DerDefcon
13.09.2021 - 17:01 Uhr
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Top Rezension
10Duft 9Haltbarkeit 8Sillage 9Flakon

Duftzwilling vom APOM? Auf zum Vergleich!

Wie gut, dass es hier auf parfumo.de ein Update gab und in der entsprechenden Menu-Leiste nun nicht mehr von "Duftzwilling", sondern von "Ähnlich" gesprochen wird. Soweit ich mich nämlich recht entsinne, war "Kobe" aus dem Hause Xerjof schon damals, als diese Änderung noch nicht vorgenommen wurde, als ein angeblicher Zwilling vom "APOM" angegeben - beziehungsweise umgekehrt. Schon damals runzelte ich die Stirn, schmunzelte ein wenig und wollte das nicht so ganz glauben, handelt es sich bei APOM - leider wurde er eingestellt - um ein Glanzstück minimalistischer Duftkunst. Orangenblüte, Amber und Zedernholz ... das war es auch schon. Und "Kobe"? Nun ja: Bergamotte, Labdanum, Orange, Neroli, Orangenblüte, Petitgrain, Oud, Benzoe und so weiter und so weiter. Kurz: Ein Duftzwilling ist das auf gar keinen Fall. Ähnlichkeiten sind aber durchaus vorhanden. Vergleichen wir doch einfach mal.

Beginnt der "Kobe" mit einer äußerst scharfen, für viele Nasen mit Sicherheit sogar unangenehmen Zitrik, die in ihrem bitter-herben Charakter kurzzeitig mit so manchem Chypre konkurrieren könnte, besticht der Auftakt des kurkdjianischen Meisterwerks mit einer schwülstigen Orangenblüte. Nix mit scharfer Bergamotte oder spritziger Orange. Aber schnell wieder zurück zu "Kobe".
Schon nach wenigen Minuten wird der sehr harsche Auftakt durch eine Orangenblüte abgemildert, die zwar süß und präsent, jedoch keineswegs so erdrückend wie in "APOM" in Erscheinung tritt. Das teilweise unangenehm Herbe vermischt sich mit der Süße, sodass eine perfekte Balance zwischen fruchtiger Würze und floraler Süße hergestellt wird.
Während "Kobe" die soeben beschriebene Entwicklung durchmacht, wird auch beim "APOM" eine Veränderung nach dem ersten Aufsprühen riechbar. Es setzt der Amber ein, welcher der Orangenblüte die anfänglich überwältigende Süße nimmt, ihr zusätzlich eine interessante Staubigkeit verleiht und dadurch auch das Schülstige ein wenig zähmt, das es so im "Kobe" zu keinem Zeitpunkt gibt. In diesem ist schließlich - ich sagte es bereits - die recht spezielle Zitrik die Herausforderung und weniger das Florale.

Nachdem Phase 1 und 2 bei beiden Düften überstanden sind, trennt sich in der dritten Phase die Spreu vom Weizen. "APOM" besticht in dieser durch eine sehr deutliche Zedernholznote, die der staubig-ambrierten Orangenblüte ein holziges Fundament beschert, welches olfaktorisch ein wenig an einen Bleistift erinnert. "APOM" ist damit ein sehr trockener, irgendwie schmutzig-staubiger Orangenblütenduft und grenzt sich von "Kobe" mehr als nur ab.
Der Xerjoff mag zwar auch holzige Noten in der Basisnote gelistet haben, doch vernehme ich von diesen wahrlich nichts. Stattdessen kommt Benzoe zum Vorschein, das der Komposition einen sehr cremigen und sehr warmen Charakter verleiht. Die milde Süße der Orangenblüte und die leichten Anklänge der zu Beginn noch harsch-herben Zitrik sind weiterhin parallel wahrzunehmen, wobei hier nichts mehr in der Nase sticht oder piekst. "Kobe" schafft es so, eine Menge gleichzeitig zu sein - nämlich einerseits frisch, andererseits floral und dabei gleichzeitig cremig-warm. Alles gleicht sich aus, nimmt dem Duft so aber auch seine Ecken und Kanten.
Der "APOM" hingegen ist schon allein wegen seiner staubigen Orangenblüte bereits Ecke und Kante genug und damit der in meinen Augen deutlich gewagtere Duft, bei dem unser Francis nicht auf entschärfende und auf Alltagstauglichkeit zurechtstutzende Zitrik setzt wie es übrigens bei Xerjoff generell sehr häufig der Fall zu sein scheint. Ich erinnere nur, ohne das jetzt negativ zu meinen, an "Uden" oder auch denn allseits beliebten "Naxos".

Am Ende kann ich für mich sagen, dass ich beide Düfte sehr gerne trage. Auch musste ich mich an beide erst gewöhnen. "APOM" war damals keine Liebe auf den ersten Riecher, ähnlich wie auch der "Kobe". Beide Düfte haben eine zentrale Stärke und ebenso auch eine zentrale Schwäche. So glänzt der "APOM" durch seine Ecken und Kanten und seine Einfachheit, kann jedoch zugleich von mir nicht regelmäßig getragen werden, denn erstens benötigt dieser Duft höhere Temperaturen, um in all seiner Pracht zur Geltung zu kommen, und zweitens wird er bei kontinuierlichem Tragen auch für Liebhaberinnen und Liebhaber schnell mal zu anstrengend. "Kobe" kann da schon deutlich unkomplizierter aufgelegt werden, gilt es hier immerhin lediglich, den doch etwas speziellen Auftakt zu überwinden. Im Alltag eckt dieser Xerjoff - trotz seiner Komplexität - damit weniger an. Wird dieser Duft vielleicht irgendwann etwas langweilig? Eine Frage, die man sich durchaus stellen kann und gemessen am Preis vielleicht auch sollte!

PS: Müsste ich mich innerhalb der Shooting Stars - Kollektion für einen Duft entscheiden, würde es wahrscheinlich der "Uden" werden ... nur so am Rande.
5 Antworten
TurbobeanTurbobean vor 4 Jahren
Deine Rezension finde ich richtig gut. Nur der Bewertung kann ich mich nicht anschließen. Sehe den viel schwächer.
SousukeSousuke vor 4 Jahren
Eine wirklich schön differenzierte Analyse, die du anstellst. Da ich beide habe und gern und regelmäßig trage, kann ich deinen Ausführungen absolut folgen. Hat mich besonders gefreut, dass du den Bleistiftvergleich beim APOM herangezogen hast. Das erlebe ich ganz genau so. Den Kobe empfinde ich ebenfalls etwas weicher. Der erinnert mich manchmal so ein bisschen an Räucherstäbchen im eine Welt Laden. Zumindest ganz entfernt. ;-)
LeSamouraiLeSamourai vor 4 Jahren
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Sehr schöne Rezension :)
SmoetnSmoetn vor 4 Jahren
Tolle Rezension und guter Vergleich. Ich bin ja ein Fan vom APOM und dabei bleibt es auch ;)
OldfactiveOldfactive vor 4 Jahren
Schöne Rezension. Habe ich gerne gelesen. Den APOM mochte ich auch. Aber nie genug um einen Flakon nach Einstellung des Duftes zu sichern. Der war mir dann doch zu floral. Wird hier beim Kobe offenbar ähnlich sein.