Essential 2022

Möhrvieh
25.04.2024 - 14:54 Uhr
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Das tapfere Schneiderlein

Man kennt es, man schlendert durch die Drogerie des Vertrauens - diesmal jene mit den zwei Buchstaben – bis in das hinterste Eck zum Parfumregal. Und da stehen sie, drei Flakons, prominent im Neuerscheinungs-Kästchen, als würden sie nur darauf warten, rezensiert zu werden. Und weil es noch nicht so viele Rezensionen auf Parfumo gibt und auf Youtube bislang nur spanische sowie russische Reviews zu finden sind, werde ich mal zum Anfang den Essential unter die Lupe nehmen. Denn wer weiß, wie lange die Hacketts noch im Regal stehen dürfen.

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Wer euch hier umgarnen möchte:
Zugegeben, die britische Modemarke Hackett London sagte mir bis dato noch nichts. Das liegt wohl daran, dass ich aus dem ländlichen Raum abstamme, wo man die Haute Couture des Designers Engelbert Strauss trägt. Aber zurück zu Hackett. Gegründet Anfang der 1980er Jahre, später übernommen vom Konzern Richemont, weiterverkauft an Pepe Jeans und eingliedert seit 2020 an die All We Wear Group mit Sitz in Madrid.

Produziert werden die Hackett-Parfums von Tailored Perfumes, was zwar wie eine englische Parfummanufaktur klingt, jedoch ein spanischer Konzern ist. Ein Auftragshersteller für andere Marken u.a. Rebook und auch für Pepe Jeans, mit Firmensitz in Madrid, Zufälle gibt’s. Als Parfumeur wird Tim Gage angegeben, aber laut anderen Seiten war auch ein Herr Christian Provenzano involviert.

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Kleider machen Flakons:
Was zunächst auffällt, ist die runde Form des Flakons. Auch wenn das Design für manche langweilig wirken könnte, hat es doch einen kleinen Hintergrund aus der Schneiderei. Laut Homepage ist die Sprühkappe einer traditionellen antiken Bobinenspule nachempfunden worden - soll noch jemand behaupten, bei Parfumo gibt es nichts zu lernen. Was mich aber mehr erfreut ist der Magnetverschluss, so ein kleines Detail ist eher selten in diesem Preissegment zu finden.

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Aus dem Nähkästchen:
Die Kopfnoten erscheinen plausibel, das Ganze startet anfangs würzig/pfeffrig. Auch die Ananas-Note kann man nicht abstreiten, diese sticht im Verlauf heraus und sorgt für Fruchtigkeit und Süße. Sobald diese verflogen ist, kommt eine Art Aftershave-Anlehnung. Später entwickelt sich der Duft in eine Richtung, die ich gerne mit „herb“ bezeichne. In wie weit das jetzt mit den Basisnoten Amber-Tonkabohne-Patchouli zu tun hat, kann ich leider nicht beantworten. Vielleicht hat es mit dem hier nicht angeführten Eichenmoos in den Duftnoten zu tun, welches jedoch bei den Inhaltsstoffen auf der Verpackung zu finden ist. Den wirklich Neugierigen fallen noch zwei Farbstoffe auf der Liste auf. Warum diese unbedingt rein mussten bleibt mir ein Rätsel, zumal der Flakon nicht durchsichtig, sondern blau getönt ist.

Apropos blau... nun könnte man vermuten, dass es sich hier aufgrund der Flakonfarbe um einen Aquaten, einen leichten Sommerfreshie oder Duschgelduft handelt. Aber da lasst euch mal keinen Bären aufbinden. Der Duft ist vielleicht für jene interessant, die mit dem Dior Sauvage „damals“ (also 2015 bei der Markteinführung) groß geworden sind und nun lieber eine erwachsene Fougere-Version davon hätten.
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Das Ende des roten Fadens:
Kann man es riskieren, 40 Euro für die 50 ml auszugeben? Ja, warum auch nicht? Aktuell sind ja die Lager in der Drogerie noch gut gefüllt. Ich fürchte aber, dass der Essential mit seinen zwei Kumpanen Absolute und Bespoke in ein bis zwei Jahren still und heimlich aus den Regalen verschwinden werden. Zumindest werden in österreichischen Filialen manche Parfums in diesem Preissegment ab einer gewissen Zeit nicht mehr nachgeliefert. Was irgendwie schade wäre. Denn gleichzeitig bleiben bekanntere Marken mit mehr oder weniger guten Ablegern weiterhin im Regal stehen. Aber das ist eine andere Geschichte.
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