, als ich zwar schon duftbegeistert, aber auch noch sehr jung war, hatte ich schon mal eine Begegnung mit Shalimar Es muß das Eau de Toilette und es muß Ende der 70er oder Anfang der 80er gewesen sein.
Damals fanden wir keinen Draht zueinander. Ich fand den Duft einfach schrecklich … altbacken und antiquiert, dabei schrill und aufdringlich, ein Anachronismus.
Lange Zeit später, vor einigen Jahren, unternahm ich einen zweiten Versuch - diesmal mit dem Eau de Parfum. Es war toll, ein Erlebnis. Aber noch nicht das richtig Wahre.
Dann fand auf wunderbare Weise das Extrait zu mir. Und ich war überwältigt. Das war es. Das einzig Wahre. Die Königin. Mehr ging nicht.

Es ist vermutlich schon alles über Shalimar geschrieben worden, so muß ich den Duft sicher nicht mehr „auseinandernehmen“, darum …

… Shalimar ist eine „Orientalin“. Sie ist so sinnlich, so weich, so fein pudrig, so unendlich tief. Üppig, berauschend und exotisch, eine meisterhafte Verführerin, eine bernsteinfarbene Exotin, eine bezaubernde, kostbare Blume.
Für mich ist sie eine warme, köstliche Umarmung. Heimat, Liebe, Geborgenheit.
Wenn ich nur noch einen einzigen Duft behalten dürfte, dies wäre er. Ohne sie zu sein, kann ich mir nicht vorstellen.
Eine wahre Grande Dame, die in all den Jahrzehnten nichts von ihrer Klasse, ihrer Persönlichkeit und Schönheit verloren hat

Ich bin geizig mit meinem Schatz. Der Duft ist fast 40 Jahre alt und mir sehr kostbar. Ich tupfe und genieße ihn meist nur für mich, und ich habe jedes Mal Todesangst, daß der Flakon mir aus der Hand rutscht und in 1000 Scherben zerschellt.

Wer es noch nicht kennt - schaut euch gern "Die Legende von Shalimar" an, veröffentlicht von Maison Guerlain im Jahr 2013. Ist wirklich schön.

https://www.youtube.com/watch?v=rObi4f87fn8
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