Schu 1947 Parfum

Serenissima
29.10.2018 - 06:48 Uhr
18
Top Rezension
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft

"Vickers Kinder"

John Singer Sargents, als Kind amerikanischer Eltern in Florenz geboren und während seiner Jugend in Paris und London lebend, gehörte auch zu den Künstlern des Impressionismus.
Sein Traum, ein zweiter Thomas Gainsborough zu werden, erfüllt sich leider nicht.
Er lebte später in England auf dem Land; so findet man unter seinen Werken auch immer wieder Gartenszenen.
1884 entstand so die "Gartenstudie der Vickers-Kinder", die als Vorstudie für das sehr viel bekanntere Gemälde "Carnation" oder auch "Nelke, Lilie, Lilie, Rose" gilt.
Ich kann mich erinnern, dass gerade dieses Werk (Carnation) vor einigen Jahren in einem Kommentar auftauchte; durch die Gartenszene am Fluss mit Lampions in den Bäumen und malvenfarbenem Licht eignet es sich auch sehr gut zum Duft-Begleiter.
(Nur finde ich diesen Kommentar leider nicht mehr. Ich glaube fast, er gehörte zu einem L'Artisan Parfum.)

"Vickers Kinder", zurzeit im Rahmen einer John Singer Sargents-Ausstellung im Stockholmer Nationalmuseum zu sehen, fällt sofort durch seine überlebensgroßen weißen Lilien auf.
Das Kinder-Pärchen, als Nachbarskinder des Künstlers identifiziert, steht mit verschlungenen Händen mitten in diesem "Lilien-Wald"!
Kinder und sehr große Lilie vor dunkelgrünem Hintergrund - mehr zeigt das Bild nicht und doch bezaubert es auf ganz spezielle Weise.

Weiße Lilien sind, wie viele andere "Weißblüher", tagsüber recht harmlos. Erst mit Einbruch der Dunkelheit verströmen sie verschwenderisch ihren berauschenden, teilweise sogar als abstoßend empfundenen starken Duft.
So ist auch in "Schu" Parfum von Schuberth dieser kräftige Duft unverkennbar.

Die Eröffnung dagegen ist angenehm würzig: Angelika/Engelswurz und Artemisia werden hier von Sternanis begleitet.
Nur hat dieser hier nicht die Macht, "Schu" zu dominieren. Er ist hier nur eine angenehm dosierte Beigabe.
Die weißen Lilien verströmen großzügig ihr süßes Aroma, Myrrhe und Weihrauch fügen ihre eigene harzige Duftnoten hinzu: es entsteht eine außergewöhnliche Mischung.
Ylang-Ylang endlich bringt dieses duftende Herz zum Leuchten: feine Lichter, wie kleine, in den Bäumen hängende Lampions, durchziehen jetzt die Duftkomposition.
"Schu" war für die Zeit seiner Entstehung eine recht ungewöhnliche Kreation.
Man liebte schwere Chypres, die die Weiblichkeit der Trägerin noch unterstreichen sollten.
Aber jedenfalls die Basisnote entspricht den Vorstellungen dieser Zeit: erdige Vertiver-Noten korrespondieren sehr ausgewogen mit dem von mir so geliebten Zedernholz. Eine gewisse animalische Nuance wird durch eine großzügige goldene Ambra-Umarmung intensiviert.
So erhält dieses außergewöhnliche, sehr weibliche Duftgebilde seinen Höhepunkt: "Schu" schmeichelt ungemein!

Silage und Haltbarkeit liegen im Durchschnitt. Der Duftverlauf entwickelt sich wunderschön und elegant: von würzig, über blumig - sehr blumig!, bis zum würzig Animalischen, sehr Sinnlichen!
All das ist sehr ausdrucksvoll, vielleicht sogar ein wenig old-fashioned; aber es belästigt nicht.
Eher ist "Schu" Parfum einer jener Düfte, der die Anwesenheit der Frau, die ihn trägt, unterstreicht und sie auch später noch sehr präsent erscheinen lässt: diese Dame ist schon fort, aber jeder im Raum erinnert sich an sie!
Welch zauberhaftes Kompliment, das jeder Frau willkommen ist!

Gerdi hat mir also auch mit "Schu" eine der Abfüllungen geschickt, die mich begeistern und meine Vorliebe für das Klassische - auch im Duft - noch unterstreichen!
Deshalb bedanke ich mich hier ganz herzlich bei ihr!
14 Antworten