Abschied als aktiver Parfumo

Bereits als Jungendlicher entdeckte ich meine Leidenschaft zu Parfums. Meine olfaktorische Reise begann 1986 mit Azzaro. Von Jil Sander Man III (1987)/Jil Sander Man (1989) über Cool Water (1988) zu New West (1988) gönnte ich mir nur wenige Flakons und blieb diesen erstaunlich treu.

Da eine Bekannte in einer Parfümerie arbeitete, wurde ich über die damals überschaubare Produktpalette im Herrensegment stets auf dem Laufenden gehalten und mit Proben versorgt. Es gab - in meiner Wahrnehmung - kaum Wiederholungen und jedes neue Parfum wurde festlich von den Parfümerien präsentiert.

In den 90ern endete meine olfaktorische Neugier und ich ließ mich mit Aramis Havanna (1994) auf einen Signaturduft ein, der mich fast ein ganzes Jahrzehnt begleitete. Danach verfiel ich den Naturparfums und ätherischen Ölen. Mich selbst beduften mochte ich zunehmend weniger. Zwar kaufte ich mir hier und da noch einen kleinen Parfumflakon, aber nicht mehr mit der Leidenschaft von früher.

Erst 2014, als ein guter Freund verstarb und ich mich von der Trauer ablenken wollte, verlor ich mich in einer Parfümerie und die Leidenschaft nach Düften entfachte erneut. So fand ich dann auch bald meinen Weg zu Parfumo und meldete mich entsprechend mit dem Namen “Rebirth 2014” an.

Noch nie war es einfacher neue Düfte kennen zu lernen, sich mit anderen darüber auszutauschen und die sehr positive Stimmung in der Community zu genießen. Doch was anfangs den kleinen Entdecker in mir weckte, wurde schnell zur Last.

Ich war nie Sammler, da ich stets das Gefühl hatte, dass ich den einzelnen Objekten in einer Sammlung nicht gerecht werden kann. Bewusst hätte ich mir folglich keine Parfumsammlung angelegt. Über Proben und der Faszination (an den für mich neuen Duftkreationen) zogen viel zu schnell Flakons bei mir ein, die nach dem Gewöhnungseffekt kaum noch benutzt wurden.

Ebenfalls bin ich kein Verkäufer. Es nervt mich Flakons im Souk anzubieten und diese über den Versandweg zum Käufer zu bringen. Das ist mir subjektiv zu viel Aufwand und nicht selten sind die Preisvorstellungen in Anfragen schlichtweg unverschämt; d.h. es lohnt sich auch finanziell kaum, den Duft zu verkaufen.

Ging es mir anfangs noch darum, möglichst viele Düfte kennen zu lernen, so wurde das Hobby leider schnell zum Objekt der Begierde, kostete viel Geld und machte mich dennoch nicht glücklich. Selbst meine Ambition, wenigstens die großen Parfummarken (in der Nische) alle einmal getestet zu haben, konnte ich nicht umsetzen. Eine totale Reizüberflutung setzte ein und ich zog mich zurück.

Nach fast einem Jahr Pause besuchte ich wieder öfter Parfumo. Die hervorragende Community und die kompetente Forumsleitung, die dieses Netzwerk stets weiter entwickelt, versüßten mir die Rückkehr. Doch etwas hatte sich geändert.

Die Mehrzahl der Düfte in den Rezensionen und Statements sind mir völlig unbekannt. Woran mag dies liegen? Ich bilde mir ein in den letzten neun Jahren viele Düfte getestet zu haben. Trotzdem kann ich nur noch selten sagen, dass ich den in den Statements beschriebenen Duft tatsächlich kenne.

Mein Fokus fiel auf die Rubrik “Neu und beachtenswert” und für mich schloss sich der Kreis zum Anfang meiner olfaktorischen Reise. In den 80ern wurden nur wenige neue Düfte jährlich eingeführt, dann nahm das Tempo immer mehr zu. Mittlerweile erscheinen neue Parfummarken mit ganzen Duftkollektionen. Der Markt wird gnadenlos von Flanker, Kopien und Neuerscheinungen überschwemmt (ohne hier zusätzlich auf die Qualitätsfrage einzugehen).

Mir ist das schlichtweg zu viel und ich verliere komplett die Lust am Testen/Entdecken. Es läuft - aus meiner Sicht - in der Parfumindustrie (egal ob Mainstream oder Nische) nur noch auf das Konsumieren heraus. Der Wettbewerb liegt nicht darin eine neue "Ikone" zu schaffen, sondern mit einer unübersichtlichen Auswahl den Markt zu beherrschen. Aus diesem Grund verabschiede ich mich als aktiver Teilnehmer dieser Community. Passiv, d.h. als gelegentlicher Leser, bleibe ich Parfumo jedoch weiterhin erhalten.