Bronze Wood & Leather 2018

Diordorant
30.05.2022 - 21:37 Uhr
3
8.5
Duft

Black Ink & Leather

Das hier ist die echte schwarze Tinte, ihm würde der Name "Encre Noire" besser stehen, als eben jenem. Sogar das Flakon (in der 50ml-Variante) bildet ebenfalls ein Tintenfaß ab (https://fraguru.com/photogram/rj/95/7Qp2tJzF5KCkCwQ0.jpg).

Zuerst ist da die sehr wohl merklich süße Grapefruit, die ohnehin schon bitter daherkommend hier noch von Wacholder in dieser Bitterkeit intensiviert wird. Dieses zusammen mit den sofort auch auffallenden intensiveren dunkleren Noten (allen voran Vetiver) kreiert einen Auftakt flüßiger, wässriger Tinte, tiefschwarz und vereinnahmend. Es ist nicht fruchtig oder zitrisch, es ist wirklich so als würde sich der Charakteristika der Grapefruit hier nur bedient, um einen Akkord flüssig-frischer Tinte herzustellen - und das gelingt.

Dieser Auftakt hält nur wenige Minuten (~5, wenn überhaupt), er trocknet so schnell wie auch Tinte auf Papier. Nun kommen stärker zur Geltung die würzigen Eigenschaften der Wacholder, und das Vetiver imponiert markant erdig und rauchig. Für die rund 15 nächsten Minuten ist es diese intensive und imposante bitter-würzige Vetivermischung, die ich mir wähne als das Geruchsereignis der Reaktion von einem alten, ja antiken Stück Papier darauf, dass mit dieser dichten, schwarzen, flüssigen Tinte auf ihm geschrieben wird. Wir tragen unsern Namen auf einer ägyptischen Papyrusrolle ein, zum Eintritt in eine Grabkammer. Das Gästebuch des Osiris.

Von dort an wird der Duft zunehmend trockener, das Rauchige nimmt sich zurück, kommt nun eher staubig rüber, das Erdige wird mineralischer, man könnte Blei postulieren. Letzteres verstärkt aber wiederum nur, dass es nach wie vor distinktiv nach Tinte riecht. Es treten ganz leicht holzige Noten auf, die den Duft weicher machen, stärker hingegen macht sich nun Leder bemerkbar. Schreibwerk und Schriftrolle werden wohl wieder in ihre ledernen Schatullen verwahrt.

Als sonderlich mythisch oder mystisch würde ich den Duft entgegen der Ägypten-Bildsprache aber nicht beschreiben; er ist markant und interessant, fernab von generisch, da ist schon etwas Mysteriöses, aber er ist wirklich so gut identifizierbar als Tinte, dass er mich nicht fortan in Bann hält. Das heißt nicht, dass ich ihn darum weniger gern mag: Ich liebe dieses Antike, Staubige, Erdige, die Schönheit des Muffigen, das sind generell einige meiner Lieblingsnoten, und ich finde zudem, dass das Konzept "Tinte" hier grandios umgesetzt wurde - so grandios in der Tat, dass ich es wirklich verblüffend finde, dass es hier augenscheinlich ja gar nicht Konzept war. Naja, egal, für mich ist das Black Ink & Leather, oder gleich Encre Noire.

Als persönlichen Einwurf möchte ich noch erwähnen, dass mich dieser Duft an einen meiner Onkel erinnert. Eine sanftmütige, angenehme und natürlich-gepflegte Person. Das hilft natürlich, den Duft noch mehr lieb zu haben.

Über die Ausdauer und Projektion des Parfums kann ich noch nicht allzu viel sagen, denn ich besitze nur eine Probe. Ich kann aber definitiv sagen, dass man sich hier vom "Cologne" nicht abschrecken lassen sollte: die Leistung wirkt sowohl in Sachen Haltbarkeit als auch Sillage durchaus solide, sollte etlichen Eau de Toilettes in nichts nachstehen. Vielleicht werde ich irgendwann in den Besitz einer Flasche diesen Dufts kommen, und dann Genaueres hierzu zu berichten haben.
2 Antworten