Buchmensch
Panik, Plüsch und Plunder
vor 9 Jahren - 18.02.2015
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Wie bitte, WAS?

Ich kaufe gerne Düfte bei Ebay. Natürlich, das sind dann alles Blindkäufe - ich muss mich allein auf Duftpyramide, Beschreibung und die Parfumo-Kommentare verlassen, und ich habe schon ein paar echte Schnäppchen gemacht und ein paarmal übelst ins Klo gegriffen. Aber ich surfe gerne durch die Parfum-Angebote, schaue mir auslaufende Aktionen an oder blättere mich quer durch die Rubrik, um eine Chance auf die Düfte zu haben, die man allein dem Namen nach nicht finden würde - weil diejenigen, welche die Auktion eingestellt haben, nicht in der Lage sind, von einer Flasche oder Packung, die sie in der Hand haben, den Namen abzuschreiben.

So habe ich den lang vergriffenen Yves Rocher-Duft Vie Privée gerade buchstäblich für einen Appel und ein Ei bekommen - weil der Verkäufer ihn unter dem schönen Namen »Vie Püree« eingestellt hat. Gut, mildernde Umstände - die Schriftart auf der Flasche gehört nicht zu den allerbest lesbaren, und ohne zumindest ein paar Jahre Schulfranzösisch wird man auf den nicht ganz gängigen Begriff Vie Privée vielleicht nicht unbedingt kommen. Aber selbst wenn ich kein Französisch kann und den Namen schlecht entziffern - sollte ich mich dann nicht wenigstens wundern, warum ein Duft ausgerechnet Püree heißen solle? Sind wir hier bei Chefkoch oder was? So wird auch aus dem recht neuen Avon-Duft Perceive Soleil allzu oft ein Solei. Auch lecker.

Auch andere Verschreiber trifft man häufig. Traurig wird es zum Beispiel, wenn aus Versace der Imperativ »Versage« wird - nein, das habe ich sicher nicht vor! Seltener ist mir untergekommen - und war wohl ein freudscher Vertipper - dass aus Trussardi »Tussardi« gemacht wurde. Sicherlich Absicht war ein Fall, bei dem jemand eine Flasche 4711 als »Echt Kölsch Wasser« eingestellt hatte. Dass aus Yves Rochers Comme une Evidence dann mal »Evidence comme une«, einmal sogar gleich »Evidence Commune« wird, ist hingegen die Schuld der Marketingabteilung von Onkel Yves - allzu elaborierte französische Namen werden in Frankreich verstanden, sind aber für den internationalen Markt zu sperrig. Der Name ihres neusten Duftes, Quelque notes d'amour, ist so uneingängig und kompliziert, dass ich ihn noch nie in einer falsch geschriebenen Variante gesehen habe - vermutlich, weil die Verkäufer ohnehin Buchstabe für Buchstabe abmalen müssen. Englische Namen haben es da einfacher. Ich habe jedenfalls bis jetzt noch nie ein Angebot für »Wisch« gefunden, trotz der naheliegenden Phonetik.

Ganz dadaistisch wurde eine Auktion für Euphoria Blossom, der ich bis zum Ende gefolgt bin und die dann doch von zu vielen anderen Ebayern entdeckt worden ist, um wirklich ein Schnäppchen zu bleiben - »Euforia Blusom« wurde da angeboten. Klar, kennt man den Namen nur vom Hörensagen und kann kein Englisch, kann das schon mal rauskommen. Aber der Artikel wurde in ungeöffneter Originalverpackung angeboten. Und was immer man über den Duft aus dem Hause Calvin denken mag - die Schrift auf der Verpackung ist nicht Klein, sondern klar und ganz besonders deutlich. Es kann doch keine Absicht sein, einen Artikel unter völlig falsch geschriebenem Namen einzustellen und damit den Käuferkreis künstlich klein zu halten! Ich hatte schon an Legasthenie gedacht, aber dafür war der Rest des Beschreibungstextes zu richtig. »Calvin Clein Euforia Blusom« ging in der 100ml-Flasche für 22,50 Euro über die Theke. Ich habe nicht mitgeboten aus Angst vor Produktfälschung. Auch wenn das Foto die echte Flasche und Verpackung zeigte, hätte es im Falle eines China-Imitats am Ende vielleicht nur geheißen »Wir haben nie Calvin Klein oder Euphoria Blossom gesagt!«

Und dann gibt es noch die ganz Rätselhaften. Die nur »Damen Parfüm« einstellen, mit einem verwackelten Foto, auf dem man meint, den Namen Chanel entziffern zu können. Oder auch nicht. Oder was soll »Parfüm ähnlich wie Organsia« bedeuten? Parfumo kennt den Namen nicht, ich kenne auch nur Orangina, und dann wäre mir lieber, die Verkäuferin würde direkt den Eigennamen des Dupes, den sie da anbietet, nennen, statt einen Vergleich zu ziehen mit etwas, das sie offenbar nur von Hören-Hören-Hörensagen kennt - ich vermute, sie meint Organza von Givenchy, aber das ist geraten. Für 8,10 Euro Sofortkaufen hat jedenfalls noch niemand zugeschlagen. Bleiben noch die ganz harten Fälle, die selbst am Parfum scheitern und mir ihr »Perfüm« anbieten wollen …

Bin ich zu pingelig? Erwarte ich zu viel Professionalität von einfachen Privatleuten, die ihren Schrank ausräumen und ein paar Euros verdienen wollen? Ist es nur das Schriftstellerauge, zu genervt, die Fehler in den eigenen Texten suchen zu müssen, das sich dafür auf jeden Fremdfehler stürzt wie der Geier auf das Aas? Ich liebe Sprache, vermutlich mehr als Parfums (sorry, Parfums!), und es tut mir weh, wenn sie verhunzt wird. Fehler darf jeder mal machen, Fehler passieren. Aber es muss nicht in der Überschrift sein. Und auch nicht überall. Wenn ich etwas verkaufen will, egal ob ich ein Händler bin oder Privatmensch, dann erwarte ich, dass mein Kunde sich professionell verhält und pünktlich bezahlt und nicht denkt, ach, Privatauktion, das ist ja eh nichts Richtiges. Genauso erwarte ich als Kunde von meinem Händler die Professionalität, zumindest zwei Wörter von einer Pappschachtel abzuschreiben. Die sollen ja hinterher auch meine Adresse hinbekommen und das Ganze nicht statt nach Aachen in NRW lieber nach Achern in Ba-Wü schicken oder nach Achondo in Spanien. Erst lesen, dann posten. Kann doch so schwer nicht sein.

Kein Vertipper hingegen war schuld, dass ich mir Cašmir von Chopard dann doch nicht in einer Ebay-Auktion kaufen mochte. Zu viele Verkäufer haben davon gehört, dass Privatpersonen allzu leicht von professionellen Händlern abgemahnt werden, wenn sie die offiziellen Produktfotos des Herstellers verwenden, vor allem, wenn es sich um angebrochene, also gebrauchte, Ware handelt. Und so fotografieren sie ihre Flaschen selbst - blöd nur, dass der runde, goldene Deckel von Cašmir wie ein Spiegel funktioniert und der Fotograf sich also gleich selbst im Bild mit festhält. Und nach dem dritten Abbild eines nur mit Unterhose bekleideten Kerls - und nein, kein Calvin Klein-Model - der mit der einen Hand die Kamera hält, mit der anderen offenbar die Kronjuwelen zurechtrückt, war mir die Lust auf weitere Schnäppchenjagd vergangen - was, wenn das Spiegelbild irgendwie magisch in den Deckel eingebrannt worden wäre? Der Duft ist ja ohnehin nicht so teuer. Ich habe ihn mir dann bei einem Händler gekauft, neu und originalverpackt.

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