Insomnia

Andy Tauer und Maiglöckchen...

Auch ich bin ein Fan der Tauerdüfte. Sie riechen einfach unglaublich interessant und eigen... manche, für meine Nase zu eigen, um sie selbst zu tragen, aber so interessant, dass ich einfach nicht aufhören kann zu schnüffeln. Lange ist es her, dass ich mir ein Discovery-Set aus der Schweiz bestellt habe- damals noch mit Winterdüften. Doch siehe da- was fällt mir denn plötzlich entgegen als ich das hässliche braune Papier aufreiße? Ein Duftkärtchen in einer Plastiktüte mit Autogramm von Andy Tauer? "Enjoy! Fragrant greetings, Andy", steht da. No11 Carillon pour un ange. Wie interessant... ein frischer, blumiger Duft von Andy?

Wenn ihr in meine Parfümsammlung schaut, dann werdet ihr sehen, dass Diors Diorissimo auf meiner Wunschliste steht. Ich liebe Maiglöckchen- unschuldige, fröhliche, zarte, weiße Blümchen... und tödlich giftig. Was für ein falsches, verführerisches Gewächs- wahrscheinlich mag ich sie desshalb so gerne. Aber wie interpretiert der kratzige Tauer so ein weiches, kleines Pflänzchen? Auch mit Asphalt-Note?

“Building a fragrance with lily of the valley singing in spring was a wish since I started making perfumes. Carillon pour un ange is my tribute to this wonderful forest treasure. It is a green choir of flowers", meint Andy zu seiner Komposition.

Ich mag seine Parfümbeschreibungen, sie klingen so poetisch und harmonisch, auch wenn die Düfte selbst manchmal etwas ruppig sind- aber nicht in diesem Fall.

Carillon pour un ange beginnt sehr intensiv, am Anfang vielleicht sogar etwas unangenehm. Fünf Minuten später rieche ich zwar keine Rose, aber eine sehr schöne blumig-kühle Note von Flieder und... Veilchen? Als die Kopfnote langsam verfliegt, rieche ich tatsächlich ein grünes Maiglöckchen heraus, später kommen noch herbes Moos und ein leicht öliger Duft von Hyazinthe dazu.

Carillon pour un ange ist... anders. Es ist kein zweites Diorissimo und will auch keines sein. Es ist kein Maiglöckchen, das am Fensterbrett oder in unserem Garten steht, um uns mit seinem unschuldigen Duft zu erfreuen. Dieses Maiglöckchen wächst wild, es ist gerade erst erwacht und reckt seinen Kopf verspielt aus seinem Bett aus feuchtem Unterholz und weichem Moos. Es ist eigensinnig, es will nicht gefallen, wozu auch? Etwa um gepflückt und bewundert zu werden? Es weiß doch selbst, dass es wunderschön ist. Es riecht natürlich und rein, nachdem der letzte Regenschauer seine zarten Blätter von den letzten Resten feuchter Erde befreit hat.

Andy Tauer hat mit diesem Duft nicht nur das Maiglöckchen neu interpretiert, er hat es geschafft das Erwachen des Frühlings in ein Fläschchen zu füllen. Ein Wald in dem der letzte Schnee geschmolzen ist und die ersten Blumen knospen. Ein alter Wald in dem gerade wieder Leben erblüht. Ich liebe es. Harmonie pur.

Leider ist mei Pröbchen bald alle...