Divine Perversion 2021

EauSavage
20.09.2021 - 09:47 Uhr
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Top Rezension

Bianchi on the rocks

Als ich meinen Nischenduftdealer im Veedel fragte, wann er den neuen Goodsir Corpus Equus erwartet, informierte er mich wohlwissend um meine Duftfetische über diesen neuen Bianchi und ihre neue Marke. Da war ich direkt hot. Dann erwähnte er den Namen - "Divine Perversion" - und jetzt war ich horny. Ein Bianchi mit diesem Namen! Und mit Leder! Yes! Das muss es doch sein. Gedanklich hatte ich ihn bereits vorbestellt.

Wieder zuhause ab ins Netz. Hmm, der Marken- und Duftname auf diesem Flakon so und überhaupt. Ist das nicht doch alles was zu plakativ? Weitergelesen, der Hedonik Store war noch nicht freigeschaltet, die Instagram-Seite dazu auch nicht, aber als es dann soweit war und ich die zusätzlichen Leder-Accessoires sah und das Fashion-Konzept zur Marke, da wuchs meine Skepsis. Zum Glück hatte ich ihn ja nicht vorbestellt.

Dann durfte ich zwei Tage mit dem Duft verbringen - vielen Dank, lieber Herr Dubben!

Divine Perversion startet mit einem ganzen Korb prächtiger, reifer Himbeeren, der rosa Pfeffer gibt den üppigen Früchten genug 'Pfeffer', dass keine Marmelade gelöffelt werden muss, hier wird mit prickelndem Himbeersekt angestoßen. In einem Interview nennt Francesca Bianchi diese Eröffnungsphase "sparkling sweetness". Klasse!
Für mich kommt auch schon früh die Rose aus dem Herz dazu, vom Leder bekomme ich die ersten Stunden nichts bis kaum etwas, aber sicher dient es untergründig, vielleicht fängt es auch die Künstlichkeit der per se synthetischen Fruchtnote ab. Jedenfalls ist das Leder laut Bianchi eine vertikale Note, die von Anfang bis Ende dominiert.
(Übrigens, sollte jemand ob der Kombi von Leder und Himbeere an Tuscan Leather & Co denken, vergesst es, Divine Perversion ist nicht in Sprühnähe.)

Die erwähnten ersten Stunden sind ganz schön lang, das sind keine Kopfnoten, das sind Dickkopfnoten. Die Himbeere ist drei, vier Stunden deutlich präsent und erst dann kommt mit der Irisbutter etwas vom gewohnten Bianchi-Feeling auf. Die Rose ist mit dieser Zeit gewachsen und ja, da ist auch Karamell, aber es ist dunkel und leicht salzig, kein gourmandiges Karamell. Dankeschön, liebe Francesca!
Die Herznote ist eher ein fließender Übergang und zügig verschmiltzt alles mit der - wirklich wunderschönen, sanften Basis. Bis dahin ist längst mehr Leder eingetroffen und macht sich zunehmend breiter, es ist neues, helles Leder und in Harmonie mit Holz und Amber geht das Extrait in ein langes Verbleiben. "Animalische Noten" nehme ich hier nicht mehr wahr, auch deren Erwähnung in der Duftpyramide hilft da nicht bei.

Divine Perversion ist als Konzeptduft absolut gelungen. Bei der Marke Hedonik geht es um "Pleasure, elegance and sensuality" und all das finde ich im Duft wieder. Ob man den so liebt, dass man ihn divine findet, ist Ansichtssache, jedenfalls kam so das 'Divine' vor das 'Perversion'. Ein befreundeter Tester oder testender Freund fand ihn nämlich divine.
Perversion, nada. Das ist ein sehr sinnlicher Duft und für mich gerade noch substanzvoll markant genug, um ihn unisex einzuordnen. Meine Prognose ist aber, dass ihn mehr Frauen als Männer tragen und lieben werden.

Francesca Bianchi hat in diesem Interview gesagt, dass Divine Perversion nicht so gewagt oder kühn ("daring") sei wie The Lover's Tale oder Under My Skini, aber ebenfalls eine gewisse Animalik mitschwingen würde, aber "more relaxed".
Ich passe hier. Wer in meine Sammlung schaut, versteht mich sicher besser, jedenfalls fehlte mir hier die Wucht und Tiefe, die ich an meinen Bianchis so sehr bewundere. Die Himbeerstunden dauern mir zu lang, die Herzphase zu kurz und die späte, lange Basis ist für mich vor dem Hintergrund meiner Sammlung nicht speziell genug.

In diesem Fall gebe ich (noch) keine Duftbewertung ab. Als Match zum Konzept wäre das eine 10 für mich, eingeschätzt als Duft jenseits meiner Vorlieben mindestens eine 8, gemessen an meinen vorfreudigen, falschen Erwartungen eher eine 5 oder 6, aber das wäre irgendwie auch nicht richtig.

Zwei Tage nach diesen zwei Tagen, noch in derselben Woche, traf dann Corpus Equus ein und ist wehenden Schweifes in meine Sammlung galoppiert.
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