Olfattivo

Olfattivo

Rezensionen
Olfattivo vor 3 Jahren 7 5
4
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
9.5
Duft
Cola zum Aufsprühen - Meine Geschichte vom perfekten Sommerduft
Es gibt dieses gewisse Zusammenspiel von Duftnoten, das man als Cola-Akkord bezeichnen kann. Ein Resultat aus dem Zusammenwirken von Zitrik und Gewürzen wie Zimt oder Vanille – oder auch von Harzen. Häufig trifft man in Duftbeschreibungen auf dieses Epitheton des Colaesken. Dabei handelt es sich in der Regel um schwere Düfte. Ich denke etwa an Etro Relent, Paco Rabane Pure XS (dem manche eine Vanilla-Coke-Note zu sprechen), Roja Enigma (dem manche eine Cherry-Coke-Note zusprechen) und viele andere. Bei all diesen Düften rieche ich die Cola-Note eher mit einiger Phantasie heraus. Manches andere Mal erscheinen mir die Cola-Zuordnungen recht abenteuerlich. Zitrische Würzigkeit allein macht für mich eben noch nicht Cola aus - zumal Cola für mich doch zunächst und zuvörderst frisch sein muss. Insofern müssen all jene schweren Zitruswürzler das Cola-Thema apriori verfehlen. Freilich, schon häufig habe ich selbst beim Riechen spontan einen Cola-Hauch zu detektieren geglaubt. Die ParfumerieverkäuferInnen rümpfen auf dieses meist kurzlebige ‚Heureka‘ für gewöhnlich die Nase: Cola scheint nicht eben als erlesenes Duftkreation durchzugehen. Dabei meinte ich es doch nur gut!
Ganz anders in einer Wiener Nischenparfümerie im Jahr 2019. Die Verkäuferin wollte mir einen ‚ganz besonderen‘ Duft zeigen (ohja, wie besonders, das sollte sich noch zeigen). Sie kramt den Eau d’Été von Parfums de Nicolai hervor und reicht mir das Teststreifen: „Der riecht wie…, na, probieren Sie erstmal selbst.“ Ich rieche – und weiß ad hoc, wie Sie den Satz vollenden wollte: „…wie COLA!“ Mit vorgetäuschter Irritation bemerke ich: „Es mag vielleicht komisch klingen,“ – Augenbrauenhochzucken – „aber für mich riecht der wie Cola.“ Bingo, breites Nicken ihrerseits. Endlich habe ich eine Parfumverkäuferin in Sachen Cola auf meiner Seite.
Zum Duft selbst: Er erinnert mich an nichts, was ich schon kenne. Wirkliche Cologne-Anklänge kann ich kaum erkennen, da die würzige Basis diesem Duft eine ganz andere Qualität verleiht. Reminiszenzen an Eau Sauvage, wie in einem Statement erwähnt, erkenne ich daher nicht. Eher schon mahnt der an ein Eau wie Acqua Decima von Eau d’Italie. Eau d’Été ist herb, prickelnd, brausig und vollmundig. Auch wenn er seine Erfrischungsfunktion als Eau erfüllt, scheint mir doch der Name nicht recht passend: Eau d’Été – so ein generischer Titel für einen so charakterstarken Duft mit Profil. Hier kommt auch das einzige ‚Manko‘, wenn man überhaupt davon sprechen kann, ins Spiel. Tatsächlich kann mir dieser Duft, so sehr ich ihn liebe, manchmal auch etwas zu charakteristisch sein. Dann greife ich im Alltagstrott lieber zu 'gedeckteren' Düften wie Versace pour Homme und Konsorten. Das heißt nicht, dass der Duft stört, sticht, kneift oder sonst dergleichen. Im Gegenteil, er ist immer wunderbar harmonisch. Doch es ist ein plastischer Duft. Man muss ihn schon tragen, wenn man duften und nicht bloß nach was riechen will. Insofern layere ich ihn manchmal mit anderen zitrischen Düften, um ihn zu 'verwässern' und das Zitrische gegenüber dem Würzigen hochzufahren. Ich nehme dabei einen meiner anderen Sommerlieblinge, den erwähnten Eau d'Italie.
Fazit: An alle, die den Duft nicht kennen: Probiert ihn aus! Er ist für mich einer der besten Sommerdüfte, die ich kenne. Hier ist er skandalös unterbewertet, was sicherlich an der geringen Zahl der Bewertungen liegt – jedenfalls solange er noch nicht die Anhängerschaft hat, die ihm gebührt.
5 Antworten
Olfattivo vor 5 Jahren 5 4
5
Flakon
8
Sillage
7
Haltbarkeit
6
Duft
Eindimensionale Vanille oder Wo bleibst du, Rum?
Hinweis: Wenn ich in diesem Kommentar das Original von Guerlain erwähne, so geschieht dies nicht, um einen objektiven Vergleich zwischen den beiden Düften zu ziehen. Dies ist gar nicht möglich, da ich den Guerlain nur einmal gerochen habe und einen genauen Eindruck natürlich nicht besitzen kann. Wenn ich hier also einen scheinbaren Vergleich ziehe, so geschieht dies nur, um eine imaginäre Folie aufzuziehen, von der her verständlich wird, was mich an diesem Duft realiter stört. Es geht also nicht darum, was an dem anderen Duft besser ist, sondern darum, wie der Perry Ellis sein müsste, damit ich mögen könnte.
Gekauft habe ich den Perry Ellis nämlich aufgrund des zugegebenerweise sehr ephemeren Eindrucks, den der Guerlain in meinem Duftgedächtnis zurückgelassen hatte. Ob dieser Eindruck selbst solide war, ist hier von zu vernachlässigender Bedeutung.
Was also glaubte ich am Guerlain zu schätzen? Ich testete den Duft im Hochsommer, freilich nicht die beste Jahreszeit, um diesen Duft zu schnuppern - und dennoch: er gefiel mir, war weniger vanillig-schwer, als ich vermutet hatte. Im Gegenteil: der Rum, so vermeine ich, lockerte das Ganze auf. Es war irgendwas Leichtes, was mich nicht mal in der Hochsommersonne störte.
Auf dieser Grundlage kaufte ich mir also den Perry Ellis - ein Fehlkauf, wie sich herausstellte. Denn wenn der Duft, den ich in Erinnerung hatte, eine "boozy Vanilla" mit ausgesprochener Leichtfüßigkeit war, entpuppte sich seine Discountversion als schwere Vanille mit doppeltem Boden. Ich rieche fast nur Vanille heraus. Den Rum riecht man zwar auch, aber er ist für meinen Geschmack deutlich zu schwach. Man nimmt einen Hauch wahr und möchte ihn am liebsten zwingen, sich auszubreiten und in voller Pracht zu zeigen. Aber das geschieht leider nicht. Statt die Vanillenote spirituös auszutarieren, stellt der Rum nur einen winzigen Akzent dar, der unter der Vanilledecke erdrückt wird. Dadurch büßt der Duft leider seine Komplexität ein und wird für mich zu einer eindimensionalen Vanille.
Schön ist der Duft dadurch für mich nur, wenn ich ihn gleichsam in kontemplativer Stille auf der Hand rieche. Dann nämlich kann ich den Rum bewusst genießen - freilich indem ich ihn in meiner Imagination verstärke. In der Sillage indes bleibt nur eine penetrante Vanillewolke, die für mich sogar irgendwie 'billig' riecht. Man kennt diesen Dufteindruck von Vanille-Kokos-Hautcremes, von denen man bisweilen einen Dufthauch eines/einer auf der Straße Passierenden abkriegt.
Also kein Duft für mich. Ich will ihn aber auch nicht ganz schlecht machen. Unter zwei Kriterien ist er vielleicht besser, als von mir beschrieben: 1. ist er durch die Vanillelastigkeit in jedem Fall ein besserer Damenduft und 2. ist er aus demselben Grund definitiv ein Winterduft.
Ich jedenfalls musste mich von ihm trennen und träume weiter von dem Rum, der sich nicht zeigen wollte.
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