Collection Matières

Velvet Tonka 2021

Sniffsniff
24.03.2024 - 11:57 Uhr
14
Hilfreiche Rezension
3
Preis
6
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
4
Duft

Bekenntnisse einer Marzipanhasserin.

Velvet Tonka fand als großzügige Duftpostbeigabe in Form einer kaum angetasteten 3-ml-Essenza-Nobile Abfüllung den Weg zu mir. Hier machte sich bereits ein leiser Anflug von Skepsis breit. Der Duft schien scheinbar nicht den Geschmack seiner Käuferin getroffen zu haben.

Ich hatte Velvet Tonka für mich nicht wirklich auf dem Schirm - BDK ist, bis auf Vanille Leather, der hier nicht sonderlich viel Anklang zu finden scheint, bislang nicht unbedingt meine Marke. Zu plakativ, teilweise arg synthetisch, oft eindimensional.

Und mit Mandeln habe ich generell gewisse Schwierigkeiten. Nein, da muss ich differenzieren. Mandeln sind großartig - aber Marzipan ist mein Kryptonit. Ich bin Marzipanaversionista. Zuckerklebbäh. Gab es zu Weihnachten schicke Präsente aus dem Hause Niederegger, habe ich diese bevorzugt am zweiten Schultag nach den Ferien gegen Hausaufgaben getauscht. Stabile Währung.

In Erwartung eines starken, vermutlich sehr süßen Marzipanduftes sprühte ich Velvet Tonka auf meinen Handrücken. Dreimal fzzzz. Und zack. Selbsterfüllende Prophezeihung. Die Marzipankeule schlägt unbarmherzig zu. Latthammer auf Stirnmitte. Ich befinde mich in Sekundenbruchteilen in einer dichten Wolke aus schreiend süßem Kratzmarzipan. Das Velvet besteht hier offensichtlich aus borstigen Synthetikfasern. Samt geht definitiv anders. Auch nach dem Verfliegen der intensiven Alkoholbegrüßung kratzt es munter weiter.

Es hilft nichts, ich muss jetzt los. Edeka ruft, der Laden schließt bald. Mein Auto ist klein, sehr klein. Die Fahrgastzelle ist ein dankbarer Duftträger. Ich rieche Marzipan, Marzipan, Marzipan. Oder vielleicht doch eher Persipan. Das günstige Substitut. Denn meine Niederegger-Präsente rochen deutlich angenehmer und nicht so stechend-bittermandelig-artifiziell.

Als ich nach dem Einkauf an der Kasse stehe, kann ich die Marzipanwolke, die mich umgibt, fast sehen. Sie ist ockergelb. Ich schäme mich, fühle mich angestarrt. Ich silliere hemmungslos. Der Mann hinter mir tritt einen Schritt zurück. Nehme ich ihm nicht krumm, hätte ich nicht anders gemacht. Ich fühle mich verkleidet. Diese Süße, dieses Essbare. Das bin ich nicht.

Später am Strand ist es luftiger, jetzt mischt sich eine subtile Orangenblüte ins Geschehen. Das Marzipan macht peu à peu der Tonkabohne Platz, die ja auch von Haus aus eine gewisse Marzipanigkeit mitbringt - aber eben nicht mehr in der Intensität des initialen Mandelakkords. Da schwingt auch etwas Vanille mit. Aber der Grundton bleibt süß und synthetisch. Immerhin wird er jetzt etwas gnädiger, büßt ein wenig von seiner kratzigen Gnadenlosigkeit ein. Er gefällt mir immer noch nicht.

Ich bin froh, dass ich den Duft nur auf den Handrücken und nicht an meinen Hals gesprüht habe. Da wäre mir vermutlich der Kragen geplatzt.

Es geht mir mit Velvet Tonka nicht anders als mit vielen anderen getesteten BDKs - zu plakativ, arg synthetisch, eindimensional.

Aber wat dem een sin Uhl, is dem annern sin Nachtigall.
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