Olfattivo
09.09.2021 - 15:26 Uhr
7
4
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
9.5
Duft

Cola zum Aufsprühen - Meine Geschichte vom perfekten Sommerduft

Es gibt dieses gewisse Zusammenspiel von Duftnoten, das man als Cola-Akkord bezeichnen kann. Ein Resultat aus dem Zusammenwirken von Zitrik und Gewürzen wie Zimt oder Vanille – oder auch von Harzen. Häufig trifft man in Duftbeschreibungen auf dieses Epitheton des Colaesken. Dabei handelt es sich in der Regel um schwere Düfte. Ich denke etwa an Etro Relent, Paco Rabane Pure XS (dem manche eine Vanilla-Coke-Note zu sprechen), Roja Enigma (dem manche eine Cherry-Coke-Note zusprechen) und viele andere. Bei all diesen Düften rieche ich die Cola-Note eher mit einiger Phantasie heraus. Manches andere Mal erscheinen mir die Cola-Zuordnungen recht abenteuerlich. Zitrische Würzigkeit allein macht für mich eben noch nicht Cola aus - zumal Cola für mich doch zunächst und zuvörderst frisch sein muss. Insofern müssen all jene schweren Zitruswürzler das Cola-Thema apriori verfehlen. Freilich, schon häufig habe ich selbst beim Riechen spontan einen Cola-Hauch zu detektieren geglaubt. Die ParfumerieverkäuferInnen rümpfen auf dieses meist kurzlebige ‚Heureka‘ für gewöhnlich die Nase: Cola scheint nicht eben als erlesenes Duftkreation durchzugehen. Dabei meinte ich es doch nur gut!
Ganz anders in einer Wiener Nischenparfümerie im Jahr 2019. Die Verkäuferin wollte mir einen ‚ganz besonderen‘ Duft zeigen (ohja, wie besonders, das sollte sich noch zeigen). Sie kramt den Eau d’Été von Parfums de Nicolai hervor und reicht mir das Teststreifen: „Der riecht wie…, na, probieren Sie erstmal selbst.“ Ich rieche – und weiß ad hoc, wie Sie den Satz vollenden wollte: „…wie COLA!“ Mit vorgetäuschter Irritation bemerke ich: „Es mag vielleicht komisch klingen,“ – Augenbrauenhochzucken – „aber für mich riecht der wie Cola.“ Bingo, breites Nicken ihrerseits. Endlich habe ich eine Parfumverkäuferin in Sachen Cola auf meiner Seite.
Zum Duft selbst: Er erinnert mich an nichts, was ich schon kenne. Wirkliche Cologne-Anklänge kann ich kaum erkennen, da die würzige Basis diesem Duft eine ganz andere Qualität verleiht. Reminiszenzen an Eau Sauvage, wie in einem Statement erwähnt, erkenne ich daher nicht. Eher schon mahnt der an ein Eau wie Acqua Decima von Eau d’Italie. Eau d’Été ist herb, prickelnd, brausig und vollmundig. Auch wenn er seine Erfrischungsfunktion als Eau erfüllt, scheint mir doch der Name nicht recht passend: Eau d’Été – so ein generischer Titel für einen so charakterstarken Duft mit Profil. Hier kommt auch das einzige ‚Manko‘, wenn man überhaupt davon sprechen kann, ins Spiel. Tatsächlich kann mir dieser Duft, so sehr ich ihn liebe, manchmal auch etwas zu charakteristisch sein. Dann greife ich im Alltagstrott lieber zu 'gedeckteren' Düften wie Versace pour Homme und Konsorten. Das heißt nicht, dass der Duft stört, sticht, kneift oder sonst dergleichen. Im Gegenteil, er ist immer wunderbar harmonisch. Doch es ist ein plastischer Duft. Man muss ihn schon tragen, wenn man duften und nicht bloß nach was riechen will. Insofern layere ich ihn manchmal mit anderen zitrischen Düften, um ihn zu 'verwässern' und das Zitrische gegenüber dem Würzigen hochzufahren. Ich nehme dabei einen meiner anderen Sommerlieblinge, den erwähnten Eau d'Italie.
Fazit: An alle, die den Duft nicht kennen: Probiert ihn aus! Er ist für mich einer der besten Sommerdüfte, die ich kenne. Hier ist er skandalös unterbewertet, was sicherlich an der geringen Zahl der Bewertungen liegt – jedenfalls solange er noch nicht die Anhängerschaft hat, die ihm gebührt.
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