Elysium Parfum Cologne 2017 Eau de Parfum

Heffie75
16.05.2022 - 11:36 Uhr
25
Top Rezension
7
Preis
8
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
9.5
Duft

Rojas Einstieg in den durch Creeds Aventus erschaffenen Markt

Bevor ich mich dem eigentlichen Duft widme, muss ich doch einige Gedanken zu Roja Parfums als Marke und dem Herrn loswerden, der diese Marke quasi in Personalunion repräsentiert.

Ich habe zu Roja Dove (alias Roger Bird) ein etwas zwiespältiges Verhältnis. Einerseits überzeugt mich die Qualität seiner Düfte trotz der horrenden Preise fast immer zu 100 %. Andererseits ist jedem Parfum-Nerd klar, dass zumindest einiger der Kreationen schon stark an bekannte Klassiker angelehnt sind, und letztlich sowas wie eine high-end Version dieser Klassiker darstellen. So erinnert „Fetish“ doch stark an Hermès Bel Ami, „Oligarch“ (zuletzt zumindest unter diesem Namen vom Markt genommen, aus nachvollziehbaren Gründen) an Terre de Hermès, Danger pH an Guerlains Heritage, und dem aktuellen „Apex“ könnte man eine gewisse Verwandtschaft zu einem gewissen Dior Sauvage Elixir nachsagen. Und diese Liste ist nicht als erschöpfend zu betrachten. Versteht mich nicht falsch, mitnichten handelt es sich bei den vorgenannten um Klone dieser Düfte. Aber man bekommt schon den Eindruck, dass die Älteren der jeweils genannten eine gewisse Inspirationsquelle darstellten. Andererseits hat Roja Parfums einige Düfte im Portfolio, die m.E. völlig eigenständig und somit neu sind, zum Beispiel die Düfte der Parfum de la Nuit Reihe, oder Enigma pH mit seiner Kombination aus Cola, Cognac und Vanille. Letzterer ist schon der Hammer, ich finde ihn zumindest in der Parfum-Version unfassbar gut.

Was mich außerdem an Roja Parfums irritiert ist der Fakt, dass Roja Dove im Netz inzwischen aus vielen Richtungen nachgesagt wird, dass er gar nicht der Parfumeur seiner Düfte sei (ich schreibe hier bewusst im Konjunktiv). Vielmehr steckten hinter den Kreationen „hidden“ Parfumeure von beispielsweise Robertet, die einfach nicht genannt würden. Und Roja stelle sich selbst als Parfumeur dar. Fakt ist, dass Roja Dove soweit ich informiert bin keine klassische Parfumeur-Ausbildung erhalten hat. Vielmehr war er in seiner Zeit bei Guerlain im Marketing tätig (was er wirklich gut beherrscht). Natürlich bedarf es keiner klassischen Parfumeur-Ausbildung, um ein guter Parfumeur zu sein (s. z.B. Andy Tauer). Andererseits macht auch Gabe Oppenheim in seinem sehr aufwändig recherchierten Buch „The Ghost Perfumer“ gewisse Andeutungen, dass bei Roja Parfums ähnliche Verhältnisse herrschten wie bei Creed. Wer es noch nicht weiß – hinter den meisten, wenn nicht allen Creed-Kreationen, steckt NICHT wie meistens genannt Olivier Creed (oder sein Sohn Erwin). So wurde von Oppenheim recherchiert, dass hinter „Green Irish Tweed“ und „Silver Mountain Water“ Pierre Bourdain steckt, hinter „Aventus“ Jean Christophe Herault, und hinter „Royal Oud“ Julien Rasquinet. Und ich fresse einen Besen, wenn hinter „Original Vetiver“ nicht Alberto Morillas steckt, der auch für das doch seeehr ähnliche „Mugler Cologne“ verantwortlich ist.

Sei es drum, ich werde es durch eigene Recherche nie erfahren, und am Ende spielt es für mich persönlich oder für die Qualität der Produkte letztlich keine Rolle. Also die Frage ob Roja Dove wirklich der Parfumeur war, oder nur der Kreativdirektor, oder ob er nur den „brief“ geschrieben hat. Trotzdem fände ich es grundsätzlich begrüßenswert, wenn auch in der Parfum-Industrie diejenigen Leute die „credits“ bekämen, die ihnen zustehen. Hier plädiere ich ganz klar für 100 % Transparenz!

Elysium in der Parfum Cologne Version nimmt für mich eine Sonderstellung im Roja Produktportfolio ein. Es war der erste Roja Duft, der im 100 ml Format ohne Flakon mit Goldplakette lanciert wurde. Die Parfum-Version erfolgte erst später. Bestimmt nicht zufällig ist der Flakon in Blau gehalten. Es ist ein frischer Duft, der zu jeder Jahreszeit, zu jeder Tages- und Nachtzeit, und zu jeder Gelegenheit (vom Büro bis zum Kinobesuch bis zum Dinner for two bis zur Hochzeitsfeier) getragen werden kann. Also ein perfekter Allrounder, wenn auch der Duft meiner Ansicht nach bei wärmeren Temperaturen erst richtig schön zur Geltung kommt.

Möglicherweise hat Roja Dove den Erfolg von Aventus gesehen, letzterer wahrscheinlich der erste „big seller“ im Bereich der Nischenparfümerie. Auch die Preisgestaltung bezogen auf eine Menge von 100 ml ähnelt der von Creeds Megaseller. Vielleicht auch deshalb wird Aventus gerne mit Elysium (pC) verglichen. Ich persönlich kann diesen Vergleich nicht nachvollziehen. Alleine schon aus dem Grund, dass Aventus bezüglich seines Aufbaus ein Chypre ist, und Elysium ein Fougére. Ich rieche bei Elysium keine Ananas, und auch kein Eichenmoos oder Vanille im Drydown.

Elysium ist für mich eine perfekte Melange aus hellzitrischen Früchten, welche durch den Vetiver eine gewisse Trockenheit und leichte Bitterkeit erfahren. Die Früchte sind somit nicht süß und saftig, sondern eher fruchtig und herb. Dabei kommt keine der Früchte dominant zur Geltung, sondern alles ist wunderbar ineinander verwoben. Und das schafft in dieser Form wie ich finde kein anderer Duft. Dabei fängt Elysium über den gesamten Verlauf einfach nie an zu nerven, sondern erfreut den Träger stets mit seiner unaufdringlichen frischen Herbe. Und das so ganz ohne an Duschgel zu erinnern! Was selbst in diesem Preissegment heutzutage nicht unbedingt selbstverständlich ist (Verweis an „Percival“ von PdM).

Vielleicht mit ganz viel Fantasie kann man Elysium eine gewisse Verwandtschaft zu Bleu de Chanel nachsagen. Wenn man jedoch beide Düfte direkt nebeneinander testet, dann muss man auch das tendenziell doch eher verneinen. Trotzdem ist auch Roja mit Elysium sicherlich auf den Zug der „blauen Düfte“ aufgesprungen. Mit der Besonderheit, dass er (oder wer auch immer den Duft komponiert hat, s.o.) es mal wieder geschafft hat, den „besten seiner Klasse“ zu erschaffen. Für mich ist Elysium der beste „blaue“ Duft. Punkt.

Und jetzt noch etwas zur Haltbarkeit. Dieses Thema scheint im Kreise der Parfumos und Parfumas immer wichtiger zu werden. Zunächst sei erwähnt, dass Inhaltsstoffe zitrischen Ursprungs aufgrund ihrer molekularen Struktur eher flüchtig sind. Es gibt natürlich die Möglichkeit, die Haltbarkeit dieser Inhaltsstoffe auf der Haut durch synthetische Fixative zu verbessern. Aber dadurch wird unweigerlich auch der Synthetik-Anteil erhöht, und das riecht man nun mal. Soll ein frisches, auf Zitrusnoten basiertes Parfum also möglichst natürlich riechen, dann kann es per se nicht allzu lange halten. Eine andere Möglichkeit bestünde darin, einen größeren Anteil schwere(re) Noten für die Basis hinzuzufügen (s. z.B. Xerjoff Nio). Ein solches Parfum hat dann aber auch einen anderen Verlauf, der zum Ende hin nicht mehr als „frisch“ wahrgenommen wird. So gesehen steht vermutlich jeder Parfumeur vor einem unlösbaren Problem, wenn ein Duft über einen Gesamtverlauf von 10 h+ gleichzeitig frisch und natürlich riechen soll.

Elysium pC hält bei mir ca. 4-6 Stunden und projiziert dabei stark für ca. 2 h. Die Parfum Version hält bei mir naturgemäß länger, bis zu 8 Stunden, projiziert dafür von Anfang an deutlich weniger. Wer also nach einer idealen Lösung sucht, der kauft beide und layert das pC über dem Parfum. Das ist natürlich maximal dekadent, aber eine bessere Möglichkeit fällt mir leider auch nicht ein ;-)

Ich bedanke mich herzlich fürs Lesen :-)
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