DufterMann
22.05.2022 - 02:08 Uhr
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Top Rezension
9
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft

Faszination der Gegensätze

Es gibt Düfte im Leben die begeistern uns, welche die uns Jahre lang nicht aus dem Kopf gehen wollen, die uns an unsere Kindheit erinnern, das erste Date, an einen besonderen Tag mit einem besonderen Menschen, vielleicht auch an einen besonderen Ort, oder an ein besonderes Ereignis...
Es gibt aber auch Düfte, die wir so schrecklich finden, dass wir sie zwar vergessen wollen, aber nicht können und es nur einen Schnips braucht, um die Erinnerung zu reaktivieren.

In der Zeit in der ich mich intensiv mit Düften beschäftigt habe, ist mir ein gewisses Muster bei mir aufgefallen, Noten die mich direkt in ihren Bann ziehen und welche die mich am Liebsten sofort zum Waschbecken rennen lassen und wo es mir schwer fällt, den Verlauf abzuwarten. Ich bin auch keiner dieser Typen, die sich ein Parfüm über Tage schön reden wollen... Entweder es gefällt oder nicht.

Und dann stolperte ich bei meinem Streifzug über Boa Madre und ich kann euch nicht sagen, warum ich mir eine Probe dieses Duftes bestellt habe, denn eigentlich bekomme ich bei animalischen Noten wie Bibergeil sofort einen Würgreflex, Tuberose ist auch nicht mein Fall, Leder in Düften häufig schwierig(oder zu langweilig) und auch Tonkin-Moschus ist mir meistens zu dreckig. Und all diese Noten sollen hier prominent sein.

Da ich aber auch ein ungeduldiger Mensch bin, sind gleich alle 5 bestellten Proben erstmal auf einen Teststreifen gewandert und beim Boa Madre rückte alles Andere in den Hintergrund. Fruchtige überreife Bananen im Milchshake, schwere narkotische Blüten wie Tuberose und Jasmin, fast Feigenartig grün wie in Ashoka von Neela Vermeire, im Hintergrund lauern die animalischen Noten, doch hier geben sie dem Duft seinen Reiz, erinnern an das Fell unserer Katze, bewahren den Duft davor zu süß zu werden und rauben mir sofort den Verstand. Und eigentlich müsste der Duft aus meinem Raster fallen, denn je weiter er voranschreitet umso mehr übernehmen die animalischen Noten das Zepter, eine gewisse Cremigkeit bleibt, er dunkelt ab, wie eine Schlange die Dich zuerst betört und ohne dass Du es merkst sich um deinen Hals windet und Dir langsam die Luft zum Atmen raubt. Boa Madre wirkt in diesem Stadium schon leicht provokant, aber dennoch tragbar und vielleicht auch wegen seiner dreckigen Unternote betörend und erotisch und dann schlägt der Duft teilweise wieder um und zeigt Dir seine nette Seite. Zum Ende bleibt dann noch ein Hauch eines cremig dreckigen Moschus-Leder-Duftes.

Normalerweise würde ich den Duft eher an kälteren Tagen sehen, aber mich persönlich konnte er auch bei sommerlichen Temperaturen von 25-30 Grad noch um seinen Finger wickeln.

Was lerne ich daraus? Manchmal muss man einfach über seinen Schatten springen und ein gewisser Blick über den Tellerrand kann auch nicht schaden. Cristian Cavagna hat mir mit Boa Madre gezeigt wie schön die Welt der Tuberose und der Animalik sein kann.

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