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vor 10 Jahren - 05.03.2014
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Negative Bias - „NegativeVoreingenommenheit“ Teil III

Hier kommt eine in drei Teile aufgeteilte Übersetzung einer Abhandlung von dem Nord Amerikanischen Journalisten Rober Tisserand, veröffentlicht auf personalcaretruth.com am 27.02.2011.

Sie liefern einen interessanten Blick auf die EU-Gesetzgebungspraxis und sogenannter Nichtregierungsorganisationen, aus einer vollkommen anderen Perspektive. Bemerkenswert ist, das diese Organisationen ausschließlich aus Forschungen zitieren, die diesen Organisation das gewünschte Ergebnis liefern. So biegt man sich die Wirklichkeit zurecht und manipuliert die Öffentlichkeit/Öffentliche Meinung. Der Leser wird feststellen, dass Daten aus toxikologischen Untersuchungen offenbar auch zu ganz anderen Schlussfolgerungen kommen können.

Die „NGO“s maßen sich zu dem an, Richtlinien zu formulieren und zu fordern, die jeglicher demokratischer und gesetzlicher Legitimation entbehren. Hier möchte ich ganz besonders auf die Parallelen zu ÖKO-Test verweisen. Damit führen sich diese Organisationen meiner Ansicht nach selbst ad absurdum.

Am Ende des Textes werden alle "Behauptungen" des Autors mit entsprechenden Literaturstellen belegt.

Negative Bias - „Negative Voreingenommenheit“ Teil III

Sonstiges

Die negative Voreingenommenheit bemerkt man auch in “Inhaltssoff nicht angegeben – Identität unbekannt”. Tatsächlich, Parfüm(öle) bestehen aus vielen unterschiedlichen Stoffen und ein Großteil der parfümierten Produkte gibt nicht alle zur Beduftung genutzten Stoffe bekannt. Das war der Grund einmal darüber zu diskutieren und den Mangel an Transparenz als einen durchaus vernünftigen Kritikpunkt anzuführen. Trotzdem, taugt es nicht per se (a priori) für irgendeine Art von Risikobewertung oder Bewertung der Giftigkeit von Parfüm(ölen), sondern ist einfach nur eine Feststellung.

Neurotoxizität

Neurotoxizität ist definiert als “Schädigung des Gehirns und des Nervensystems, eine Klasse von Gesundheits Problemen, die subtile Entwicklungsstörungen(Verzögerungen) bis hin zu chronischen Nervendegeneration einschließt”. Hier bezieht man sich auf eine Quelle, die einen “milden Beleg” von Neurotoxizität anführt. Diese Quelle ist: USHR (U.S. House of Representatives), 1986. Neurotoxins: At Home and the Workplace. Report by the Committee on Science & Technology, Report 99-827. Sept 16 1986. In diesem Report wird behauptet, das über 95% der Chemikalien, die in Parfüm(ölen) benutzt werden als synthetische Verbindungen angesehen werden können, die als Derivate von Erdöl, einschließlich Benzol gelten. Diese beinhalten Aldehyde und andere Gifte und sensibilisierende Stoffe, die fähig sind, Krebs, Geburtsdefekte, Nervenkrankheiten und allergische Reaktionen auszulösen.

Der Report ist keine wissenschaftliche Studie, wir bekommen nicht mehr, als etwas vom Hörensagen. Es genügte, dass jemand sagt/schreibt “in Verbindung stehend mit”. Das ist eine sehr sehr ernstzunehmende Beschuldigung. Bemerkenswert ist, dass die Umweltgruppen behaupten, “ weitere Information bezüglich der Inhaltsstoffe von Körperpflegeprodukten aus Veröffentlichungen der wissenschaftlichen Literatur bereitzustellen.” Anscheinend nicht immer. Und man beachte, dass ALLE PARFÜM(ÖLE) als “in Verbindung stehend mit” Neurotoxizität gebracht werden. “Benzolderivate, Aldehyde und andere Gifte und sensibilisierende Stoffe” sind somit aber bloß eine interessante Wortwahl, da sie von vornherein alle Benzolderivate und Aldehyde, die in Parfüm(ölen) benutzt werden, zu den Giften und oder allergenen Stoffen zählen. Aber das ist einfach eben so nicht wahr.

Datenlücken

Diese werden erklärt als “Verbindungen, von einem Gremium der Industrie als nicht sicher in Kosmetiprodukten eingestuft”. Diese Erklärung ist gelinde gesagt wenigstens ziemlich rätselhaft. Das schließt nämlich ein, dass keine zur Riechstoffindustrie in Verbindung stehende Organisation das “Parfüm” als sicher in Kosmetikprodukten ansieht. Offenbar hat Deep Skin keine Ahnung von IFRA - der International Fragrance Association – die seit 40 Jahren die Sicherheit von Parfüm(ölen) in Konsumprodukten bewertet. IFRA hat viele Sicherheitsstandards bezüglich von Riechstoffen festgelegt. Denn das ist genau das, was sie tun. Meiner Ansicht nach sind die IFRA – Richtlinien sehr oft zu viel zu weitreichend und zu eng gefasst. Somit bleibt nur zu vermuten, was mit “Datenlücken” nun genau gemeint sei.

Am Ende der Skin Deep Seite über Parfüm(öle) gibt es ein paar brauchbare Information: “ es könnten in 1452 Studien der PubMed Bibliothek Informationen enthalten sein zur Giftigkeit dieser Chemikalien”. Und dann gibt es einen Link zu PubMed. Und hier sind die Suchkriterien: “Fragrance ODER Parfüm UND giftig ODER kosmetisch ODER dermatologisch Oder sensibilisierend ODER Körperpflegeprodukte ODER Haut Oder fruchtschädigend ODER krebserregend Oder biologisch aktiv”. Super. Sehr praktisch. Sehr hilfreich. Was ich dann aber wirklich nicht begreife ist, mit welcher Begründung sie um Himmels Willen diese 1452 wissenschaftlichen Veröffentlichungen unter die Überschrift “Datenlücken” stellen können. Ist denn das nicht genügend Information?

Vielleicht geht Skin Deep ja folgendermaßen vor: “wenn du uns nicht sagst, was in deinem Parfüm(öl) enthalten ist, dann werden wir das Schlimmste annehmen.” Aber bisher gibt es nur ganz wenige Hinweise darauf, das Parfüm(öle) wirklich eine Gefahr darstellen, einschließlich der schlimmsten Annahmen einiger akademischer Künstler, die eher blamable als wissenschaftlich glaubwürdige und wertvolle Beiträge geliefert haben. Anspielungen, Schlussfolgerungen und “in Beziehung stehend mit” sind aber eben keine Beweise für Irgendetwas und der freie Gebrauch dieser Begriffe führt letztlich nur wieder zu nichts weiterem als “ negativer Voreingenommenheit”.

Linalool: ein Rauschgift?

Die Googel Suche nach “Linalool: a narcotic” erbringt 19200 Treffer. Das kommt daher, weil das folgende Stück Empfehlung über ein bekannten Weichspüler und Dufttuch für den Wäschetrockner so häufig aufgeführt wird:

  • Ethanol: On the EPA’s Hazardous Waste list and can cause central nervous system disorders.* Limonene: Suspected Gastrointestinal or Liver Toxicant, Immunotoxicant, Kidney Toxicant, Neurotoxicant, Respiratory Toxicant, and Skin or Sense Organ Toxicant.* A-Terpineol: Can cause respiratory problems, including fatal edema, and central nervous system damage.* Ethyl Acetate: A narcotic on the EPA’s Hazardous Waste list.* Camphor: Causes central nervous system disorders.* Chloroform: Neurotoxic, anesthetic and carcinogenic.* Linalool: A narcotic that causes central nervous system disorders.

Ich werde nicht der Gültigkeit jeder einzelnen Behauptung nachgehen, sondern ich will lediglich deutlich machen, dass das Meiste entweder irreführend oder falsch ist. Ethanol, jedem bekannt als Alkohol, kann zu Nervenschädigung führen, wenn man zu viel davon trinkt. Aber macht er das als Inhaltsstoff eines Wäscheweichs oder Dufttuchs? Kann das wirklich ernst gemeint sein? Einige der Seiten, der die obigen Informationen entnommen sind, geht für Linalool etwas weiter ins Detail:

Linalool ist ein Rauschgift. Es schädigt das zentrale Nervensystem....”Atmungsstörungen”...”zieht Bienen an”. “In Tierversuchen: Ataxie, reduzierte spontane Aktivität/Depression....Schwächung der Herzfunktion...Entwicklung von Atmungsstörungen die zum Tode führen.”

Alle diese Informationen sind Ergebnisse aus Studien der LD50 (Jenner et al 1964, Letizia et al 2003). Das ist die klassische Versuchsanordnung bei der Suche nach der tödlichen Dosis einer Substanz. Diese ist festgelegt als die Dosis, bei der 50% der Versuchstiere sterben. Meistens dienen Ratten oder Mäuse als Versuchstiere. Aber wenn man Tieren eine tödliche Dosis einer Substanz verabreicht, ist es vollkommen normal, dass man schädliche Effekte, vor allem für das Nervensystem, wie Taumeln, Atembeschwerden usw., beobachtet. Es ist nicht weiter überraschend, wenn die Tiere letztendlich an Atemdepression sterben. Ataxie (unsicherer Gang) wird wahrscheinlich in den meisten Fällen aller LD50 Testversuche als Effekt angegeben. Die orale LD50 Dosis von Linalool liegt zwischen 2,2g/kg-3,9g/kg Körpergewicht. Diese Dosis entspricht in etwa einer Menge von 154g-270g Linalool, die ein erwachsener Mensch trinken müsste. In einer der Studien hatte eine nichttödliche Dosis von 178mg/kg Körpergewicht Linalool, bei Mäusen in den Magen gepumpt, beruhigende und die Muskelkoordination beeinträchtigende Effekte. (Atanassova-Shopova et al 1973). Das entspricht beim Menschen einer Dosis von ca. 12,5ml.

Nichts von dem bedeutet, dass die Verwendung des Wäscheweichs oder des Trocknertuches sie oder ihre Familie töten könnte. Es wird auch nicht zu Muskelschwäche, Kontrollverlust oder sonst einem typischen Anzeichen von Betrunkenheit oder tödlich verlaufender Vergiftung führen. Denn immer wenn eine vielfältige Empfindlichkeit gegenüber Chemikalien besteht, wird ein Mensch notwendigerweise nachteilig auf jede Chemikalie reagieren, unabhängig davon, ob diese Chemikalie giftig ist oder nicht. Sofern man nicht die Angewohnheit hat, tassenweise Linalool zu trinken oder den halben Magen damit vollzupumpen, kann man diese Sicherheitswarnungen getrost ignorieren. Diese Sicherheitshinweise haben absolut keine Relevanz für den normalen Gebrauch von Linalool als Inhaltsstoff von Parfümierungen von Körperpflege- oder Haushaltspflegeprodukten bzw. Parfüms.

Schlussfolgerungen

Soweit wie bisher, zeigen die Datensammlung der Umweltruppen bezüglich besorgniserregender ätherische Öle, einen ziemlich schockierenden Grad an Unfähigkeit. Sie scheinen überhaupt keinen blassen Schimmer zu haben, aus welchen Stoffen die Öle bestehen. Das einzige, was sie kennen, sind die rechtlichen Bestimmungen der Europäischen Union, die sie automatisch zu 100% unterstützen. Wenn die EU feststellt, das Linalool ein Allergen ist, dann muss das richtig sein. Die Umweltgruppen scheinen die meisten Veröffentlichungen der toxikologischen Literatur nicht gelesen zu haben, sondern verweisen einfach auf einem Link auf PubMed, und das schmeißen sie dann unter die Überschrift: “Datenlücken”! Sie bringen in der Hoffnung Informationen heraus, das es schon jemand glauben wird. Hier wird keine wissenschaftliche Gefahrenabschätzung vorgenommen und die Risikobewertung gibt keinerlei Auskunft über die wirkliche Gefährlichkeit einer Substanz.

Die Umweltgruppen haben eine bemerkenswerte Hysterie über die Sicherheit von Kosmetiprodukten aufgewühlt, wir finden Artikel, Internetblogs und Videos, ausgestellt von Leuten, die Fehlinformationen wiederholen und oft keine Idee haben, worüber sie wirklich reden. Das dies auf Hauptbestandteile vieler ätherischer Öle abzielt ist in Anbetracht ihrer oft äußerst großen gesundheitlichen Vorteile – von Schutz vor Hautkrebs, bis hin zur Behandlung von Antibiotika resistenten Infektionen - in höchstem Maße bedauerlich. Und das passiert nur auf Grund von Ignoranz. Wir scheinen an der Schwelle zu einem Dunklen Zeitalter, wo Wahrheit einzig gemessen wird in der Anzahl von Google Treffern und wissenschaftliche Fakten nichts mehr zählen. In einigen Fällen benutzt die Sicherheitsgesetzgebung die Wissenschaft anstatt sich auf ihre Ergebnisse zu stützen. Es ist auch sehr schade, wenn die Europäische Gesetzgebung als gute Referenz von Nord Amerika für bevorstehende Regulierung betrachtet wird, während sie in Europa mit Verlaub gesprochen, als nazi-artige Tyrannei wahrgenommen wird. Ich möchte das hier aber nicht weiter ausführen – es ist klingt leider eher wie eine Verschwörungstheorie und taugt allerhöchstens zu einer ziemlich großen Provokation.

References
Atanassova-Shopova S, Roussinov KS, Boycheva I 1973 On certain central neurotropic effects of lavender essential oil. II communication: studies on the effects of linalool and of terpineol. Bulletin of the Institute of Physiology, Bulgarian Academy of Sciences 15:149-156

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