Chizza

Chizza

Rezensionen
1 - 5 von 359
Chizza vor 1 Monat 14 20
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Bernstein-Oud
Jawharat Aloud entdeckte ich erst vor kurzem, bestellte in diesem Kontext rund eine Tola eines Ouds. Charakteristisch an dieser Marke ist wohl dass nicht wenige der Ouds in Borneo gewonnen worden sind. Was mir sehr behagt, denn ich präferiere diese Herkunft, ja man kann es hier fast schon Provenienz nennen mit einem Augenzwinkern, sehr. Ouds von dort sind je nachdem für mich olfaktorische Kunst. Nicht wenige Ouds duften allgemein formidabel, können aber für sich alleinstehend nicht auf Dauer fesseln sondern müssen in eine Duftkomposition eingearbeitet werden. Nicht jedoch dieses Borneo-Exemplar.

Electrum kann ein anderes Wort für Bernstein, Amber, sein. Müsste man dieses Oud mit einem Wort beschreiben, so könnte man eben Amber heranziehen.
Ein zarter Schmelz, lieblich, golden, süffig. Dies offenbart sich teils sofort, teils ähnelt der Geruch zunächst Kolophonium, was nicht soweit auseinanderliegt. Je nach Test variierte dies. In jedem Fall aber vereinen sich beide olfaktorischen Bilder so dass diese Note, welche an Lack erinnert, im Amber aufgeht.

Dies geht nun lange so, lädt ein zum Verweilen in diesem Oudlysium. Dieses Werk schillert nun in vielerlei verschiedenen Facetten, ein ambernes Oudkaleidoskop. Dennoch gefällt mir Candan Surga besser, es ist kräftiger. Aber ich kann Electrum uneingeschränkt empfehlen. Vielleicht würde 7.75/10 als Wertung in meinem Kosmos geeigneter sein, aus Sympathie aber 8/10.
20 Antworten
Chizza vor 1 Monat 17 17
7
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
7
Duft
Warum man mehrfach testen sollte
"Fleisch wurde fast komplett roh serviert. Auf den Pizzen haben Zutaten gefehlt. In einem Gericht waren Plastik-Stückchen. Spargel wurde nicht richtig zubereitet, Salate kamen doppelt. Die Fehler wurden nicht von der Küche geklärt. Die junge Frau, die uns bedient hat, war aber nett."

Na gut dass der Duft nichts mit dem Lokal zu tun hat, was den ersten Googletreffer bei Cuore di Napoli darstellt. Jedenfalls: im ersten Test gefiel mir das Parfum sehr, weswegen ich eine Rezension heruntertippen wollte. Leider musste ich feststellen dass hier eine Überdosierung dazu führt dass der Duft sich verändert respektive die Wirkung der einzelnen Ingredienzen. Die leicht hölzern-rauchige Note wird zu arg von der Zitrik verschlungen. Desweiteren erscheint eine pudrig-trockene Facette, die ich dem Mandelkeks andichten möchte. Vermutlich sind Cantuccini gemeint und dann wäre diese "Zutat" gut getroffen.

Soweit die Rahmenbedingungen. Damals entwickelte sich Cuore di Napoli bei dezentem Auftragen auf die Haut angenehm holzig, dazu luftig. Die Zitrik empfand ich als angenehm und austariert. Wer nun mehr aufträgt um die miserable Haltbarkeit zu konterkarieren, sieht sich erstens darin getäuscht. Zweitens entwickelt sich das Parfum wie oben und die einzelnen Versatzstücke harmonieren nur noch bedingt.

Ein weiteres Voranschreiten existiert nicht. Prinzipiell finde ich das charmant; ich selbst benötige nicht permanent Kreationen, die mehrere Wendungen nehmen inklusive Plot Twist, ich bin besonders bei sommerlichen Temperaturen simpler gestrickt. Letzteres liegt hier vor und ich kann aufgrund der obigen Einlassungen keine uneingeschränkte Empfehlung mehr aussprechen. Ist dennoch nett.
17 Antworten
Chizza vor 2 Monaten 18 27
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
UOO - Unbekanntes Oud-Objekt
Oud. Gefühlt hat jeder Ahnung, wie Oud denn so riecht. Gefühlt gibt es ebenso viele Menschen, die das natürlich besser wissen und mit diesem Informationssprung missionarisch umherziehen, das Fehlen dieser Fakten kritisch insinuierend.
Und auch wenn da viel Wahrheit drin ist, soll es heute nicht darum gehen, als Einleitung passt das dennoch, denn: Candan Surga riecht wie kein anderes Oud, was mir bekannt ist. Und das sage ich jetzt ohne mich als absoluten Kenner hinstellen zu wollen, aber in den letzten Jahren habe ich wirklich viele Oudöle aus vielen Ländern, aus vielen Regionen dieser Erde und verschiedenen Alters gerochen.

Candan Surga duftet floral-minzig. Ein solch liebliches Oud, die holzigen Noten so hell, ganz leichte Lacknuancen, so wunderbar kombiniert mit der Blumenwiese, die olfaktorisch aufgebaut wird. Wo auch immer diese herrührt.
Jetzt empfinde ich Borneo als ganz hervorragende Destination für Oud-Connaisseure, so wirken auf mich die Öle von dort dichter, üppiger in Sachen Holz, ohne dabei in konventionelle indische Gefilde abzudriften, ohne diese lehmige Kambodscha-Attitüde zu entwickeln oder die manchmal bitter-erdigen chinesischen Vertreter. Dennoch - da wiederhole ich mich: so habe ich das noch nicht erlebt.
Nun wandelt sich Candan Surga sukzessive. Der florale Reigen verblasst, verschwindet im Nebel und bei der Verfolgung, der Jagd nach dem nun verlorenen Augenblick, stößt man nun auf diese intensiv holzige Note. Cremig, erinnernd an süßliche Harze, was durch die Minze potenziert wird.
Ehrlich muss ich gestehen, ich ringe mit den Worten, um diese spezielle Facette umschreiben zu können. Lackiertes Holz, diese Nuance an Lösungsmittel gepaart mit ja fast distinguiert wirkendem Oud. Dennoch präsent, raumfüllend aber nicht plump, mehr als würde Candan Surga eine Aura innewohnen.

Bevor ich mir nun weiter Formulierungen irgendwie herleite, lassen wir das: Candan Surga ist klasse, die Marke Jawharat Aloud kenne ich nicht besonders gut, vielleicht sechs Öle. Zwei Drittel solide, Mittelmaß bis gehoben. Nur zwei besonders lobenswert, der vorzüglichere unter Beiden ist Candan Surga. Schwer zu bekommen, in der Regel vom Inhaber noch selbst "geerntet".
27 Antworten
Chizza vor 3 Monaten 16 25
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
7
Duft
Vampirjäger auf Berliner Art
Günther van Helsing war es leid. Ständig verbrannten ihm die Vampirschnitzel und es roch erstmal nach grauem Rauch. Teils hölzern, leicht knorrig, teils nach verbrannten Muscheln. Hätte er nur diesen fiesen alten Vampir nicht aus dem Meer gefischt, der schon von kleinen Meereslebewesen bevölkert worden war. Vorsichtshalber verbrannte er die Muschelschalen, die er mühsam
vom Leib pflückte, als er sich ein Hüftsteak aus dem überirdischen Leichnam zauberte.

„Würzen mit viel Pfeffer“, dachte er bei sich, kippte versehentlich auch Schießpulver rein. Jedenfalls, ich parliere hier nur, war dieser eine Vampir namens Beorg der Staudtliche, aus seiner Kühltruhe geflohen und nun plagte ihn Hunger. Frisch gewürzt und mariniert, eine Spur von krautigem Aftershave, welche noch in der Luft mäanderte, so floh der fiese Fampir, äh Vampir.

Was machen Sachen? Mangels Bock auf einen Verfolgungsritt ließ er den olfaktorischen Schweif Beorgs wirken. Ihm fiel auf dass der alte Alchimist Robertus der Vulgäre ihm ein Duftwässerchen zusammengerührt haben musste und der Vampir diesen Geruch nun ausdünstete. „Gar nicht mal so mies“.

Und: „ich rieche hier Kaffee, klar CO2-mäßig, riecht man ja, sowie Zeder aber nicht die aus Oma Ernas Garten, die bucklige - also die Zeder, nicht die Oma. Eher Richtung Nordafrika. Ne Quatsch, riecht eigentlich einfach nach Holz mit fruchtigem Einschlag, dabei aber nicht fruchtig-fruchtig. Eher von grünem Weihrauch und Cade durchzogen. Leicht angebrannt aber das ist vielleicht auch das Fleisch, was ich beim Staudtlichen versengt hatte.“

Günther van Helsing bekam Hunger und so öffnete er eine Dose Vampirländer, dann wollte er aber los, dem Duft und damit seinem potentiellen Mahl folgen. Diese Melange aus Moschus und rauchigem Totholz, vergehender Rinde, Oudholz und nicht Harz: All dies nahm sein knolliges Näschen wahr.

Lirum, larum, am Ende fand er Beorg natürlich und Günther van Helsing konnte sein lukullisches Vampirmenü einnehmen. Das gleichnamige Parfüm, ein Berliner Wechselbalg in der mittlerweile milden MGO-Kollektion, ist vielschichtig, ambivalent, besitzt einen klaren Verlauf. Nachdem zu Beginn Schiesspulver und Qualm dominieren, schälen sich darunter Myriaden an holzigen Noten heraus, garniert mit mal grünen, mal fruchtigen Facetten. Animalik ist nur rudimentär auszumachen und wird durch die Vanille ein Stück konterkariert.

Fazit: kann man machen.
25 Antworten
Chizza vor 3 Monaten 19 29
9
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Wüstenmönch
„Und sie hatten keinen Durst, als er sie durch die Wüste führte. Er ließ Wasser für sie aus dem Felsen fließen. Er spaltete den Felsen und das Wasser strömte heraus.“

So lautet ein Vers aus dem Buch Jesaja aus dem alten Testament. Und was dies eventuell mit dem Titel und dem Duft dahinter zu schaffen hat, das kann man wohl nur spekulieren oder irgendetwas konstruieren. Vielleicht drückt dies auch nur den relativ klaren christlichen Glauben des Kopfes hinter Phronema aus. Googelt man Wüstenwasser im Kontext Bibel, so stößt man sofort auf die obige Passage.
Andererseits: realistisch - auf der Seite zu dem Parfum findet sich nämlich ein Hinweis auf Antonius den Großen, einen Wüstenmönch - wird es wohl etwas mit Askese und der Meditation zutun haben.

Jedenfalls ist Desert Water rein olfaktorisch gesehen gar nicht so dicht an einer Wüste und entsprechenden Impressionen dran. Natürlich, wir haben diverse Weihrauchsorten. Diese wirken und sorgen für vielschichtige aber stets freundliche Harzemissionen. Jetzt war ich selbst seit vielen Jahren in keiner Kirche mehr, der Geruch, der aus einem Turibulum dringt, den kenne ich dennoch sehr gut. Man nehme dies in etwas moderater; die harschen, kräftigeren Weihrauchnoten kombiniert mit sanften, grünen Nuancen. Dann ist die Basis von Desert Water greifbar. Dieses Fundament wirkt beruhigend, kontemplativ, ist eher von still-begleitender Natur.

Darüber thront die Fichte. Zitrisch-grün rinnt der Baumsaft aus Wunden hinab, markant nach geschlagener Rinde duftend, nach dem Kambium, der Schicht zwischen Baum und Rinde, in beide Richtungen wachsend, so erwachsen sowohl weitere Weihrauchvariationen als auch neue holzige Facetten.

Ich sagte bereits kontemplativ? Eine rhetorische Frage, klar, beschreibt Desert Water nur eben sehr treffend. Die grün-holzigen Noten schmelzen, legen sich wie eine Haut auf den Weihrauch, der nun in einem Kokon aus Ambra aufgeht. Diese übernimmt ab nun den weiteren Duftverlauf, verleibt sich alle bisherigen Impressionen und olfaktorischen Routen ein.

Am Ende bleibt ein cremig-zarter Moment, welcher durch Weihrauch und Fichte zu einem verhallenden Traumbild wird. Es bleibt im Kopf, man weiß um die Schönheit des Augenblicks doch kann man diesen kaum auf dem Höhepunkt einfangen. Sehnsucht beherrscht einen von nun an. Schön.

(Mit Dank an Floyd, den Duftasketen ;))
29 Antworten
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