René Lezard Femme 2003

Honigmelone
15.03.2015 - 19:23 Uhr
6
Sehr hilfreiche Rezension
5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft

Ich bin ein Weihnachtsplätzchen

Zumindest, wenn ich RLF trage.

Dies ist ein Duft, den ich eher als sanft und liebreizend einstufe und der dadurch bei mir extrem polarisiert. Ich besitze ihn seit zirka 10 Jahren, 40 ml Inhalt waren mal drin, wobei der Flakon noch zur Hälfte gefüllt ist. Also nicht gerade mein Lieblingsduft.

RLF beginnt frisch, zitrisch und fruchtig mit einem cremig-weichen Unterton. Sehr schnell wird er cremig-nussig, Rosenholz kommt gut an mir heraus, der Zimt hält sich dezent im Hintergrund. Haselnuss gibt dem Duft die besondere Note und dominiert, es könnte auch ein Mandel-Nuss-Akkord sein, obwohl Mandel nicht in der Duftpyramide aufgeführt ist. RLF wird mit der Zeit weicher, zur mandeligen Nuss gesellen sich Blumen hinzu. In der Basis empfinde ich ihn süß durch die Vanille, Sandelholz kommt bei mir auch gut zum Vorschein. Ich bin schließlich in eine wohlige, schmeichelnde Süße eingehüllt, die mich an Marzipan erinnert, körpernah ist und bei schweißtreibenden gruppendynamischen Prozessen (Tanzen) nicht stört. Innerhalb des Duftverlaufs erinnert mich RFL zwischendurch etwas an L´Instant Magic, die Basis ist allerdings gänzlich verschieden.

Obwohl ich RLF als einen Duft für jeden Tag und eher als gefällig sehe, hat er durchaus seine Berechtigung. Er ist kuschelig und süß, die Sillage ist gut, die Haltbarkeit sehr gut. Keinesfalls ist er penetrant, sondern freundlich, warm und schützend. Er haut nicht auf die Pauke, sondern begleitet und unterstützt. Da ich mit Düften eher vorsichtig bin, wenn ich zum Beispiel einen wichtigen Amtstermin habe oder eine Bekannte, die anfällig für Migräne ist, besuche, ist dann eher RLF angebracht. Letztes Jahr war er mein Weihnachtsduft. Bei einem weihnachtlichen Familientreffen ein, zwei Jahre zuvor hatte ich meine Schwester mit zwei Sprühern unreformuliertem Obsession schon fast narkotisiert (Nachtrag, um Missverständnisse zu vermeiden: Das lag nicht am Duft, sondern an der Sillage!). Weil eine ohnmächtige Schwester mir kein Geschenk überreichen kann, habe ich deshalb letztes Jahr sicherheitshalber zu RLF gegriffen (und ein Geschenk bekommen).

Durch die ganze olfaktorische Harmonie blitzt der Nuss-Mandel-Akkord hervor. Er verleiht RLF das Eigene, Besondere, dieses gewisse Etwas, das ihn nicht abdriften lässt in übergroße Gefallsucht und somit in Beliebigkeit. RLF ist nicht gerade großes Kino oder große Leidenschaft. Nichts ist hier laut, fordernd, verrucht, verraucht, aphrodisierend, obwohl Zimt als klassisches Aphrodisiakum in der Duftpyramide ganz zu Anfang steht. Keine Wildheit! Keine dunklen Seiten! Kein Aufbegehren! Und zwar so was von nicht! Ich weiß, das ist jetzt schwer vorstellbar, wenn Ihr charakterlich ausgewogenere Düfte jenseits des Liebreizes gewohnt seid, aber es ist die bittere Wahrheit. Auf Dauer ist das dann doch etwas schwierig für mich und genau deshalb trage ich RLF eher selten.

RLF ist ein Duft, der mit der Trägerin verschmelzen kann, wenn sie es zulässt. Jedenfalls sollte sie sich auf seine Sanftmut, seine warme, helle, freundliche, liebevolle, nicht aufdringliche Aura einlassen können. Ich schaffe das bisher nur teilweise.
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