Brun Sicilien 2013

Doris32
29.08.2013 - 10:31 Uhr
6
Sehr hilfreiche Rezension
10
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft

Vom außergewöhnlichen Konzeptduft zum angenehmen Lederparfüm

Das Konzept der Duftreihe "scent on canvas" geht auf Béatrice Aguilar zurück, die bei der Firma Antonio Puig in Barcelona das Parfümhandwerk erlernte und mit ihrem Projekt eine Vereinigung von Malerei und Duft anstrebt.
Die Intermedialität von "scent on canvas" ist hier nicht als gegenseitige Bezugnahme und Reflexion des einen durch das jeweils andere Medium zu verstehen, sondern es handelt sich dabei eher um ein Gesamtkunstwerk, in dem das eine Medium das andere erst vervollständigt: das Visuelle gehört hier eindeutig zum Dufterlebnis dazu. Das gleiche gilt auch für das Wissen um die Inspiration, die Geschichte des Duftes.

Der Künstler Tano Pisano ließ sich von den Wandbehängen des florentinischen Palazzo Davanzati inspirieren und schuf davon ausgehend ein tiefbraunes Kaleidoskop geometrischer Figuren.

Der von der Springreiterin und Parfumeurin Alexandra Kosinski entwickelte Duft dazu ist ein herber, trockener Lederduft, dessen Name "Brun Sicilien" sich von der gleichnamigen Farbstufe auf der Palette des Künstlers ableitet.
Kopf- und Herznote des Parfüms werden dem Konzept entsprechend von einem an Ölmalfarbe erinnernden Duft dominiert, dessen Charakter etwa an Nez à Nez-Düfte wie Atelier d' Artiste oder Bal d' Afrique denken lässt. Die starke Künstlichkeit, die den Duft in diesem Stadium prägt, evoziert Bilder eines Ateliers: Paletten mit getrockneter Ölmalfarbe liegen umher und sorgen für eine gewisse Kratzigkeit; in Gläsern weichen Pinsel in Terpentin ein, und verbreiten einen stechenden Geruch. In der Erfahrung dieses Duftstadiums befürchte ich, dass Brun Sicilien eher ein spannender Konzeptduft als ein tragbarer Alltagsduft sei.
Doch geht es bei diesem Duft eben nicht nur um Kunst, denn nicht zu vergessen; die Kreateurin ist Springreiterin und von daher mit dem Duft nach Leder sehr vertraut. Und so steht die Farbe "braun" eben nicht nur für Malfarbe, sondern auch für natürliche Materialien wie Holz und Leder und auch die warme Körperlichkeit von Pferdehaar und Haut:

"the heat infused by wood as it burns on the fire, the warmth of horse’s hair transmitted to the rider’s body, the heat when wearing leather, and the warmth of a caress"

Zwar sind Leder, Holz und auch etwas leicht Verbranntes, Aschiges in diesem Duft stark präsent, jedoch empfinde ich ihn nicht als warm, sondern eher als herb. Ähnlich wie der klassisch ledrige Duft Knize Ten passt diese Herbheit prinzipiell eher zu Herren, kann aber auch an Frauen, die herbere Düfte bevorzugen passend wirken. Der Duft ist dabei nicht klar herb, sondern ihn zeichnet ein dunkles bitteres Zitrusaroma aus; er ist zudem sehr holzig und der deutlich herausriechbare schwarze Pfeffer verleiht ihm Würze.
Erst sehr spät im Duftverlauf, wenn die Basis fast erreicht ist, wird er weicher und runder, er ist nun angenehm ledrig, die Vanille kommt etwas raus, nicht zu stark, ein wenig ist der Duft nun mit Cuir Beluga vergleichbar, wenn er auch deutlich würziger und weniger vanillig sanft ist als jener - in diesem Stadium ist der Duft einfach nur ein schöner, angenehmer und tragbarer Lederduft.

Wer sich selbst ein Bild davon machen möchte, ob das Konzept, Malerei und Duft zusammenzubringen, hier aufgeht, kann ein Probenset mit einer Probe von jeweils 3ml von diesem Duft und den vier anderen Düften für 10 Euro (+ 2 Euro Versandkosten) auf der Homepage von scent on canvas bestellen.
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