Heffie75

Heffie75

Rezensionen
Heffie75 vor 2 Jahren 25 5
8
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
9.5
Duft
Rojas Einstieg in den durch Creeds Aventus erschaffenen Markt
Bevor ich mich dem eigentlichen Duft widme, muss ich doch einige Gedanken zu Roja Parfums als Marke und dem Herrn loswerden, der diese Marke quasi in Personalunion repräsentiert.

Ich habe zu Roja Dove (alias Roger Bird) ein etwas zwiespältiges Verhältnis. Einerseits überzeugt mich die Qualität seiner Düfte trotz der horrenden Preise fast immer zu 100 %. Andererseits ist jedem Parfum-Nerd klar, dass zumindest einiger der Kreationen schon stark an bekannte Klassiker angelehnt sind, und letztlich sowas wie eine high-end Version dieser Klassiker darstellen. So erinnert „Fetish“ doch stark an Hermès Bel Ami, „Oligarch“ (zuletzt zumindest unter diesem Namen vom Markt genommen, aus nachvollziehbaren Gründen) an Terre de Hermès, Danger pH an Guerlains Heritage, und dem aktuellen „Apex“ könnte man eine gewisse Verwandtschaft zu einem gewissen Dior Sauvage Elixir nachsagen. Und diese Liste ist nicht als erschöpfend zu betrachten. Versteht mich nicht falsch, mitnichten handelt es sich bei den vorgenannten um Klone dieser Düfte. Aber man bekommt schon den Eindruck, dass die Älteren der jeweils genannten eine gewisse Inspirationsquelle darstellten. Andererseits hat Roja Parfums einige Düfte im Portfolio, die m.E. völlig eigenständig und somit neu sind, zum Beispiel die Düfte der Parfum de la Nuit Reihe, oder Enigma pH mit seiner Kombination aus Cola, Cognac und Vanille. Letzterer ist schon der Hammer, ich finde ihn zumindest in der Parfum-Version unfassbar gut.

Was mich außerdem an Roja Parfums irritiert ist der Fakt, dass Roja Dove im Netz inzwischen aus vielen Richtungen nachgesagt wird, dass er gar nicht der Parfumeur seiner Düfte sei (ich schreibe hier bewusst im Konjunktiv). Vielmehr steckten hinter den Kreationen „hidden“ Parfumeure von beispielsweise Robertet, die einfach nicht genannt würden. Und Roja stelle sich selbst als Parfumeur dar. Fakt ist, dass Roja Dove soweit ich informiert bin keine klassische Parfumeur-Ausbildung erhalten hat. Vielmehr war er in seiner Zeit bei Guerlain im Marketing tätig (was er wirklich gut beherrscht). Natürlich bedarf es keiner klassischen Parfumeur-Ausbildung, um ein guter Parfumeur zu sein (s. z.B. Andy Tauer). Andererseits macht auch Gabe Oppenheim in seinem sehr aufwändig recherchierten Buch „The Ghost Perfumer“ gewisse Andeutungen, dass bei Roja Parfums ähnliche Verhältnisse herrschten wie bei Creed. Wer es noch nicht weiß – hinter den meisten, wenn nicht allen Creed-Kreationen, steckt NICHT wie meistens genannt Olivier Creed (oder sein Sohn Erwin). So wurde von Oppenheim recherchiert, dass hinter „Green Irish Tweed“ und „Silver Mountain Water“ Pierre Bourdain steckt, hinter „Aventus“ Jean Christophe Herault, und hinter „Royal Oud“ Julien Rasquinet. Und ich fresse einen Besen, wenn hinter „Original Vetiver“ nicht Alberto Morillas steckt, der auch für das doch seeehr ähnliche „Mugler Cologne“ verantwortlich ist.

Sei es drum, ich werde es durch eigene Recherche nie erfahren, und am Ende spielt es für mich persönlich oder für die Qualität der Produkte letztlich keine Rolle. Also die Frage ob Roja Dove wirklich der Parfumeur war, oder nur der Kreativdirektor, oder ob er nur den „brief“ geschrieben hat. Trotzdem fände ich es grundsätzlich begrüßenswert, wenn auch in der Parfum-Industrie diejenigen Leute die „credits“ bekämen, die ihnen zustehen. Hier plädiere ich ganz klar für 100 % Transparenz!

Elysium in der Parfum Cologne Version nimmt für mich eine Sonderstellung im Roja Produktportfolio ein. Es war der erste Roja Duft, der im 100 ml Format ohne Flakon mit Goldplakette lanciert wurde. Die Parfum-Version erfolgte erst später. Bestimmt nicht zufällig ist der Flakon in Blau gehalten. Es ist ein frischer Duft, der zu jeder Jahreszeit, zu jeder Tages- und Nachtzeit, und zu jeder Gelegenheit (vom Büro bis zum Kinobesuch bis zum Dinner for two bis zur Hochzeitsfeier) getragen werden kann. Also ein perfekter Allrounder, wenn auch der Duft meiner Ansicht nach bei wärmeren Temperaturen erst richtig schön zur Geltung kommt.

Möglicherweise hat Roja Dove den Erfolg von Aventus gesehen, letzterer wahrscheinlich der erste „big seller“ im Bereich der Nischenparfümerie. Auch die Preisgestaltung bezogen auf eine Menge von 100 ml ähnelt der von Creeds Megaseller. Vielleicht auch deshalb wird Aventus gerne mit Elysium (pC) verglichen. Ich persönlich kann diesen Vergleich nicht nachvollziehen. Alleine schon aus dem Grund, dass Aventus bezüglich seines Aufbaus ein Chypre ist, und Elysium ein Fougére. Ich rieche bei Elysium keine Ananas, und auch kein Eichenmoos oder Vanille im Drydown.

Elysium ist für mich eine perfekte Melange aus hellzitrischen Früchten, welche durch den Vetiver eine gewisse Trockenheit und leichte Bitterkeit erfahren. Die Früchte sind somit nicht süß und saftig, sondern eher fruchtig und herb. Dabei kommt keine der Früchte dominant zur Geltung, sondern alles ist wunderbar ineinander verwoben. Und das schafft in dieser Form wie ich finde kein anderer Duft. Dabei fängt Elysium über den gesamten Verlauf einfach nie an zu nerven, sondern erfreut den Träger stets mit seiner unaufdringlichen frischen Herbe. Und das so ganz ohne an Duschgel zu erinnern! Was selbst in diesem Preissegment heutzutage nicht unbedingt selbstverständlich ist (Verweis an „Percival“ von PdM).

Vielleicht mit ganz viel Fantasie kann man Elysium eine gewisse Verwandtschaft zu Bleu de Chanel nachsagen. Wenn man jedoch beide Düfte direkt nebeneinander testet, dann muss man auch das tendenziell doch eher verneinen. Trotzdem ist auch Roja mit Elysium sicherlich auf den Zug der „blauen Düfte“ aufgesprungen. Mit der Besonderheit, dass er (oder wer auch immer den Duft komponiert hat, s.o.) es mal wieder geschafft hat, den „besten seiner Klasse“ zu erschaffen. Für mich ist Elysium der beste „blaue“ Duft. Punkt.

Und jetzt noch etwas zur Haltbarkeit. Dieses Thema scheint im Kreise der Parfumos und Parfumas immer wichtiger zu werden. Zunächst sei erwähnt, dass Inhaltsstoffe zitrischen Ursprungs aufgrund ihrer molekularen Struktur eher flüchtig sind. Es gibt natürlich die Möglichkeit, die Haltbarkeit dieser Inhaltsstoffe auf der Haut durch synthetische Fixative zu verbessern. Aber dadurch wird unweigerlich auch der Synthetik-Anteil erhöht, und das riecht man nun mal. Soll ein frisches, auf Zitrusnoten basiertes Parfum also möglichst natürlich riechen, dann kann es per se nicht allzu lange halten. Eine andere Möglichkeit bestünde darin, einen größeren Anteil schwere(re) Noten für die Basis hinzuzufügen (s. z.B. Xerjoff Nio). Ein solches Parfum hat dann aber auch einen anderen Verlauf, der zum Ende hin nicht mehr als „frisch“ wahrgenommen wird. So gesehen steht vermutlich jeder Parfumeur vor einem unlösbaren Problem, wenn ein Duft über einen Gesamtverlauf von 10 h+ gleichzeitig frisch und natürlich riechen soll.

Elysium pC hält bei mir ca. 4-6 Stunden und projiziert dabei stark für ca. 2 h. Die Parfum Version hält bei mir naturgemäß länger, bis zu 8 Stunden, projiziert dafür von Anfang an deutlich weniger. Wer also nach einer idealen Lösung sucht, der kauft beide und layert das pC über dem Parfum. Das ist natürlich maximal dekadent, aber eine bessere Möglichkeit fällt mir leider auch nicht ein ;-)

Ich bedanke mich herzlich fürs Lesen :-)
5 Antworten
Heffie75 vor 2 Jahren 37 4
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Flakon
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Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Weder Axe noch ein neuer König zum Dosen öffnen, vielmehr ein hervorragender neuer Duft von Roja Parfums.
Da ist er also, der neue Duft von Roja Parfums. Wie gewohnt bei diesem Haus, scheinen die Erwartungen an den Duft, dessen Haltbarkeit und Qualität, sowie das Design des Flakons fast schon unermesslich hoch zu sein. Solche Erwartungen können eigentlich nur enttäuscht werden, zumal die Messlatte vom Hersteller selbst aufgrund des großspurigen Marketings und letztlich auch des aufgerufenen Preises schon sehr hoch gelegt wird.

Ich muss zugeben, dass ich selbst ein Fan von Roja Düften bin. Nicht aufgrund des Flakon Designs (zu viel bling bling), nicht aufgrund des Marketings („the FINEST fragrances of the world“) oder aufgrund der Innovationskraft der Düfte. Nein, es sind tatsächlich die ein wirklich hohes Maß an Natürlichkeit ausstrahlenden Inhaltsstoffe, die mich hier überzeugen. Hier kratzt nichts, hier eckt nichts an, hier findet man keine turnhallenfüllende Vorschlaghammer-Synthetik (Gruß an Mancera und Montale) mit Haltbarkeiten jenseits der 24h-Marke. Es sind einfach Düfte, die für mich mit einem hohen Wohlfühlfaktor einhergehen, an denen ich mich als Träger erfreue, ohne dabei meine Mitmenschen einnebeln zu müssen.

Viele Vergleiche wurden hier gezogen, mit Chanel Antaeus, Roja Scandal und Danger, Nishane Hacivat und sogar Dior Sauvage Elixir. Bis auf vielleicht ein ganz bisschen den letzten kann ich wirklich keinen dieser Vergleiche nachvollziehen. Sauvage Elixir habe ich jedoch nur ein einziges mal gerochen, so gesehen könnte ich hier auch falsch liegen, da ich kein gutes Duft-Gedächtnis habe. Auch wird kolportiert, dass Apex wie eine Mischung aus „x und y“ rieche. Nun ja, ich habe noch nie zwei meiner Parfums miteinander gemischt, behaupte aber dass die Mischung etwas anderes ergeben wird als die Summe der einzelnen Teile.

Wie üblich wird uns bei Roja eine ganze Latte an Noten mit an die Hand gegeben. (Marketing-)Noten oder Akkorde sind ja nicht gleich Inhaltsstoffe, sondern bestehen jeweils wieder aus einer Mehrzahl derselben. Von daher weiß ich nicht, wie ein Mensch diese einzelnen Noten alle nebeneinander wahr nehmen sollte. Trotzdem sind für mich zwei der Noten über den gesamten Duftverlauf recht präsent, und zwar sind das die Zypresse und das Eichenmoos. Ich schätze auch deshalb geht bei vielen Testern sofort die rote „Opa-Alarm“ Lampe an. Huch, ein Duft nicht ausschließlich für Teens und Twens, sondern ÄLTERE, was erlaube Roja??

Jedoch würde ich auch hier widersprechen. Ja, der Duft ist nichts für Teenager und für Studenten. Die sollten sich eigentlich auch kein Parfum für 300+€ kaufen, oder? Ich würde sagen, der Duft eignet sich hervorragend für Leute ab dem „young professional“ Alter, gerne bis zur Verrentung. Es ist nämlich ein geradezu idealer Büroduft. Ja, viele Düfte mit Chypre Struktur mit Eichenmoos in der Basis wirken manchmal etwas altmodisch. Auch kann eine recht dominante Zypresse einen Duft manchmal etwas stumpf und modrig wirken lassen. Jedoch ist dies bei Roja Apex nicht der Fall. Vielmehr schafft es dieser Duft, die eher klassisch grünen Komponenten um eine unfassbar prickelnde, fast schon brauseartige Frische zu ergänzen. Und das Ergebnis gefällt! So eine Art Tom Ford Italian Cypress mit zusätzlichem Frische-Kick. Mit „Brause“ meine ich hier jedoch keine Ahoi-Brause. Eher dieses Gefühl, wenn man seine Nase über die Oberfläche einer frisch zubereiteten Zitronen-Grapefruit-Limonade halten würde, und dabei die flüchtigen zitrischen Komponenten zusammen mit dem Pritzeln der Kohlensäure in die Nase steigen. Dabei wirkt diese Frische in Apex jedoch nicht aufgesetzt, sondern ist hervorragend mit der grünen Basis verwoben. Weiterhin hält sich diese frische Komponente erstaunlicherweise fast so lange wie die Basis. Erst gegen Ende des Duftverlaufs, nach circa 8 Stunden, zieht sich diese zurück.

Mein Fazit für diesen Duft fällt daher positiv aus. Hat Roja das Rad neu erfunden? Nein. Hat er aber auch noch nie getan. Hat Roja es wieder geschafft, eine Art verbesserte Version eines Dufts, den ich sowieso schon sehr gerne mag (Tom Ford Italian Cypress), zu kreieren? Ganz klar, ja!

Haltbarkeit: 10h+

Deutliche Projektion: 4h+


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