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Carpinteros Blog
vor 4 Monaten - 23.12.2023
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Ein Duft, ein Podcast und eine Hochzeit.

Ein Duft, ein Podcast und eine Hochzeit.

New York City, 17.10.2022, 5.45 Uhr

Regen peitschte an die Scheiben meines Hotelzimmers im 62. Stockwerk. Ob es der Regen war, der mich aufgeweckt hatte oder doch die Vorfreude, die Aufregung, die Nervosität vor dessen, wo bevorstand.

Ich hatte auf meinen etlichen Geschäftsreisen so oft alleine in Hotels geschlafen, ohne Ninah mit H an meiner Seite. Und doch war diese Nacht anders, denn ich wusste, sie schlief nur wenige hundert Meter Luftlinie von mir entfernt.

Draussen war es noch dunkel, unten auf dem Broadway herrschte bereits reger Verkehr, der Regen prasselte und brachte etwas beruhigende Monotonie. Ich schrieb Ninah rasch eine WhatsApp, sie hatte auch kaum geschlafen. Und wir beide hofften, dass sich der Regen legen würde. Laut Wetter App sollte es nur in den frühen Morgenstunden regnen, das Wetter dann aufklaren und der letzte milde Herbsttag in New York City sein. Möge der Wetterbericht, den ich seit Tagen verfolgt hatte, nur Recht bewahren.

Ich stieg in die Dusche, mein bester Freund würde ohnehin bald mit Kaffee und Blumengesteck für meinen Anzug klopfen.
Ich hatte mir zahllose Gedanken zu diesem Tag gemacht, ihn zusammen mit Ninah bis ins kleinste Detail geplant — und eine Frage blieb bis zur letzten Sekunde offen: Welcher Duft? 

Wir sind beides Duftmenschen, lieben die verschiedensten Parfums, gehen regelrecht auf in dieser Leidenschaft. Während ich es auf eine Top 3 geschafft hatte, plagte Ninah die Qual der Wahl ihrer Top 10 Lieblingsdüfte.

Naxos von XerJoff oder Layton Exclusif von PdM?

Meine Top 3 bestand aus Alexandria II, Naxos oder Layton Exclusif. Alexandria II flog bereits noch in der Schweiz aus dem Gepäck, Ninah mag den Duft zwar, aber ist kein allzu grosser Fan davon. Also gab es nur noch eine Top 2, eine Stichwahl zwischen Naxos und Layton Exclusif.

Ich hatte zwei Rezensionen zu beiden Düften verfasst, beide handelten von der Geschichte, wie Ninah und ich uns kennengelernt hatten, wie ich die Düfte mit Ninah assoziiere, wie sie mich an unsere einzigartige Geschichte erinnerten. Zu meinen Rezensionen gab es viel positive Resonanz, aber auch einiges an Hate. Eine Person legte mir sogar nahe, ich solle doch Märchenerzähler werden. Eine andere Person kommentierte, Liebesgeschichten wie aus Hollywood möge sie nicht.

Und am Ende fand ich unsere Story in Form der Naxos Rezension sogar als Podcast wieder. 

Es gab so viele liebe Nachrichten und Kommentare auf die Rezension und den Podcast, viele fragten, ob die Story wirklich so war, ob es Ninah mit H echt gibt und wir wirklich in New York heirateten und ob ich dann wirklich den Naxos trug — diesen lieben Menschen widme ich diesen Blogpost.

2011 - 2017 — Nicht Hollywood, sondern Katar, London und Zürich.

Unsere Geschichte, die von Ninah und mir, ist nicht aus Hollywood. Sondern aus unserer beider Leben. Und bis zu diesem schicksalhaften Tag im Supermarkt in Zürich, als mich Ninah mit H endlich ansprach, hatten sich unsere Wege bereits mehrfach gekreuzt: Wir hatten uns für eine Zeit parallel und zur gleichen Zeit in Doha, Katar, und in London befunden, einmal sogar nur wenige Kilometer voneinander getrennt. Doch das sollten wir erst viel später erfahren.

Schliesslich trafen wir uns das erste Mal bewusst in einem Zürcher Supermarkt, wenige Tage später begegnete ich ihr erneut und seit diesem Zeitpunkt waren wir unzertrennlich.

Dass diese Geschichte eine gewisse Einzigartigkeit an sich hat ist uns beiden mehr als bewusst. Und so einzigartig diese Geschichte auch sein mag, noch viel extremer sind die Gemeinsamkeiten und auch die Unterschiede in unseren Persönlichkeiten, die einander ergänzen. Zum Beispiel die Art, wie es ihr immer wieder durch ihre Ruhe gelingt, mich auf den Boden zu holen, wenn ich in die Luft gehe.

Der eine Duft.

Die Wahl zwischen Naxos und Layton Exclusif traf ich unter der Dusche als ich wie selbstverständlich zum Layton Duschgel griff, der die Basis für meinen Scent of this very special Day bilden sollte.

Bereits beim Einseifen zogen die Noten von grünem Apfel, Bergamotte und Lavendel in meine Nase, umhüllten und beruhigten mich. Auch die blumigen und holzigen Noten kommen im Duschgel wunderbar zu Geltung und lassen bereits erahnen, wie schön der Duft sich später auf der Haut entwickeln wird. Vanille, Kardamom und Patchouli bilden die Basis und das ganze Badezimmer roch plötzlich danach.

Ich stieg aus der Dusche und hatte gerade meinen Pre-Styler in die Haare gepackt als es an der Türe klopfte. Mein bester Freund war etwas zu früh, typisch. „Hast du in Parfum gebadet?“ fragte er mich leicht irritiert als er mein Zimmer betrat. „Ja, literally!“, entgegnete ich und verzog mich zurück ins Bad um mich ready zu machen. 

Layton Exclusif sollte also der Duft für diesen besonderen Tag sein. Irgendwie passend: Exklusiv war der Tag allemal und die Noten passten zu diesem milden New Yorker Herbsttag. Während ich meinen Anzug anlegte fiel mir dann noch eine weitere Parallele auf: Der Flakon hatte exakt die gleiche Farbe wie der Anzug, den ich heute trug.

Central Park, 17.10.2022, 9.00 Uhr

Kay und ich waren mit dem Taxi zum Central Park gefahren, dort trafen wir auf die Wedding Planner, die Richterin und den Fotografen. Ich war so irrsinnig nervös. Fast nervöser als wie vor ich Ninah den Antrag gemacht hatte, knapp ein Jahr zuvor. Die Richterin sagte mir, ich solle jeden Moment geniessen, den Augenblick ganz bewusst erleben, einfach im Jetzt sein und alles um mich herum vergessen. Der Fotograf riss einen Witz, wir lachten alle, was die Stimmung auflockerte. 

Der Regen hatte wenige Minuten zuvor aufgehört, der ganze Park roch nach feuchtem Boden und Holz, die Luft war kühl, aber nicht kalt. Der Anzug hatte völlig gereicht. Es ging ein ganz leichter, für New Yorker Verhältnisse schon nahezu untypischer Wind.

Wir standen vor dem Ladies Pavilion inmitten des Central Parks. Der See „The Lake“ und die Skyline der Billionaires‘ Row im Hintergrund. Doch mein Blick war auf den schmalen Weg gerichtet, an welchem ich erwartete, dass Ninah herunterlaufen würde. Die Richterin und Kay sprachen noch etwas miteinander, der Fotograf war in Position — und plötzlich wurde es ruhig. Ganz ruhig. Mein Herz schlug so stark, ich dachte, ganz New York könnte diesen Schlag hören. Mein Blick fixiert auf den Weg, hinter den Büschen etwas Weisses. Ninah?

Plötzlich ertönte Musik: “I see the Light“ von Brent Morgan. Und plötzlich sah ich zum ersten Mal Ninah im Brautkleid: Sie blieb kurz am oberen Ende des Weges stehen. Die Blicke aufeinander gerichtet. Dieser magische Moment und der passende Text „All at once every looks different now that I see you“. Ninah bewegte sich langsam auf mich zu, hatte Tränen in den Augen und auch ich hatte zu kämpfen. Ihre roten Haare offen, das Kleid überwältigend schön und diese Flut an Emotionen und Glück. Als sie vor mir stand, konnten wir beide nicht anders als vor lauter Glück und Nervosität zu lachen und gleichzeitig zu weinen. Wir umarmten uns, ich gab ihr einen Kuss auf die Backe — der letzte Kuss als Unverheiratete.

Die Richterin hielt eine wunderschöne Rede. Sie sprach davon, dass zwei Individuen auch in der Ehe Individuen bleiben, aber zusammen wachsen, einander stärken und sich trotzdem auch weiterhin individuell entfalten. Sie sprach davon, dass man sich zwar Hals über Kopf verlieben mag, aber Liebe ein Lauf, ein endloser Spaziergang ist, bei welchem jeder Schritt zählt. Und dass es richtig sei, an Schicksal zu glauben, aber uns nur das Schicksal ereilen würde, welches ohnehin für uns bestimmt sei. Ninah und ich tauschten unsere Eheversprechen aus, wir hatten beide vorab etwas geschrieben — und ohne, dass ich oder sie wussten, was der/die andere geschrieben hatte, waren unsere Versprechen fast identisch: Sie begannen beide damit, dass sich unsere Leben so oft gekreuzt hatten, dass wir einander ergänzen wollen, einander halten und gleichzeitig die endlose Freiheit geben wollen, wir uns nicht vor Gefahren, Unglück oder Trauer bewahren konnten, aber den Mut geben wollten, alles zusammen durchzustehen. Am Ende sagte die Richterin „I believe we are only fated to do the things that we‘d choose anyway. And I‘d choose you: In a hundred lifetimes, in any version of reality, I‘d find you and I‘d choose you“.

Dann tauschen wir unsere Eheringe aus, die Richterin bat uns, das offizielle Gelübde zu wiederholen, das sie uns langsam und mit einer Seelenruhe vorsagte. Und dann war es soweit „Invested by the power of the State of New York, I hereby declare you now Husband and Wife. You may now kiss each other“. Ninah und ich waren verheiratet. For real.

Der perfekte Tag.

Direkt nach der Zeremonie nahm sich die Richterin noch etwas Zeit, um ein wenig mit uns zu sprechen und anzustossen. Nachdem sie sich dann verabschiedet hatte, begann das Fotoshooting. Der Fotograf war unglaublich einfühlsam, machte einen gigantischen Job. Zuerst blieben wir noch am Ladies Pavillion, gingen dann aber zur Bethesda Terrace, wo meine Frau unbedingt hinwollte, da dort ein Pärchen aus ihrer Lieblingsserie geheiratet hatte.

Anschliessend ging es hoch hinaus: Die Wedding Planner hatten uns ein Shooting auf dem Rockefeller Center organisiert, wo wir fernab der Touri-Massen viel Zeit für die perfekten Hochzeitsbilder hatten. Und wie es der Wetterbericht angekündigt hatte, kam genau dann die Sonne raus: Es war einfach genial, wie die Strahlen durch die Wolken kamen und die New Yorker Skyline uns zu Füssen lag.

Ein weiterer Stop war noch die Grand Central Station, wo wir nach vier Stunden und 360 Fotos später uns auch vom Fotografen verabschiedeten. Ninah und ich waren hungrig und durstig, ihr taten die Füsse so weh, dass sie sogar die Schuhe abgezogen hatte und nun barfuss durch die Strassen New Yorks lief. Unweit von der Grand Central Station gab es einen Pret A Manger, in den wir wie selbstverständlich hineinliefen. Glaubt mir, wir haben die Blicke der Leute förmlich gespürt. Es war wohl eine Sache in New York zu heiraten und im Brautkleid und Hochzeitsanzug durch die Strassen Manhattans zu laufen, U-Bahn zu fahren oder auf dem Rockefeller Building Fotos zu machen — aber in voller Montur in ein Cafe zu laufen war wohl selbst für New Yorker Verhältnisse ungewöhnlich. Etliche Leute fotografierten uns wie wir einen Cheesecake teilten und einen Kaffee tranken. Und doch war es einfach so perfekt, dieser eine Moment: Wir zwei, einfach da, im Jetzt. 

Am späteren Nachmittag trafen wir dann im Ladurée die engsten Freunde, die wir nach der Zeremonie verabschiedet hatten. Wir tranken Kaffee, assen Torte und hatten eine unglaublich schöne Zeit — und es wurde sogar noch richtig warm, die Sonne heizte noch einmal richtig auf. Später fuhren wir mit dem Taxi ins Quality Meats, wo wir unser Hochzeitsdinner hatten.

Warum so? Warum in New York? — Darum!

Viele Freunde, Bekannte, Familienmitglieder fragten uns: Warum in New York? Warum ohne viele Gäste? Warum einfach so?

Darum. Einfach so.

Ninah und ich sprachen in unserer ersten gemeinsamen Nacht davon, wie sehr wir beide New York liebten, wie viel Liebe wir für diese Stadt hatten. Ich hatte zu Studienzeiten einmal ein Semester in New York verbracht, dort ein Praktikum gemacht und war später beruflich und privat immer wieder in der Stadt. Und Ninah war früher Flugbegleiterin und ebenfalls ständig in New York gewesen. Unser erster gemeinsamer Urlaub 2018 führte - wie soll es auch anders sein - nach New York. Und in der ersten gemeinsamen Nacht sagten wir aus Spass „Wenn wir mal heiraten, dann in New York!“. Ohne Ahnung, dass es 5 Jahre später wirklich so sein sollte. 

Wir heirateten in New York, weil wir es so wollten. Und es war perfekt. 

Wir mussten keinen Erwartungen entsprechen, keine Reden halten, keine Spiele spielen, keinen Zeitplan einhalten. Es war unser Moment: Egal, ob bei der Trauung, im Ladurée oder ganz unfancy im Pret A Manger. Wir liefen einfach so durch die Strassen, fuhren U-Bahn, beobachteten die Menschenmassen aus dem Cafe. Und erlebten so viel Liebe an diesem Tag: Füreinander, miteinander und von unseren engsten Angehörigen, die dabei waren. Und von all den New Yorkern, Touristen, Businessmenschen, die uns im Vorbeilaufen gratulierten, mit oder von uns ein Bild machten, uns Glück wünschten.

Liebe braucht keine Konventionen, keine Regeln, keine Erwartungshaltungen, die es zu erfüllen gilt.

Und mit der grössten Aufrichtigkeit können wir beide unisono sagen: Wir würden es genauso wieder machen.

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