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vor 12 Jahren - 01.12.2011

Die Veilchenkönigin

Oder vielleicht lieber Die Schwester der Veilchenkönigin? Wäre eigentlich ein schöner Titel für einen historischen Roman, die heißen am liebsten auch entweder nach einer ungewöhnlichen weiblichen Berufsbezeichnung oder nach einer weiblichen Verwandten einer irgendwie interessant klingenden anderen Figur. "Die Wanderhure", "Die Henkerstochter", also warum nicht "Die Schwester der Veilchenkönigin"?

Sie riecht jedenfalls gut. Wenn auch nicht so dominant nach Veilchen, wie ich es von der Veilchenkönigin selbst erwarten würde. Wahrscheinlich ist sie die Streberin in der Familie, das würde die starke Note von frisch gespitzten Bleistiften, also von Zedernholz, erklären. Oder die Künstlerin, die ohne Skizzenblock und Bleistift nirgendwo hingeht.

Der Anfang hätte es mich nicht vermuten lassen, aber im Abgang rieche ich die Handschrift von Sophia Grojsman. Die hat da zwar nicht mitgemischt, aber trotzdem. Er erinnert mich an "Sun Moon Stars", der Abgang, und - und das haute mich dann ganz aus den Latschen, als ich drauf kam -, an meine Jugendsünde "Ex'cla-ma'tion". So feinwürzig, bisschen blumig noch, vielleicht ein bisschen Amber, ein bisschen Iriswurzel...

Wer bis hierher gelesen hat und sich über die chaotische Struktur meines Geschreibsels wundert: Das ist mal wieder eine Vorstufe für einen Kommentar zum Duft.

"My Queen" ist doch komplexer als ich beim ersten Aufsprühen so dachte. Eine Sammlung von Eindrücken und Assoziationen ist da nicht verkehrt...

 

Komisch, wenn ich die Queen jetzt aufsprühe, rieche ich von Anfang an Veilchen und weichpudrige Süße, nicht nur Geruchschaos an Zeder.  Schön wird der Duft mir aber immer noch erst nach einem Weilchen. Meine Nase weiß wohl nur schon, wie sie die Komponenten sortieren muss.

Aber das heißt ja wahrscheinlich, dass My Queen für andere, die den Duft neu an mir riechen, ihn in der ersten halben Stunde nicht so besonders schön finden.

 

Hab ich schon "pudrig" erwähnt? Die von anderen beschworenen gerösteten Mandeln, Zuckerwatte, Vanillecreme und andere Schnabulanzien rieche ich nicht, bei mir ist das kein Gourmand-Duft.

Recht süß, ja, aber eher eine blumig-pudrige, feinwürzige, leicht holzigtrockene Süße. Ich meine Amber zu riechen, auch wenn der in der Pyramide fehlt. Genauso Iris. Ich rieche sie, erwähnt wird sie nicht. Orangenblüte, Veilchen und Heliotrop verbinden sich zu einer weichen, etwas nostalgischen Einheit. Auch die Verbindung von eher zartem Patchouli mit zartem Vetiver ist schön, die Zeder hingegen ist mir ein kleines bisschen zu dominant, wenn ich die Nase ganz nah an die Haut bringe. Sonst nicht, sonst verbindet sich das Ganze schön harmonisch.

Hach, ich mag dieses Elilalixier! Ich denke, es ist auch recht dezent, zumindest sagte meine Frau Mama vorhin nichts, die sonst gern mal spitze Bemerkungen bezüglich meiner Beduftung macht.

 

Frisch aufgesprüht, rieche ich zuerst Zeder und eine säuerlich-harsche, grüne Holzigkeit, wie frisch geknicktes Gestrüpp. Das hat "My Queen" mit dem Ableger "My Queen Light Mist" gemeinsam, den ich ja auch besitze und kommentiert habe. Auch das Veilchen spielt bei beiden eine wichtige Rolle, hier aber noch dominanter als im "leichten Dunst". Die harsche Gestrüppnote wird aber rasch von warmen und blumigen Tönen besänftigt: Hier ist der einzige Moment, wo ich eine leichte Ahnung von Gourmandigkeit wahrnehme, einen Hauch von Karamell und Marzipan, der sich zu eher pudrigsüßem Veilchen und Heliotrop mischt. Die Süße ist vor allem die feinwürzige Süße von Amber, und sie lässt schon nach wenigen Minuten nichts mehr von Karamell oder Marzipan durchdringen. Die Queen möchte man küssen, nicht ablutschen. Zu Veilchen und Heliotrop gesellt sich eine scheue Orangenblüte und vor allem Iris.

Iris und Amber holen dann auch die inzwischen weicher gewordene Zeder wieder hervor, gepaart mit sehr sanftem Patchouli und ebenfalls sehr sanftem Vetiver. Die beiden klöppeln eigentlich nur eine dunkle Wärme in den Duft und unterstreichen die pudrige Holzigkeit der Basisnote. Darüber schwebt ein warmes, weiches und leicht nostalgisches Herz aus Veilchen, Heliotrop und Orangenblüte, andere weiße Blüten weben allenfalls einen zarten Schleier dazu. Ich erahne einen Hauch von Tuberose, vielleicht eine Idee von Jasmin, von Rose und Freesie, aber wirklich nur als hauchzarter Schleier von duftiger, eleganter Blumigkeit.

Im Abgang wird "My Queen" weniger blumig, dafür tritt die feinwürzige, pudrige Basis in den Vordergrund. Und die leicht holzig-kirschige Vanille- und Heunote von Heliotrop wird von echter Vanille abgelöst, die sich aber nicht in den Vordergrund spielt, sondern den feinwürzigen, süßlichholzigen Puderfond kuschelig abrundet.

"My Queen" hatte mich beim ersten Aufsprühen enttäuscht, weil sich bei mir die von meinen Vorschreibern beschriebene Gourmandigkeit nicht einstellen wollte, und weil meine Nase auch die Kopfnote erst "lernen" musste - zu Anfang roch ich Zeder und ein kratziges gestrüppiges Duftchaos, das sich erst nach einer halben Stunde zu Wohlgeruch sortierte. Inzwischen dauert diese Widerborstigkeit nur noch ein, zwei Minuten, dann fange ich an, zu lieben, was ich da rieche, und "My Queen" ist zu meinem liebsten Herbst-Winterduft geworden.

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