Baccarat Rouge 540

Baccarat Rouge 540 2016 Eau de Parfum

Borzoi71
29.09.2022 - 08:16 Uhr
19
Sehr hilfreiche Rezension
9
Flakon
10
Haltbarkeit
1
Duft

Aktenzeichen BR540 Ungelöst

Selten in meinem Leben habe ich mir solche Mühe gegeben, etwas zu verstehen und zu mögen - aber Baccarat Rouge bleibt mir ein Rätsel.

Mein erster Test erfolgte ein bißchen zwischen Tür und Angel im Duty Free; ich hatte gerade meine ersten Schritte in die Welt der Nischendüfte getan und wurde auf allen Kanälen mit BR beschallt: das beste Parfum aller Zeiten, eine Offenbarung, eine überirdische Kreation, bei der die Götter ihre Hand im Spiel hatten. Umso erfreuter war ich, das himmlische Elixir am Flughafen vorzufinden. Erwartungsfroh besprühte ich einen Teststreifen, wedelte ihn mit großer Geste vor meiner Nase auf und ab und … nichts. Ich hielt den Streifen dichter an die Nase. Immer noch nichts. Ich hielt den Streifen AN die Nase. Wieder nichts. Ich schüttelte den Kopf und machte mich auf den Weg zum Gate. Es war sehr früh am Morgen und meine Nase wohl noch nicht in Topform, also würde ich das Ganze vertagen.

Zwei Wochen später bestellte ich eine Reihe von Abfüllungen und beschloß, BR noch eine Chance zu geben, zumal er in so ziemlich jeder Nischen-Topliste ganz vorne stand. Quasi der FC Bayern der Düfte. Da mußte doch was dran sein! Die Abfüllungen trafen ein, und wohlweislich testete ich BR zuallererst, sozusagen mit jungfräulicher Nase. Diesmal erhaschte ich beim Aufsprühen einen Hauch von irgendetwas. Sekunden später hielt ich mir den Streifen vor die Nase – und wieder passierte nichts. Also auf die Haut gesprüht. Nichts. Weder nach 5 Minuten noch nach einer Stunde. Nun wurde ich doch stutzig. Eine kurze Google-Recherche ergab, daß es wohl tatsächlich Menschen gibt, die BR nicht oder nur ganz minimal riechen können. Tja, dann gehörte ich wohl dazu. Pech gehabt. Ich legte die Abfüllung beiseite und dachte nicht weiter darüber nach.

Ein halbes Jahr später, genauer gesagt, vor drei Wochen, hatte ich den Tester wieder in der Hand. Da sich mein Geruchsempfinden seit meinem Einstieg in die Duftwelt sehr verändert hat, hoffte ich, nun eventuell doch noch hinter das Geheimnis des Erfolges von BR zu kommen und mich Hals über Kopf zu verlieben. Also testete ich erneut. Und siehe da – plötzlich war da etwas. Etwas Seltsames ... und zwar nicht zu knapp: eine geballte Ladung Heftpflaster. Ich roch nichts Süßes, nichts Elegantes, nichts Faszinierendes; nur schieres Hansaplast, vielleicht noch mit einer Beimischung von einem Prozent Pattex. Je mehr Zeit verging, desto penetranter schien der Geruch zu werden – bis ich mich schließlich gezwungen sah, das Zeug runterzuwaschen. Oder auch nicht. Denn wenn ich ansonsten nichts Positives an diesem Duft finden kann, eines muß man ihm wirklich zugestehen: Der überlebt auch einen Atomkrieg.

Es fasziniert mich, wie unterschiedlich die Duftwahrnehmung von einer Person zur anderen ausfällt. Ich wünschte wirklich, ich könnte das Phänomen BR begreifen, doch das wird mir wohl leider verwehrt bleiben (dafür habe ich aber mit "gentle Fluidity (Gold) | Maison Francis Kurkdjian" eine andere Liebe im Hause MFK gefunden).
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