Vibe

Erba Pura 2013

AenjoyNow
07.11.2021 - 13:31 Uhr
21
Hilfreiche Rezension
6
Preis
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
5
Duft

No Mercy

Bitte vergebt mir, aber leider glaube ich jetzt nach dem vierten, ausgiebigen Xerjoff Test, dass ich die alle nicht mag. Ich komm da nicht ran. Da ist bei allen irgendetwas drin was ich abartig finde und was sich immer wie ein Schlag ins Gesicht anfühlt. Es gibt nichts Verborgenes, keine subtile Sexiness sondern eher sowas wie Schlauchboot-Lippen und gemachte Titten...Sorry, dass ist jetzt politisch sehr inkorrekt aber so fühlt es sich für mich an...

Dieses Phänomen bringen einige der beliebten, modernen und gehypten Nischen Düfte mit, die allesamt mit erdrückender Sillage, atomarer Haltbarkeit und einer Präsenz wie ein narzisstischer Bulldozer beeindrucken. Dabei aber, meines Erachtens nach, weit über das Ziel hinaus schießen und mich mit Ihrer Intensität erschlagen.
Was mich wiederum dazu bringt, zu befürchten, dass viele Menschen heutzutage offenbar diese Überstimulation, die da passiert, als Normalität in unserem hyper-zivilisierten, technisierten Alltag zu akzeptieren beginnen. Netflix, TikTok, Porn und eine Overdose Social Media - ununterbrochen, all day long. Und dabei leben wir ja hier nur in Mitteleuropa, wie mag das dann erst in SupersizeMe-America aussehen? Gerade gestern erlebte ich leider das Gleiche mit Delina von Parfums de Marly. Ich weiß, jetzt kriege ich gleich doppelt Ärger von den Fans, es tut mir leid *hüstel*.
Dabei bin ich absolut kein Gegner von Molekülen und dem richtigen Maß an Synthetik, ganz im Gegenteil.

Zum Duft: Schon das Schnüffeln am Zerstäuber lässt mich überdosiertes Ambroxig-Schwitziges erahnen und es bildet sich sogleich dieses unangenehme Ziehen an den hinteren Nasengängen bis in den Hals hinab. Der erste (und einzige) Sprüher bestätigt mir leider, dass ich zu schwach bin und jenes ultra konzentrierte Retortenwässerchen zu stark. Als der Frontalangriff sich etwas gelegt hat, kann ich künstliche Blumen riechen. Und Kaugummi. Leider gelingt es mir nicht, dies näher zu definieren. Die Süße und Quietschigkeit lässt auch nach 40 Minuten nicht nach. Einen Verlauf nehme ich nur insofern wahr als dass das Stechende immer weniger wird. Die Gesamterfahrung ist einfach sehr intensiv und ganz sicher gibt es Viele, die genau das suchen und lieben - ich gehöre in diesem Fall eher nicht dazu.

Immerhin gefallen mir die kitschigen, samtigen Flakons total super und es scheint insgesamt ein kunstvolles Konzept dahinter zu stecken mit diesem „Auf die Fresse“-Charakter, was dem Ganzen wiederum als gewollte Performance des Überladenen eine bessere Einordnung schenkt und mich zumindest als Ästhetin besänftigt.
Es muss wohl zu allem immer eine Gegenerfahrung geben: Statt zart, sanft, subtil und mystisch eben viel, doll, laut und drüber. Darauf muss ich mich jedenfalls in Zukunft bei diesen Granaten besser einstellen, wenn ich mich da, trotz allem, weiter herantrauen sollte.
Denn eines ist sicher: Auch wenn es jetzt zu krass ist, kann es ja ein anderes Mal anders sein. Man sollte immer offen bleiben für neue Eindrücke.
9 Antworten