1889 - Moulin Rouge 2010

Kokoloressa
25.04.2017 - 09:40 Uhr
19
Top Rezension
8
Sillage
9
Duft

Lady Marmalade

...oder: Einmal Sex zum Aufsprühen bitte.

Manchmal ist zu einem Duft eigentlich schon alles gesagt worden. Aber dann ruft er doch so viele Bilder im Kopf hervor, dass man selbst ihm auch noch einen Kommentar widmen möchte. Dies ist bei Moulin Rouge und mir der Fall - und das, obwohl er gar nicht zu mir passt. Aber lest selbst.

Angefixt wurde ich (mal wieder) von Ergreifends Kommentar. Puder, Alkohol und Sex - das klang ganz nach einem Duft, den ich zumindest mal probieren wollte und so kam durch ein Sharing eine Abfüllung von Moulin Rouge zu mir, die natürlich direkt ausprobiert werden musste.

Der Duft startet bei mir stark alkoholisch. Ich fühle mich eher an Rumpunsch, als an Absinth erinnert. Dafür sind wohl Zimt und Pflaumen verantwortlich. Dabei habe ich nicht den Eindruck, dass ich direkt an besagtem Getränk schnuppere, sondern eher, dass mir der Atem einer Person, die ebendieses soeben getrunken hat, in die Nase steigt. Nicht vollkommen unangenehm, aber trotzdem trete ich gedanklich erst einmal einen Schritt zurück. Die Alkoholfahne verzieht sich mit der Zeit - zurück bleibt aber noch lange dieses Aroma, welches einen parfümierten und eingepuderten Körper einer Femme Fatale umschmeichelt.

Ihr Abend-Make-Up ist schon ein wenig verwischt, unter dem Mantel mit Pelzkragen trägt sie nichts. Ein Hauch von frischem Schweiß ist zu erahnen - es war ein langer Abend. Die Handtasche aus feinem Leder hat sie achtlos beiseite geworfen, sich mit überschlagenen Beinen auf das Bett gesetzt und blickt herausfordernd empor.

Eine Assoziation zu Wachs stellt sich bei mir nicht ein, aber Blümchensex hat diese Frau ganz bestimmt nicht. Sie hat sich ausprobiert, weiß, was sie will und wie sie es bekommt. Sie schert sich nicht mehr darum, was andere über sie sagen. Belanglosigkeiten interessieren nicht mehr, sie lebt nur einmal und das möchte sie voll und ganz auskosten.

Der Name "Moulin Rouge" ist wirklich gut gewählt. Der Duft wirkt unglaublich verrucht auf mich, verführerisch, erotisch - und zwar auf eine sehr erwachsene, ja reife, und irgendwie anachronistische Art und Weise. Dies ist garantiert kein Büro-Duft und auch nichts für den Abend auf der Couch. Dieser Duft braucht schon ein passendes Ambiente. Selbst für avantgardistisches Theater oder einen Besuch der Oper wäre er nichts für mich. Ein Varieté wie die berühmte rote Mühle wäre genau der richtige Ort. Um ihn woanders zu tragen, braucht es eine gewisse Ausstrahlung und das Wissen um die eigene erotische Wirkung.

Und da liegt für mich auch ein wenig der Haken: Ich, mit meinen derzeit 25 Jahren, fühle mich schlicht und ergreifend zu jung für diesen wunderbaren Duft. Er würde an mir wirken, wie ein Kostüm. Ein teures Lieblings-Kostüm, aber eben trotzdem sofort als solches zu entlarven, da ich nicht glaubhaft die Botschaft vermitteln könnte, die dieser Duft in die Welt hinausruft.
Für's Erste werde ich ihn also wieder ziehen lassen - aber Moulin Rouge ist ganz gewiss ein weiterer Kandidat auf der Liste "Den teste ich in ein paar Jahren noch mal".
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