9.0 2015

JackyJacky
02.02.2022 - 15:00 Uhr
16
10
Preis
8
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft

Synthetik-Ästhetik

Bevor ich auf diesen konkreten Duft zu sprechen komme, erlaubt mir bitte einige pseudophilosophischen Überlegungen zu einem irgendwie sehr gegenwärtigen Phänomen.
In unserer Zeit (und in diesem Forum) gibt es immer wieder Kritik an sogenannter Synthetik, Künstlichkeit, Unnatürlichkeit, dies sind Eigenschaften welche zumeist direkt negativ konnotiert und abgewertet werden. Die Assoziationen: Kaltes Neonlicht, Menschen in weißen Kitteln oder gelben Ganzkörperanzügen die mit Pipetten über mit neonfarbenen Flüssigkeiten gefüllten Erlenmeyerkolben hantieren... Was vergessen wird: Alles um uns herum ist mittlerweile unnatürlich, synthetisiert; eben dies ermöglicht uns so zu leben wie wir es tun.

Dem diametral gegenüber findet sich oft eine Lobeshymne an die "Natürlichkeit". Das Sinnbild: ein knackig-grüner, vor Vitalität strotzender Apfel, dessen säuerlich-süßer Saft beim laut knirschenden Hineinbeissen in Zeitlupe aus dem Mundwinkel tropft, während die ganzen gesunden Vitamine (etc.) unseren Körper von innen verwöhnen und die dem Apfel zugeschriebenen positiven Eigenschaften auf unser Leib und Geist übertragen... Auch hier findet sich Vergesslichkeit; vergessen ist die Grausamkeit der Natur, die Rohheit und Gnadenlosigkeit, die unerbittliche Ungerechtigkeit die sie mit sich bringt.

Ich komme nicht umhin zu hinterfragen, wieso es in unserem Zeitgeist so ein Denken und Werten gibt. Und wieso dieses Spektrum überhaupt ein Richtwert in der Bewertung von Düften sein sollte.
Wer wirklich einen "natürlichen" Duft haben möchte, der könnte sich direkt mit den Duftnoten einreiben. Klar, bei Bibergeil wird das schwierig, aber eine Scheibe Zitrone unter die Achsel bekommt man wohl hin *zwinker*
Mein Punkt: Das Tragen eines Duftes ist doch eine unnatürliche Sache an sich. Deswegen ist das Miteinbeziehen der (Un-)natürlichkeit des Duftes in die Bewertung etwas ironisch.
Dies ist natürlich nur meine Meinung und gerne höre ich dazu Gegenstimmen.

Aber aus diesem Grund nehme ich mir vor bei der Bewertung eines Duftes das Attribut der fraglichen Natürlichkeit komplett außen vor zu lassen.
Was ergibt sich dann beim Zara 9.0 (an dieser Stelle vielen Dank an Jamiku für den Tausch!)?

Eine sehr würzig-pfefferige Eröffnung, ein pudrig blumiger Verlauf, eine "synthetisch"-angenehme Basis, die bei mir irgendwie die Assoziation zu Marmorstein weckt. Nicht dass dieser riechen würde, aber irgendwie riecht der Duft für mich so wie Marmor gemustert ist.
Richt der Duft natürlich? Im Sinne mancher Parfumopuristen sicherlich nicht. Muss er damit schlecht sein? - Nö!
Die Haltbarkeit? Auf Kleidung ganz entspannt am nächsten Tag wahrnehmbar, auf der Haut mit Bravour überdurchschnittlich lang haltbar.
Der Flakon im Jargon eines jungen Zara-Kunden? "Köftespieß!" (=gut!)
Ist er raumfüllend? Zum Glück nicht! Aber solch ein Duft hat auch nicht die Absicht so zu sein. Er zieht eher an als extrovertiert zu schreien.
Fazit: bei Zara gibts vereinzelt auch gute Düfte die auch zwei Stunden auf der Haut getrost überstehen und vor allem im Hinblick auf den geschenkten Preis jeden Versuch wert sind.
PS: Jede Parallele meiner Ausschweifung zu gegenwärtigen Themen ist rein zufällig.
2 Antworten