Chizza
26.04.2024 - 07:35 Uhr
16
Top Rezension
7
Flakon
6.5
Duft

Menschelnd dreckiges Leder

Als selbsternannter Lederconnaisseur reizen mich neue Lederdüfte per se. Vor wenigen Monaten veröffentlichte MGO Tobacco Leather. Leider - subjektiv gesprochen - ein eher harmloser Lederduft, ebenso generisch geraten. Damals wie heute fällt mir dazu zu wenig ein um eine fundierte und einigermaßen interessante Rezension zusammenzuschreiben.
Wie ich hörte, sollte dieser überarbeitet werden. Das Ergebnis ist nun Dirty Leather. Ein - das ist nicht zu viel gesagt - sehr differenter Duft. Daher vielleicht auch die autarke Veröffentlichung.

Doch - ich nehme es vorweg - überzeugt mich dieser zunächst überhaupt nicht und später nicht. Was mit überpräsentem Wacholder beginnt, dem mit Koriander nuancierten, speckigen Leder, das geht leider so weiter. Wacholder in Lederdüften kann formidabel gefertigt sein, ich erinnere mich hier an eine Kreation von Maison Mona di Orio. Hier fehlt es an Feingefühl. Man wird nicht betörend eingefangen, eher aufoktroyierend und brachial gefangen.

Das zeigt sich weiter im Einsatz von Zibet. Dieses ist deutlich präsent, verleiht dem Leder eine deutlich animalische Note, dreckig trifft es hier gut. Vermutlich muss man das wertschätzen, ich tue es nicht, ganz im Gegenteil. Es wirkt mir zu schmuddelig, so als hätte jemand es nicht so mit der Hygiene.
Natürlich: Nomen est Omen. Dreckig, das ist ein variabler Begriff. Schmutziges, im Sinne von ölbesudeltes Leder ebenso wie dieses oder Myriaden an weiteren Ausprägungen. Jeder Parfumenthusiast besitzt Präferenzen. Ich andere als die hier aufgezeigten.
Im weiteren Verlauf wird das Leder staubig, trockener und im Endeffekt angenehmer. Die Beeren verlieren sukzessive an Intensität, auch das Zibet wird moderater. So hätte ich es mir direkt gewünscht, so ist der Grad an „menschelnden“ Facetten moderat, das Leder wird endlich zum Protagonisten.

Positiv ist wohl dass MGO sich wieder an weniger konventionelle Düfte herantraut. Für mein Gusto darf er es in Sachen Leder gerne bei Werken wie Desperado belassen oder meinetwegen auch Sultans Hommage, der ebenfalls teils ledern war. Beide beherbergen Ouds, hier dreht sich vieles um den MGO-Lederakkord. Bei dem handelt es sich anscheinend um eine Art Gretchenfrage respektive eine Antwort darauf. Oder auch: die einen sagen so, die anderen so.
Ich sage: erster Teil ungefähr 5.5/10 bis 6/10, danach durchaus 7/10, vielleicht sogar 7.5/10, denn das sanft umhüllende Bienenharz kombiniert mit trockenem Tabak und einer Spur Vanille, das ist dann wieder sehr rund und interessant dargeboten.
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