TheScent
30.06.2022 - 07:47 Uhr
9
Sehr hilfreiche Rezension
10
Preis
10
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft

Der Duft der Macchia (II)

Wenn man den Duft der Macchia auf Korsika, in Griechenland oder im Süden Italiens kennt, bekommt man eine sehr gute Idee wie Helicriss riecht.
Ich liebe diese Landschaften, mediterran, rau, struppig, widerspenstig, heiß und doch von malerischer Schönheit unter strahlend bauen Himmel. Ein Lebensraum wie man ihn nur dort findet

Ganz klar haben wir mit Helicriss ein krautiges Wässerchen welches unverhohlen dem Süden huldigt.
Einem heißen, trockenen, krautig, würzigen Süden. Die Hitze flimmernd, es ist staubtrocken und die Sonne hat erbarmungslos den Boden, die Steine und Pflanzen mit ihrer vollen Kraft erfasst. Die Pflanzen sind von zäher, ledrig widerspenstigen Art. Nur so können sie unter diesen Bedingungen überleben. All dies gibt jetzt, in der Glut des Mittags, seine verborgenen Gerüche ab, die sich ganz langsam in der flirrenden Hitze zu einer unverwechselbaren Komposition vereinen.

Der erste Sprüher ist ein Statement und polarisiert sofort. Ein solch eindeutiges Bekenntnis riecht man heutzutage eher selten. Ein zitrischer Rosmarin empfängt einen mit eindeutiger Prägnanz. Hier scheiden sich die Geister und stellt Helicriss ganz klar in die Nische. Dieser Duft ist weit weg vom Mainstream und Designer Düften.

Hat man beim ersten Sprüher Interesse gefunden, so wandelt sich der Duft recht schnell vom zitrischen Kick der Kopfnote hin zu einer wirklich maskulinen krautig-trockenen Melange.
Myrre, Lavendel, Salbei und unverkennbar die Immortelle, werden in einer sehr trockenen Vanille-Tonka Note eingebunden. Schmelzendes Harz kommt hinzu, macht den Duft etwas weicher, aber nicht lieblicher. Im Hintergrund wird noch wilden Fenchel eingebunden, was den Eindruck einer leichten Lakritz Note gibt.

Im Herzen verbirgt sich das Patchouli, ebenfalls in seiner herb-trockenen Variante.
Doch gibt es den Kräutern und Gewürzen eine balsamische Hülle, die fast pudrig wirkt und dem Duft eine noblen Unterton verleiht.

Wer noch nie die Macchia in natura erlebt und gerochen hat, wird diesen Duft nur schwer lesen können. All jene, welche diesen einmaligen Lebensraum erlebt haben und ihm verfallen sind, wird er mit auf Reisen nehmen. Über weiter Hügel, Täler und Berge, antike Tempel bis hin zum azurblauen Meer das in der Ferne funkelt.

Helicriss ist wirklich kein einfaches Wässerchen. Der Duft ist eindeutig männlich und hier kann ich ihn mir nicht an Männern unter 30 vorstellen. Eher 40+ mit einem leger-klassischen Kleidungsstil. Ich bin immer wieder erstaunt wie Kleidung und Duft einander bedingen können. Eine gewisse Ernsthaftigkeit in der Kleidung begünstigt auf jeden Fall die Wirkung dieses Duftes. Männer deren Selbstbewusstsein in den Meinungen andere wurzelt und die dem eigenen Ausdruck nicht trauen wollen/können, sollten unbedingt die Finger von diesem Duft lassen.

Es handelt es sich hier im einen eindeutigen Sommerduft. Einen großen Fehler begeht man, wenn man Helicriss in einer kühleren Jahreszeit testet. Man sollte bei diesem Duft unbedingt Temperaturen ab 24Grad abwarten und dann erst testen!

Die Haltbarkeit ist bei mir so 10 Stunden plus, die Sillage ist gut wahrnehmbar.
Packaging finde ich sehr persönlich, was mir gut gefällt und der Flakon ist wie bei allen Delacourte Düften ein wirklicher Handschmeichler.

Es gibt Tage, an denen sehne ich mich nach den wilden Landschaften der Peloponnes. An diesen Tagen trage ich Helicriss. Und wenn ich dann die Augen schließe, ist es um mich geschehen.

P.S.
Der Duft der Macchia I ist Maestrale von Profumi di Pantelleria welcher das gleiche Thema hat, doch deutlich frischer (grüner), feiner und leichter. Eher die heitere Morgenstimmung in der Macchia.
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