Das Schlachtfeld - Revolution von Lisa Kirk/Ulrich Lang (Testbericht)

Lisa Kirk gehört zu den wohl exzentrischeren Künstlerinnen von New York. Das beste Beispiel hierfür ist ihr kontroverses Parfum "Revolution". Kirk begab sich auf eine Reise und suchte die Menschen auf, welche am Puls des Geschehens kämpfen, eine Revolution führen. Sie befragte ebendiese Menschen nach dem ,,Geruch der Revolution". Die Antwort: Es riecht nach Blut, Rauch, Schweiss, Tränengas und Urin. Das hört sich unangenehm an? Ich kann alle empörten Nasen beruhigen, die oben genannten ,,Düfte" sind nur Assoziationen, welche das Parfum von Lisa Kirk hervorrufen soll. Patricia Choux, Kreateurin des Duftes, wählte für Revolution eine Mischung aus Ambra, Birkenteer, Hölzern, Leder, Moschus, Vetiver und Zibet um den Wünschen von Kirk zu entsprechen. Das Ergebnis soll gewagt sein, aber keinesfalls untragbar. Nachdem Lisa Kirk den Geruch der Revolution eingefangen hat, brauchte es nurnoch den richtigen Flakon. Und dieser kommt in Form einer Rohrbombe, hergestellt aus Gold, Silber oder Platin. Für ein Exemplar zahlt man zwischen 4.000€ und 50.000€. Durch diesen exorbitanten Preis fristete der revolutionäre Geruch ein Nischendasein. Erst Ulrich Lang konnte Kirk überzeugen, eine ,,Volksausgabe" zu produzieren. Diese ist bedeutend günstiger und so können auch wir ,,Normalsterbliche" in den Genuss des umstrittenen Kunstwerkes kommen.

Revolution ist animalisch und herb, ein markantes Dufterlebnis, aber kein unangenehmes. Es ist unglaublich, wieviel Zibet man in einem Parfum verwenden kann, die ein oder andere Nase wird hier angewidert zurückschrecken. Doch ich habe animalische Noten bisher nur selten als Fäkal wahrgenommen. Auch wenn ich kein Freund dieser Duftfamilie bin, kann ich hier keinen Schweiss und keine Exkremente erriechen. Zum Zibet gesellt sich ein kräftiger Birkenteer, also Leder. Revolution riecht schmutzig und ist trotzdem tragbar. Durch einen deutlichen Weihrauch-Akzent wirkt das Parfum nicht allzu schwülstig, sondern wird aufgelockert. Ich kann durchaus nachvollziehen, warum Kirk und Choux sich auf diesen Duft einigten. Es war das Ziel, etwas Extremes zu erschaffen und das ist durchaus gelungen. Revolution ist vergleichbar mit dem Duft "Al Oudh" von L'Artisan Parfumeur. Beide haben deutliche Zibet und Kreuzkümmel Noten, beide enthalten Weihrauch und sind animalisch. Ich würde sogar behaupten, Revolution ist Al Oudh minus Oud plus höher konzentriertes Leder, mehr Kreuzkümmel und Moschus; kurz: ein Extrem! Blüten, Früchte oder Süße, sie alle sucht man vergebens. Der Duft gleicht einer rauhen Wüste ohne Fruchtbarkeit, er gleicht einem kahlen Schlachtfeld. Nachdem sich der erste Eindruck verflüchtigt hat, stellt sich eine ledrige Erdigkeit ein, welche noch immer deutlich von Zibet durchzogen ist. Weiterhin durchdringt nun auch eine Moschus-Note das Geschehen. Wer hier unscheinbaren, sauberen und "Haarspray"-ähnlichen Moschus sucht, wie ihn diverse Duftkonzerne anbieten, wird enttäuscht sein. Patricia Choux verwendete für Revolution eine sehr dunkle und intensive Art von Moschus, aber etwas anderes habe ich nach diesem auffälligen Auftakt nicht erwartet. Langsam schweift die Komposition in den Fond ab, welcher sich durch etwas krautiges ankündigt. Hier vermute ich Vetiver, ein herbes und grasiges Vetiver. Es ist nicht allzu hoch dosiert, verfügt jedoch über genug Präsenz um auf sich aufmerksam zu machen. Von jetzt an verändert sich nicht mehr viel, Revolution wird immer leiser und verklingt schließlich. Auch eine Revolution endet irgendwann.

Revolutionär? Jein. Schockierend? Nein. Animalisch? Ja. Revolution hat zwar das Potential einige Menschen zu schocken, aber eher unerfahrene, massenmarktverwöhnte Nasen. Diese werden in Revolution wohl die Olfaktisierung des Bösen sehen (obwohl dieser Titel schon vom [eher harmlosen] Kouros beansprucht wird). Wer aber Erfahrungen im Nischenbereich hat, dem wird auch dieses Wässerchen nicht allzu neu sein. Trotzdem, der Duft ist gut gemacht und alles andere als alltäglich. Nichts für Blumenkinder und Clean-Fans. Die Haltbarkeit von Revolution ist sehr gut, die Duftaura dezent aber durchaus erkennbar.

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