Oud Imperial 2015 Extrait de Parfum

Axiomatic
13.04.2024 - 10:49 Uhr
30
Top Rezension
5
Preis
8
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
8
Duft

Der Wüstenprinz

Da haben wir es!
Wieder einer dieser mysteriösen Düfte, welche zunächst mit einer gehörigen Ohrfeige abschrecken, um im Nachhinein eine edle Komposition preiszugeben.

Einfach macht es mir dieser Wüstenprinz nicht, seine Welt erscheint mir fremd und verschlossen zunächst.

Nicht, dass ich mich mit dieser Art der Animalik geschlagen geben sollte.
Nein, ganz im Gegenteil, hier beweist das Haus wieder einmal beste Qualität.
Es ist diese unglaublich trockene und verstaubte Atmosphäre, welche mich anfangs verzweifeln ließ.

Hier nun der erneute Versuch.

Zisch!

Was für eine sonderbare Eröffnung!
Erdiges Patchouli legt die Koordinaten fest, die staubige Wüste heißt willkommen.
Und sogleich werden naturnahe Papyrusrollen ausgebreitet, um eine Geschichte aus den Emiraten zu erzählen. Eine, die die rasante bauliche Entwicklung und teure Motorisierung schildert trotz des Festhaltens an Traditionen.

Der Duft wird immer trockener, ich kann den Wüstensand förmlich riechen.

Leise und flehend macht sich eine Zitrone bemerkbar. Oder ist es eine Zitronatzitrone?
Diese zitrische Frucht wirkt wie gefangen, eingeengt von erdigen und holzigen Noten.
Die Unbarmherzigkeit des Serails.

Langsam nährt sich mir der Wüstenprinz in seinem tadellosen, weißen Gewandt.
Olivgrün seine Augen, streng sein Blick, so wie diese Olivennote inmitten der Hölzer.
Vielleicht bezwingt er meisterlich einen Falken auf seinem mit Leder geschützten Vorderarm.

Und der Prinz riecht recht männlich unter der grellen Sonne, dafür sorgen Kreuzkümmel und Safran.
Aber er wäre kein Adliger, würde der Jasmin nicht diese blumig virile Eleganz verströmen.
Er beherrscht also die auf der arabischen Halbinsel geforderte reinliche Haltung.

Seine Heimat erfuhr eine kolossale Veränderung.
Bauten des sich Übertreffens an Höhe mithilfe des technisch Möglichen, wortwörtlich auf Sand gebaut.
Und das spüre ich im Duftverlauf.
Der staubige Sand lässt Platz für eine leicht metallische Note, säuerlich unterwandert vom Vetiver.
Das Stahlgerüst der Wolkenkratzer.
Die Inneneinrichtung jener modernen Paläste der Lüfte ist gediegen holzig, streng und puristisch. Etliche Holzarten wurden von Meisterhand gezimmert.

Hier wird auch die freiheitsliebende Zitrusfrucht gefangen gehalten. Ihr Wimmern hallt dank Elemi in den teuren Alkoven nach, sie sucht vergeblich ein Entkommen.

Betäubt wird sie mit rauchigem Haschisch. Nicht ausladend, nein, wohldosiert gekonnt, auf dass hier niemand unanständig abdriftet.
Der dezente Rausch als Ersatz für die Einsicht.
So versucht er sein Gewissen zu beruhigen, denn nachgeben wäre ein Zeichen der Schwäche.

Ich überstrapaziere seine Gastfreundschaft nicht und möchte mich verabschieden.
Das Bild der zitrischen Gefangenschaft beschäftigt mich doch zu sehr.

Wohlerzogen fährt er mich zum internationalen Flughafen der Sonderklasse in seinem maßgeschneiderten zwölfzylindrischen Gefährt aus Maranello.
Eine ölige Note verrät mir in der Basis die Ingenieurleistung aus Italien, der Motor seines weißen Sportwagens läßt keine Wünsche offen.

Und so verabschieden wir uns.
Er würzig trocken mit eleganter Holzhaltung und dressierenden olivgrünen Augen.
Ich von den Kontrasten sandiger, zugebauter Oasen und dem Schmerz der zitrischen Frucht aufgewühlt.

Salam, werter Prinz!

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