Gold Collection - Oroluna 2016

Nininja
06.01.2023 - 19:16 Uhr
3
7
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
6.5
Duft

Der kleine Laden am Ende der Gasse

Ich möchte wetten viele von euch kennen sie, diese vergessenen kleinen Läden, versteckt in halbschattigen, engen Gassen in den Altstädten Südeuropas. Jene unscheinbaren kleinen Platzhalter neben Kapellen, Kirchen oder am Ende einer Sackgasse, welche oft geflissentlich übersehen werden; kleine Sammelsurien voll von Antiquitäten, Kunst und oft auch recht zufällig zusammengestelltem Warenangebot. Aber manchmal, im Hochsommer, wenn die Sonne gleißend herabbrennt und jeglichen Schattenplatz vertreibt, die Luft in den Gassen steht, dann manchmal ist es egal, was dieser kleine Laden dort, dieses kleine Refugium eigentlich nebst Schatten noch anzubieten hat – ein Blick hinein wird schon nicht schaden.

Oft steigt man ein, zwei Stufen hinab, und bereits beim Öffnen der Tür schlägt einem der Geruch von altem Gemäuer entgegen, kalkig und ein bisschen muffig, aber wunderbar kühl im Vergleich zur vorherigen, staubtrockenen Hitze. Innen bilden prachtvolle Massivmöbel aus geschnitztem schwarzem Ebenholz und längst vergangenen Zeiten einen starken Kontrast zu den weiß gekalkten Wänden. Über einem durch schweren Brokatstoff verhängten Wanddurchbruch hängt ein Kruzifix, der schwache Geruch von Weihrauch hängt in der Luft, vermischt sich mit dem süßen Duft der alten Hölzer. Charmant findet man ihn, diesen kleinen Rückzugsort, ebenso charmant wie die Inhaber, die einen herzlich begrüßt haben und nun stolz beim herumstöbern beobachteten.

Nach einer Weile jedoch wird der kleine Laden bedrückend, das Sonnenlicht vor dem Fenster lockt wieder hinaus; die alten Mauern wirken nun modrig, und der einst zarte Weihrauch füllt jetzt sakralisch den ganzen Raum, vermischt sich beißend mit dem Jahrzehnte alten Rosenparfum der Ladeninhaberin, die einen mit Argusaugen beobachtet. Was wollte man eigentlich hier?, besinnt man sich, länger bleiben möchte man nicht, und tritt erleichtert hinaus in die sengende Hitze und wieder hinein in unsere Zeit.

Oroluna hat wie wenige Düfte zuvor direkt beim ersten Riecher diese starke Duftassoziation bei mir ausgelöst. Er startet als (durchaus traditioneller) blumig-sanfter Weihrauch-Duft mit einer tiefdunklen, wunderschönen Holznote, welche aber im weiteren Verlauf schnell von sehr viel Kardamom und nun dickem, blumig-schwülstigem Weihrauchnebel übertrumpft wird, und „in Muff verpufft“.

Für mich ein Duft, der nicht mehr in „meine Zeit“ passt, und vielleicht auch selbst nicht mehr weiß, was er eigentlich sein will.
0 Antworten