Paloma Picasso
Mon Parfum
1984 Eau de Parfum

Alexandrea
25.10.2020 - 09:27 Uhr
18
Hilfreiche Rezension
8
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
8.5
Duft

Das Tüpfelchen auf dem "J."

Was hab ich mir an diesem Parfüm die Zähne ausgebissen! Ich kenn es jetzt bald seit 30 Jahren, fand es immer faszinierend... Auch schon mit 17 - und dass, obwohl die Werbekampagne mich so gar nicht ansprach: die krass hart und akkurat geschminkte Frau mit Hut und Handschuhen sowie fettem Schmuck war mir unsympathisch: zwar sehr präsent, aber in der Wirkung äußerst distanziert und kalt.
Früher, also in der Steinzeit, kauften auch Teenager zwecks Stilentwicklung noch Zeitschriften. Der Einstieg begann mit Bravo Girl oder Mädchen, später dann Cosmopolitan oder Vogue. Letztere war schon eine Anschaffung, dafür gab es aber auch tolle Pröbchen :-)
Trotz meines schon früh vorhandenen Interesses an der Duftwelt, fiel Paloma Picasso als potentieller Testkandidat durchs Raster:
Diese angepinselte Frau fand ich so sexy wie Joan Collins in ihrer Rolle als Oberhexe im Denver Clan!
Nicht nur Null Identifikationspotential, sondern pure Ablehnung und Ignoranz bzgl. Der Pröbchen.... Bis..., ja bis ich eine Miniatur des Duftes mein Eigen nennen durfte und dann auch noch Kunst als Abifach gewählt hatte. An Picasso kommt man da nicht vorbei ;-) und guckt doch nochmal genauer hin.

Flakon (Miniatur!): ein schwarzer Ring eine Glaskugel einrahmend, fand ich schon mal innovativ und stylisch!
Inhalt: der erzeugte bei mir ambivalente Gefühlsregungen. Der herbe, moosige Auftakt zieht durch bis in die Stirnhöhlen: Oha, echt streng! Absolut nicht Mädchen (war ja klar), aber auch nicht weiblich oder feminin. Neeee, geht gar nicht! Doch nach einigen Minuten kam und kommt eine Duftkomposition zum Vorschein, die ich einfach nur spannend finde: Blumen, die nicht "Weibchen" schreien, Gewürze, die nicht gourmandig rüberkommen. Unsüß, aber eben doch sanft und in sich rund. Ein ganz seltsames Zusammenspiel, das mich süchtig macht. Ich kann das Rätsel nicht entschlüsseln, es beflügelt meine Fantasie: toll!
Nur: wo in mein Leben passt dieser Duft bloß hin außer ins Fläschchen im Regal?
Ich möchte doch nicht nur dran riechen, ich möchte das Parfüm auch tragen. Hab ich natürlich auch, aber meist nur für mich.
Paloma Picasso kann furchtbar aufgesetzt wirken, wenn es als Kunstwerk nur vor sich hergetragen oder übergestülpt wird und nicht mit dem Träger (unisex unterschreibe ich) oder der Trägerin zur Einheit verschmilzt.
Nach dem sehr zurückhaltenden Verbrauch der Miniatur, kaufte ich nie nach, aber er blieb in meinem Gedächtnis.
Inzwischen besitze ich seit einiger Zeit einen halbvollen ovalen Flakon von 1999. Ausgeführt habe ich den Duft lange Zeit trotzdem nicht, denn bisher wusste ich nicht, wie ich ihn kombinieren soll, er wirkte immer fehl am Platz.
Aber jetzt hab ich's:
mein Paloma-Outfit besteht aus einer lockeren, aber schmal geschnittenen, schwarzen Crepe-Bluse mit Henleyausschnitt, einer dunkelblauen Skinny-Jeans mit High Waist, dazu cognac-farbener Gürtel und passende braune Stiefel (flacher Absatz, aber nicht derb). Haare: bloß nicht streng frisieren, sondern offen mit leichten Wellen tragen.
Schminke: ja, aber eher dezent und natürlich! Kein dramatischer Auftritt, aber auch nicht Jogginghose, statdessen
eine klare, schlichte Linie, aufgelockert durch natürliche weibliche Akzente:
das ist für mich der Look, dem Paloma Picasso das perfekte Finish verleiht: sozusagen das Tüpfelchen auf der Jeans, dass dem klassischen "kann man nichts mit falsch machen"- Outfit Leben einhaucht. Ich finde sogar, das Parfüm verlangt nach stilvoller Zurückgenommen
-heit, um leuchten zu können.
Und plötzlich heißt es auch: wow, du riechst gut!

Und so würd ich dann auch mit PP tanzen gehen :-) ... wenn das dann mal irgendwann wieder in der Öffentlichkeit möglich sein wird...

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