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40 Knots 2012

Duesenduft
23.04.2021 - 09:40 Uhr
46
Top Rezension
5
Preis
10
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft

Warum 40 Knots unter falschem Namen segelt und eigentlich Naxos heißen müsste

Ich gebe zu, ich habe lange mit mir gerungen, ob ich XerJoffs 40 Knots testen soll. Irgendwie hatte ich beim Lesen der einschlägigen XerJoff-Besprechungen immer den Eindruck, dass die Marke sich eher an jüngere bis mittlere Semester wendet, die wuchtig dreinschlagende Düfte bevorzugen. Ich, der ich aus dem Club-Live-Alter so langsam raus bin – naja, Jazzclubs mal ausgenommen – ordne mich eher im klassisch-konservativen Teil des Duftuniversums ein, bin aber Experimenten und avantgardistischen Ausreißern durchaus nicht abgeneigt. Und mit ein bisserl Segelerfahrung in der türkischen Ägäis und in der dänischen Südsee schien mir das maritime Glückseligkeitsversprechen von 40 Knots durchaus eines Reinschnupperns wert. Auch wenn die angedeutete Geschwindigkeit im Namen eher auf ein Speedboot verweist …

Damit es überhaupt dazu kam, vorab mein herzliches Dankeschön an Mit-Parfumo Sergio0908, der mir eine angemessen dimensionierte Probe überließ. Was eine witzige Begebenheit war, denn es stellte sich heraus, dass wir fast Nachbarn sind. Tja, manchmal liegt das Gute eben nah. Danke Sergej!

Zurück zu XerJoffs 40 Knots …

In der Kopfnote begrüßt mich eine heftige, frische Brise. Statt auf Zitrustöne gestützt wird sie von Minze und Pfeffer hereingeweht. Hui, das geht ja schon mal gut zur Sache! In der folgenden halben Stunde geht sie nahtlos über in einen Zimt-Muskat-Mix, zu dem sich fast sofort ein Jasminton gesellt. Eine sehr angenehme süß-salzige Note baut sich auf.

Frage: Ist das noch ein Aquat oder schon nicht mehr? Ich bin mir uneins. Ich versuche mir von mediterraner Sonne gebleichte Teakholzplanken auszumalen. Das salzige Meerwasser, das bei der letzten, reichlich sportlichen Wende vor dem Einlaufen in den Yachthafen noch übers Deck sprühte, ist längst verdunstet. Reste von Salz haben auf den Planken auskristallisiert. Hm. So wirklich wollen mir die seefahrerischen Assoziationen nicht gelingen, es fehlt an Plastizität. Nein, 40 Knots ist kein Popeye-Aquat, nicht wirklich. Aber vielleicht spiegelt dieser XerJoff-Duft ja stattdessen einen entspannten Abend am Kai einer kleinen Marina auf irgendeiner Kykladen-Insel wider, kaum Wind, die Dünung schwappt träge um die knarzigen, von Muscheln zerfressenen Holzpfosten, die den Bootssteg abstützen. Draußen dümpelt eine 38“ Beneteau, erwartet ihre vom Ouzo beduselte Mannschaft zurück vom Landgang …

Nach, wie mir scheint, Stunden geht die Herznote sanft über in die Basisnote. Vanille, Amber, Moschus und eine Brise Zedernholz dominieren nun. Gleichberechtigt, kein Kapitän zu sehen, scharen sie sich würzig um einen Rest süßer Salzigkeit und lassen den langen, sonnigen Tag Revue passieren, bis es Zeit wird, sich in die Kojen zu verziehen. Allerdings, bis es so weit ist, das dauert und dauert und dauert …

Kategorische Bewertung:
Würzig-holzig-süß

Olfaktorische Bewertung:
Kopfnote: Marokkanische Minze und grober schwarzer Pfeffer
Herznote: Zimt, Muskat, Jasmin
Basisnote: Vanille, Amber, Moschus, frisches Zedernholz

Assoziative Bewertung:
Farblich: Smaragdgrün, hellblau, reinweiß, waldhoniggelb
Taktil: ausgebleichtes Treibholz, poliertes Teak, Messingbeschläge
Musikalisch: Mikis Theodorakis „Canto General“
Literarisch: Nikos Katzantzakis „Alexis Sorbas“
Bildende Kunst: Sokratis Evgenidis „Santorini Magic 14“ (2020)
Architektur: Traditionelle Kykladen-Architektur

Fazit: Ein formidabler Duft, der eigentlich alle Versprechen einlöst, für die XerJoff steht – feine Komposition, hohe Qualität, exzellente Haltbarkeit, sehr gute Sillage. Das alles in einem opulenten Flakon präsentiert. Und zu nahezu jeder Gelegenheit tragbar. Ein Platz auf meiner Wunschliste ist ihm somit sicher.

Nur: Vielleicht hätte für diesen Duft der Name Naxos besser gepasst als die 40 Knots? ;-))
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