Cardinal 2006

MisterE
12.05.2014 - 10:40 Uhr
5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft

Cardinal

Weihrauch.

Uralte Ingredienz in der Parfümkunst. Uralter Geruchsstoff.
In früheren Zeiten mehr denn je eine Kostbarkeit, ein gehüteter Schatz.

Fesselnd, faszinierend. Facettenreich.

In vielen Parfüms ist er Bestandteil. Dabei ist er meist verwobenes Bindeglied zwischen den anderen Duftstoffen.

Einzeln, isoliert ist er ein Duft der polarisiert. Ein Duft der Spannung schafft.

Mit Entwicklung meines Duftempfindens, gefallen mir mehr und mehr Düfte, in denen Weihrauch derart im Mittelpunkt steht. Düfte die um den Weihrauch aufgebaut sind, wie Avignon von CdG, Full Incense von Montale und eben Cardinal.

Frühkindliche Traumata durch exzessive Berührungen mit Weihrauch blieben mir, aufgrund meiner Konfession, erspart. Ich konnte mich also weitestgehend unbelastet dem Thema Weihrauch stellen.

Cardinal zieht alle Register, die einen Weihrauchduft ausmachen. Eine sakral, würzig milde Rauchigkeit, die dem Nutzer einen Kokon einer fast meditativen Gelassenheit generiert.

Hier wurde der Name zum Programm bezeichnend gewählt.

Aber halt; ich bin zu weit. Erstmal einen Schritt zurück. Wir schließen die Augen und atmen erstmal tief durch.

Stille, Spannung. Warmes Licht, aber keinesfalls große Helligkeit, eine leichte Kühle. Eine künstlich geschaffene Distanz.

Der Cardinal betritt die Bühne. Präsenz füllt den Raum.

Aufgesprüht empfängt uns eine Breitseite Weihrauch.

Die Kopfnote hat für meine Nase etwas leicht Mineralisches.

Die stattgehabten Vergleiche mit großen Gotteshäusern kann ich bestätigen. Sei es nun ein Gotteshaus in Freiburg oder eben auch der Kaiserdom zu Speyer. Ich kenne beide Kirchen. Beim Betreten dieser Häuser macht sich ein leicht „steiniger, mineralischer Geruch“ breit. Altes, tausend Jahre altes Gestein.

Hier verschmelzen scheinbar der Pfeffer und das Leinen derart, dass dieser mineralische Eindruck entsteht. Einen authentischeren Kopf könnte ich mir kaum vorstellen.

Wie entwickelt sich Cardinal?

Der Weihrauch und die Myrrhe fallen, nachdem sich das Mineralische gelegt hat, (bei mir nach der Messe von ca. 90 Minuten) in ein warmes, weiches Patchouli und Ambra Bett. Der Cardinal schmilzt, wird rund, zugänglich. Der Weihrauch schwindet; aber nie ganz….

Seine Haltbarkeit ist sehr ordentlich. Bei mir bleiben hier keine Wünsche offen.

Die Trägerin oder der Träger haben hoffentlich in ihrem Kokon, diesen oben beschriebenen Zustand der meditativen Gelassenheit halten und festigen können.

Cardinal kann ich sehr gut direkt mit Avignon von CdG vergleichen.

Avignon ist ein Tick rauer, ungeschliffener intensiver. Avignon kommt eine Spur provokativer und plakativer. Avignon erreicht nie diese Weichheit, Sanftmütigkeit eines Cardinal(s), des Cardinal(s). Sehr schön sind sie beide.

Welchem von den Beiden ich den Vorzug gebe, kann ich nicht sagen. Beide haben ihren Reiz. Leider haben beide auch gemeinsam einen frappierenden Nachteil; ihre etwas begrenzten Einsatzmöglichkeiten.
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