Chizza
10.01.2023 - 09:34 Uhr
22
Top Rezension
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft

Sonnendurchflutetes Wandeln am bewaldeten See

Wenn ich Colorado in die Suchmaschine in Kombination mit Flora und Fauna eingebe, dann erhalte ich Bilder von Wüstenlandschaften, von im Staub und in der Zeit versunkene Kakteen, sehe Badlands. Einöde, seit Äonen - wie Sternenstaub. Doch so duftet das Parfum Colorado gar nicht. Colorado, jetzt wieder der Bundesstaat, ist geographisch vielschichtig. So riecht die zugrundeliegende Kreation eher wie die Bewaldung am Grand Lake. Idyllisch, majestätisch, nach Heimat.

Harzig beginnend, Liebstöckel-Berührungen, sonderbar und doch vertraut. Die olfaktorische Tournee darf eröffnet werden. Trocken, nicht wie die Wüste sondern wie von der Sonne beschienen. Die Gelbkiefer wird umflutet von heißen Sonnenstrahlen, Atons Atem. Doch simpel wäre es - und falsch - zu behaupten, dass Colorado nur dieses Holz aufbietet. Wie im Wald, in welchem die Ponderosa-Kiefer als Akkompagnement von weiteren Hölzern begleitet wird, so nimmt man im Duft die Gegenwart der Zeder wahr, für mich wird ein Hauch von Sandelholz evoziert.
Doch zunächst übernehmen die Hesperidien; deutlich wird die Nase der Zitrone gewahr, nimmt dumpf-zitrische Noten auf, erfreut sich an limonigen Facetten. Diese sind mit grünen Nuancen verwoben, was hier wunderbar austariert ausgestaltet worden ist. Dies verleiht der trocken-holzigen Aura eine edle Noten, Noblesse oblige.

Zedern wie Bleistifte, umhüllt von einer Kruste aus Baum-Suspensionen, dominieren zeitweise, erzeugen diese Sandelholz-Fata Morgana, komprimieren Colorado temporär auf Harz und Rinde, schaffen diese ab sofort durchgehende Aura, diesen Duftnukleus. Lustwandelnd durch Wälder, in der warmen Luft flirrende Holzpartikel, fast getrocknetes Harz rann herab, verharrt nun an der Rinde, sendet kontemplative Signale; Idylle im Hier und Jetzt.

Colorado ist ein Duft für den Stoiker. Das Streben nach Weisheit durch Ataraxie und Gleichmut, die Erkenntnis der eigenen Rolle im ganzheitlichen Kosmos, die letzten metaphysischen Fragen bedenkend - der Duft öffnet sich sehr langsam, bedarf intensiver olfaktorischer Betrachtung. Holzige Parfums besitzen für mich eine beruhigende, feinsinnige Art, ganz besonders wenn ich den unaufgeregten Geruch von Zedern wahrnehme. Auch wenn die stoische Philosophie aufgrund der damaligen Vorstellung des Aethers und des Untergangs sowie der stetigen Wiederholung leicht an die Vorsehung und den ewigen Zyklus glauben konnte, dadurch gelassen sein konnte, was uns durch unser heutiges Wissen schwerfällt: Colorado evoziert durch sein trocken-intensives Harz sowie die zahlreichen Hölzer Ruhe und Harmonie, versetzt uns leicht in diesen Geisteszustand, in das Akzeptieren strikter Kausalität. Die lautet hier im Übrigen: Duft aufsprühen, dann kommt der Genuss.
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