Noix de Tubéreuse 2003

Minou
30.11.2018 - 15:02 Uhr
13
Sehr hilfreiche Rezension
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft

Bienvenue chez l’amour fou

Es ist Spätsommer an der Küste im Norden Frankreichs. Am Strand liegen keine Gäste mehr, nur Schiffsleichen. Niemand lässt sich hier von der Nebensaison verführen.

ER steht auf dem Balkon der Ferienwohnung und wartet auf seine Liebe. Sie haben sich hier verabredet, in 400 km Entfernung, für ein langes Wochenende. Das Abendessen hat er schon vorbereitet. Der Weißwein, ein Franzose, kühlt noch. Er hat das Bett bezogen, aber er ist sich nicht sicher, ob sie wirklich kommen wird.

SIE sitzt im Wagen, es dämmert schon. Sie hat Angst, auszusteigen und die Wohnung zu suchen, denn sie ist sich nicht sicher, ob er da sein wird. Für alle Fälle muss sie den Duft nochmal nachlegen. Aus dem Handgepäck kramt sie „Noix de Tubéreuse“ aus dem britischen Hause Miller Harris. Je einen Spritzer auf’s Handgelenk. Das Dekolleté bekommt auch einen Sprühstoß ab. Der Duft sagt: Nur Mut. Geh zu ihm. Sie sind jetzt zur dritt. Zur Linken der jungen Frau steht das Mädchen, brav und verliebt, und zu ihrer Rechten die Dame, eine femme fatale, ein Luder. Eingehüllt in ihr Duftkleid tippt die Frau den Zugangscode der Apartmenttür ein.

Die beiden riechen sich – er trägt übrigens Ambre Sultan – und wissen schon, der Mut hat sich gelohnt. Sie sind sich einig: Das hier ist verrückt, und das Beste sowieso.

Noix de Tubéreuse ist eine Romanze, eine amour fou, eine Liason dangereuse – die dominierende Tuberose vereinigt sich mit den anderen Duftnoten der Pyramide zu einem großen Ganzen. Ich kann hier keine Einzelnoten herausfiltern. Als die duftende weiße Blume den Raum betritt, ist eigentlich schon alles klar. Das ist ein Duft, den man(n) mit ins Bett nimmt.

Die Liaison ist sehr haltbar und ein Duftverlauf für mich kaum wahrzunehmen. Einzig wird der Duft mit der Zeit wärmer und hautnäher. Die Tuberose will dann nur noch kuscheln, bevor sie sich leise verabschiedet. Was in Frankreich passiert, bleibt in Frankreich. Aber Miller Harris ist ja die Tochter einer Britin, die kommt mit nach Hause.
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