Hedonist

Paragon 2022

Jubel
13.01.2023 - 12:23 Uhr
27
Top Rezension
9
Preis
9
Flakon
4
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft

Mona Lisas Lächeln: O Paragon

Paragon zählt zu den traumhaften Hedonist-Düften von Initio. Es gefällt mir sehr, dass dieser keine Ausnahme macht, er nah an den beiden anderen Hedonisten der Serie – Musk Therapy und Rehab – ist; näher noch an Letzterem.

Alle drei Düfte zeichnet Reinheit und Strahlkraft aus, die durch die weißen Flakons der Marke durchaus passend widergespiegelt werden. Paragon, habe ich gelesen, sei anders als die anderen beiden, da ihm der Moschus fehle. Ich kann das nicht bestätigen. Zwar fehlt der Duftstoff, der ursprünglich vom Moschushirsch stammt, tatsächlich in den Haupt-(!)Noten, die Initioparfums auf der Webseite angibt. In der Kreation selbst scheint er mir aber vorhanden. Oder nicht?

Ich denke, man kann den Lavendel-Moschus-Akkord von Rehab in Paragon deutlich wiedererkennen. Eine Stärke der Initio-Düfte, insbesondere der Hedonisten, ist ihr Sfumato: eine gewisse, verschwommene Vermischung der einzelnen Duftelemente, die meines Erachtens so nur bei wirklich sehr guten Düften vorzufinden ist und die - Vorsicht: süchtig macht! So ist in Paragon z.B. die (in der Parfümerie fast unverzichtbar scheinende) Bergamotte zwar enthalten und auch erkennbar, aber nicht als solche, nicht platt: Sie liegt nicht obenauf oder schreitet dem Duft voran, sondern ist subtil und untrennbar in die Textur des gesamten Duftes verwoben, verleiht ihm eine zitrische Frische, ohne hervorzutreten oder Paragon zu einem frischen Duft zu machen. Ebenso verhält es sich mit der zweiten Frucht im Paragon-Duft-Akkord, der Pflaume. Als solche ist sie nur für einige Minuten in der Kopfnote auszumachen. Allerdings verschwindet sie anschließend nicht einfach, sondern ist im Verlauf des Gesamtkorpus durchaus noch wahrnehmbar, allerdings ohne eigene Kontur, lediglich als unscharf abgrenzbarer Bestandteil der Gesamtkomposition, zu der sie eine herrliche, fruchtige Süße beiträgt.

Das Palo Santo empfinde ich oft als säuerlich-süßen Duft. Dann sagt es mir gar nicht zu. In Paragon ist das ‚heilige Holz‘ allerdings ganz weich und völlig säurefrei. Es bietet eine cremige Basis, auf der die eigentlichen Protagonisten blühen und strahlen und tritt dabei selbst ganz in den Hintergrund. Letztere, Lavendel und Salbei, spielen in Paragon dann auch am deutlichsten die Hauptrollen, dennoch würde ich den neusten Hedonisten weder als "Lavendel-" noch als "Salbeiduft" bezeichnen. Vielmehr sind auch diese beiden Noten miteinander (und darüber hinaus mit allen anderen Noten in Paragon) eng verwoben, wie es für meisterliche Parfümerie meines Erachtens charakteristisch ist. Die silbrig-violette Blütensüße des Lavendels und die hauchzarte Bitternote des Salbei ergeben einen ganz wunderbaren Akkord, der an Rehab erinnert, diesen Duft aber erweitert, fortschreibt und sogar verbessert, in dem er ihm neue Nuancen und damit eine Spur mehr Komplexität verleiht.

Ich vermute, dass, wie bei Musk Therapy und Rehab , auch in Paragon, Moschus für die verklärende, süßlich-vernebelnde Gesamtstimmung mitverantwortlich ist. Im späteren Verlauf ist es aber auch denkbar, dass dies dem Silberschleier des Lavendels allein gelingt. – Und Oud? Vom Einsatz dieses Duftstoffes in Paragon bin ich besonders beeindruckt. Während man Oud in erster Linie als Haupt-Player kennt, mehr oder minder brachial, oder als Ersatzstoff, der keine Ähnlichkeit mit irgendeiner bekannten Sorte des natürlichen Ouds hat, ist hier (ob natürlich oder rekonstruiert) ein geradezu Belletrudsches, sanft-zartes, dunkel-geheimnisvolles Oud als sehr subtiler Hintergrund gesetzt. Abgesehen von einem ganz knappen Aufblitzen in der Kopfnote, ist es im Verlauf, als Kontrapunkt der gesamten, fluffig-weichen, hell-strahlenden Komposition, nur mehr zu erahnen. Gerade so stark, dass der Vordergrund nicht überzuckert, überbeleuchtet und langweilig erscheint: In der Szenerie ahnt man so lediglich ein dunkles Fundament, einen Farbgrund, vor dessen unsichtbarer Kulisse der strahlende Dufthorizont der neusten Initio-Kreation aufgespannt ist. Klasse!

Insgesamt scheint mir Initio mit dieser Reihe ein in der gesamten Parfümerie durchaus als Seltenheit zu bezeichnendes Tryptichion gelungen. Diese drei Düfte gehören zusammen, komplementieren sich, scheinen vom selben Pinselstrich erdacht. Dabei ist Paragon so vollständig, fertig und vollkommen, dass mit ihm vielleicht ein Endpunkt erreicht ist, der nicht zu übertreffen ist. Für mich das Centerpiece!

O Paragon: Mona Lisa lächelt.
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