Fluida

Es ist ein sommerlich warmer Nachmittag, und mir ist nach einem entsprechenden Duft. Voyage à Kyoto schein mir wie ein leckeres süss-saures Bonbon in die Nase zu steigen, nachdem mir ein erst sympatischer, frischer Anfangseindruck beschert wurde. Spontan und freundlich, sommerlich und zugänglich entfaltet sich der Duft auf meiner Haut. Ich rieche den Jasmin leicht und die Orangenblüte mehr heraus, und dann ist da noch der Tee. Es ist ein weiblich-zarter, eher junger Duft, fröhlich und beschwingt begleitet er mich durch den Tag. Ich sehe vor meinem geistigen Auge einen schwingenden Rocksaum um wohlgeformte Beine spielen - wenn ich mal wieder einen Auflug in die blumige-würzige Duftwelt machen möchte, warum nicht mit Kyoto.
Je öfter ich ihn rieche, umso besser gefällt er mir. Allerdings sind Haltbarkeit gering und Sillage schwach, was ich schade finde.

Nachtrag: Seit ich den Geruch nach Tatamis so gut herausrieche, gefällt er mir weniger gut, passt aber zum Namen.

Heute Morgen eben von Portanatura die Probe von Vetyver erhalten und mit viel Vorfreude das Couvert aufgerissen. Habe ich doch eine spezielle Vorliebe für holzige Düfte, egal ob für den Mann konzipiert.
Sofort kommt Vetiver... frisch, herb, kantig, tief nach Wald, auch etwas dunkel. Die Grapefruit erahne ich nur. Bald wird es wärmer, etwas mehr Weichheit und Licht kommt hervor, dadurch wird der Duft abgerundet und weniger sperrig. Nelke kann ich auch ganz leicht wahrnehmen, keinesfalls zieht sie vor, was bei Nelke übel wäre. Ich bin schon gespannt, wie lange er haftet, bei Naturparfums ist das immer so eine Sache...
Nach einer Viertelstunde zieht sich der Duft bereits etwas zurück, wird stiller, aber ist immer noch gut riechbar und würzig. Meiner Meinung nach wirklich eher ein Herrenduft, ich sehe ihn vor allem an einem Mann mittleren Alters.
Nach drei Stunden rieche ich ihn noch fein und unaufdringlich am Handgelenk. Er scheint mir staubiger und trockener geworden zu sein.

Obwohl ein überaus natürlicher Duft, rieche ich etwas künstliches heraus. Einen Hauch Plastik wie von Puppenköpfen... Durch das Vanille wirkt er weich und schon fast pudrig, obwohl ich den typischen, etwas durchdringenden Geruch nach ätherischen Ölen gut wahrnehme. Er ist weder knackig noch frisch, sondern weiblich und mit einer warmen Anmutug. Sandelholz kommt zum Vorschein und stütz die Wärme deutlich. Ein femininer, runder Duft, der nach ca. einer halben Stunde schön steht.

Spontan nach Grapefruit, gleich gefolgt von holzigen, geerdeten Noten. Meine Nase braucht eine Pause, ich habe heute 3 von Serge Lutens getestet, und nun benötige ich ein natürliches Kontrastprogramm. Einen Duft, anders als all die anderen. Reine und bodenständige Natur, kernig, und saftig und doch mit etwas Weichem im Hintergrund. Er beruhigt mich und gibt mir das Gefühl, angekommen zu sein. Ein Duft, der einem nach einem hektischen Tag Geborgenheit schenkt, ohne süsslich oder allzu einhüllend zu sein. Mir wird genug Raum gelassen, meine Freiheit wird nicht beschnitten. Atmen.
Schade verflieg er recht schnell, das war bis jetzt den Grund, ihn nicht zu kaufen. Sonst durchaus ein Kandidat für den Alltag.