Phtaloblue 2020

Sisyphos
02.03.2021 - 11:52 Uhr
7
Top Rezension
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
7
Duft

Werk ohne Autor

Phtaloblue. Augenblicklich schießen mir Bilder einer Kunstausstellung (abstrakte Malerei) durch den Kopf. Und eine Schwimmbad-Assoziation stellt sich auch gleich ein. Es dampft ordentlich und von draußen weht ein frischer Wind herein, der sich mit dem Chlor und dem freudigen Kindergeschrei im Schwimmbad vermengt. Phtaloblue ist aber artifiziell. Das Herausfordernde liegt auch in seinem Genre: Phtaloblue ist ein Aquat. Das bedeutet häufig, dass eher wenig Entwicklung und Komplexität zu erwarten sind – es sei denn, man mischt Salzig-Mineralisches mit rein. Das ist hier nicht der Fall. Der Duft bleibt klar, verkopft, theoretisch. Tatsächlich bin ich der Meinung, dass hier die Farbe „Blau“ in gewisser Weise in einen Duft überführt wurde. Das ist zunächst einmal spannend. Synästhetisch sozusagen.

Phtaloblue ist für mich letztlich ein Werk ohne Autor. Dabei verstehe ich den Filmtitel als Anleihe und will nicht auf inhaltliche Parallelen hinaus. Für mich hätte der Duft von einer Maschine komponiert werden können. Ich meine das nicht despektierlich. Es ist aus meiner Sicht schlicht herausfordernd, einzelne Elemente zu identifizieren. Rosengeranie, Orangenblüte, Lavendel. Davon hatte ich mir viel versprochen. Hier scheint jedoch alles ein wenig zu diffundieren. Fenchel klingt interessant und wenn man es weiß, ergibt es durchaus Sinn. Ich wäre aber von alleine vermutlich nicht drauf gekommen.

Trotz allem ist Phtaloblue für mich ein solider bis guter Aquat mit eben solider bis guter Projektion und Haltbarkeit. Die Neudefinition des Genres „Aquat“ sehe ich nicht. Es ist schwierig, hier eine Beziehung aufzubauen. Natürlich ist der Duft sehr gut tragbar, immer und überall. Saisonal gesehen haben wir hier ein dezidiertes Sommer-Parfum. Stilistisch und von der Grundidee sehe ich Ähnlichkeiten zu L´Eau von Serge Lutens, der zitrischer und dadurch auf eine gewisse Art zugänglicher ist und am Ende deutlicher Richtung weiße Wäsche weist, während Phtaloblue Wasser will. Beide setzen für mich jedoch ein recht klares Statement und verfolgen das Konzept Anti-Duft.
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