Aspen for Men 1989 Cologne

Axiomatic
25.04.2024 - 08:22 Uhr
32
Top Rezension
10
Preis
6
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft

Die andere Seite von Aspen

Dihydromyrcenol oder 2,6-Dimethyl-7-octen-2-ol.
Dieses Wundermolekül der 1980er soll frisch, bitter, sauber, nach Lavendel, Koriandersamen und Zitrusfrüchten riechen und den vorliegenden Duft prägen.

Junge, hat dieses Teilchen in der Duftwelt seit damals eingeschlagen.

Aber mal ganz im Ernst, wer wird sich denn gerne eine knochentrockene Chemiestunde durchlesen, um die Polymerisation des Moleküls - Viskositätstendenz, abnehmender Geruch und deren Vermeidung durch geeignete Inhibitoren - besser verstehen zu können?
Dafür, liebe Nasen, gibt es im Netz mehr als genügend kostenlose Information.

Und sind nicht schräge Zeilen manchmal leichter zu verdauen?

Ich meine, wenn ich mir die OVP vom vorliegenden Wässerchen durchlese, werden meine inneren Klaviersaiten mit einem Hammer gleich eines Gruselfilms geschlagen.

Es liest wie folgt:
„Crisp mountain air and wide open spaces captured in a distinctive fragrance for men.
Aspen cologne for men - live it in Aspen.“

Noch nicht einmal ein Ausrufezeichen als symbolischer Imperativ wird verwendet.
Klingt das inspiriert und packend.
Gähn…
Dabei könnte der Duft recht spaßig sein, es kommt auf den gewissen Kick an.
Gut, dann folge ich mal der Aufforderung des Herstellers auf meine Weise!

Zisch!

Ui, es wird kurz minzig frisch, etwas zitrisch auch.
Doch das Wundermolekül lässt nicht lange auf sich warten und färbt die Kopfnote surreal grün.
Schwer zu beschreiben, vielleicht verständlicher in der Herznote.

Denn hier offenbart sich die geballte Kraft der „Unterstützung“.
Ich komme nicht umher, einen kleinen Hauch Calone beim Vetiver auszumachen. Dieses Gras riecht grünlich „fruchtig“.
Dieser fruchtige Eindruck verlängert übrigens auch die Lebensdauer der Zitrone, weniger die von der Bergamotte.

Der Lavendel aber wird in eine andere Dimension verfrachtet.

Das Kraut bekommt etliche Schattierungen auf einmal:
frisch, grünkrautig, zitrisch, hell sauber.

Als stünde man vor einer chitinartigen Überpflanze, so klar und real, dass man sie wie in einem 3D-Film sieht, aber nicht fassen kann.

Markant das Eichenmoos, welches hier etwas trocken geraten ist und leicht salzig vom Ambra gewürzt wird.

Der Haupteindruck wird über Stunden daher waldig frisch, neo-lavendelig, leicht zitrisch und moosig salzig bleiben und auch so enden.

Der Flakon ist für den Preis schon sehr gut gelungen vom Design her.
Waldgrünes Glas, kupferfarbener Deckel passend zum metallischem Verschluss des Zerstäubers mit grüner Düse.
Günstig soll nicht unbedingt einfallslos bedeuten.

Das Stadtwappen von Aspen mit der namensgebenden Espe ziert auch die Vorderseite der achteckigen Pulle.

Wie passt nun ein Fougère von 1989 nach Aspen, dem bekannten Skiort in den Rocky Mountains von Colorado?

Sollte es die Fichte im Duft sein, dann frage ich mich, warum alles so surreal gehalten wird.
Gut, im Kielwasser von Drakkar Noir Eau de Toilette , Green Irish Tweed und Cool Water Eau de Toilette musste eine günstige Ausgabe fürs Völkchen geschaffen werden mit dem Wundermolekül. Wie ein Groschenroman mit Country Music for real Men mit markantem Schnauzer.

Moment, Schnauzer, Skigebiet, 1980er.
Hmm…
Ich hab’s!
Alles Zutaten für einen zünftigen Slasher der 1980er!

Die expendable characters, die zweidimensionalen Charaktere, deren Abmurksen nur die verwerflich dunkle Seite des Schlitzers hervorheben soll, sind schnell ausgemacht.

Minze-Jeff, Bergamotten-Chad, Vetiver-Dick, Eichenmoos-Casey und Lavendel-Al.

Unser Schlächter des Duftverlaufs trägt Skimaske und ein verwegenes Sweatshirt mit der Aufschrift „Dihydromyrcenol“.

Ach ja, Soundtrack aus dem Jahr 1989: The Jesus and Mary Chain - Head On.

Todespiste, ich komme!

Erneuter Zisch!

Minze-Jeff und Bergamotten-Chad haben noch Probleme am Skilift.
Auf wackligen Beinen versuchen sie den richtigen Schwung vom ausspuckenden Liftsessel zu bekommen.
Ihr Atem recht grün zitrisch frisch.

Doch noch bevor sie die Skipiste erreichen können…

Schlitz!

Oh nein, oh weh, ihre Körper in surrealer grüner Schattierung gefärbt, kein Zappeln mehr!
Und das am helllichten Tag!

Eine fiese Gestallt versteckt sich derweil hinter den Fichten…

Vetiver-Dick schäkert währenddessen auf der Piste und möchte einen dieser säuerlichen Salti auf der Rampe hinlegen.
Lavendel-Al ist nicht nur etwas kühl nüchterner, er riecht das surreale letzte Lebenszeichen seiner verschwundenen Freunde.
Hier stimmt doch was nicht, denkt er…

Das alles läßt Vetiver-Dick kalt, er ist hier in Aspen um Spaß zu haben.
Nicht nur Lavendel-Al, auch Eichenmoos-Casey sind mittlerweile ziemlich sicher, dass hier was aus dem Ruder läuft.
Ihre Warnrufe prallen an Vetiver-Dick ab.

Er nimmt Anlauf, hält die Rampe im Visier, beschleunigt und hebt mit beiden Skiern ab!

Wow, was für ein Sprung!

Doch lieber Dicky, da wartet eine komische Skimaske zwischen den Fichten auf Deine Landung…

Schlitz!

Sein Schnauzer wedelt noch ein bisschen beim Aushauchen seines letzen vitalen Atems. Und wieder surreal grün gefärbt…

Zu diesem Zeitpunkt geraten Eichenmoos-Casey und Lavendel-Al in Panik, sie konnten den Mörder beim Verschwinden im Fichtenhain noch erhaschen.

Eichenmoos-Casey mal wieder blass wie Kreide und unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen.
Lavendel-Al versucht ihm Mut zu machen, sie würden es wie immer zusammen schaffen, hier seifig lebendig raus zu kommen.

Doch Eichenmoos-Casey ist vom surrealen Geruch seiner toten Kumpels völlig durch den Wind, dass er bei der rasenden Skiabfahrt zum Tal falsch abbiegt und den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht.
Ein surrealer mit Moosflechten bewachsener Ast wird auch das Letzte sein, was er auf Erden erblicken darf.

Schlitz!

Last man standing Lavendel-Al muss sich dem Mörder stellen, welcher auch nicht lange auf sich warten lässt.
Auf einer Lichtung stehen sich beide gegenüber.

Und dann fällt die Skimaske!

Was?
Der kleine Bruder von Lavendel-Al?
Der, den man in eine Anstalt steckte, um seine grünliche Entstellung vor anderen zu verbergen?

Er fängt mit der üblichen Slasher-Aufklärung der 1980er auch für ganz Verschnarchte an.

„Du warst immer der Liebling von Papa, mich wollte und liebte niemand.
Ständig hast Du mit guten Noten geglänzt, hast Edelmut bewiesen und Aufrichtigkeit.
Und ich?
Mein dunkler Groll hat mich grün gefärbt und ich musste weggegeben werden wie eine defektes Auto!
Aber lass Dir sagen, dass die Saat des Bösen in der Familie liegt.
Es braucht nur den richtigen Moment, um einen zu verwandeln.
Dachtest Du, unser Vater wäre über allem erhaben?
Er, der Paco Rabanne pour Homme Eau de Toilette , dieser Schuft, hatte das keimende Molekül im Herzen, nur verbarg er es gekonnt!
Doch mich schickte er nach Irland in eine Klinik, als er meine Veränderung erkannte.
Dafür habe ich Dich noch mehr gehasst, weil Du Freunde und Spaß haben durftest!
Und nun habe ich sie Dir genommen, Du bist ein Nichts ohne sie!“

Es kommt zu Rauferei, das unvermeidliche Entsorgen des Fieslings mit dem zufällig vorbeifahrenden Schneepflug.
Leider kriegt unser Lavendel Held etwas vom grünlichen Schnee ab.

Und in der Ferne wartet der Greyhound Bus nach Kalifornien mit einem Werbeschild von New West for Him Skinscent .

Der Blick von Lavendel-Al wird finster…
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