Portrayal Man von Amouage

Portrayal Man 2019

3lbows
22.01.2020 - 07:12 Uhr
14
Top Rezension
8Duft 7Haltbarkeit 8Sillage 9Flakon

Facettenreiche, frisch-herbe Veilchenseife

Nachdem ich kürzlich die Fahrenheit-DNA etwas genauer unter die Lupe genommen habe, musste ich mir auch Portrayal Man etwas genauer ansehen, der das Thema ja angeblich aufgreift, ja, sogar ein Duftzwilling sein soll.
…Und da ist durchaus etwas dran, denn das Hauptthema hier, die Veilchen, setzt auch Portrayal um. In der Kopfnote kommt einem gleich ebendiese Note vollumfänglich unter die Nase: Frisches, kräftiges, sehr floral umgesetztes Veilchen, mit einem feinem Anklang von Süße unterlegt.
Mein Gehirn fantasiert da sofort die aus Fahrenheit bekannte Benzinnote dazu, die hier aber wesentlich geringer ausgeprägt ist. Tatsächlich spielt das Veilchen weiterhin die erste Geige. Nach den dominant-kratzigen ersten 15 Minuten des Duftes stimmt Vetyver mit ein, und macht aus der Blumenexplosion einen leiseren, seifig anmutenden Drydown. Dabei sprechen wir hier nicht von den Saubermannseifen a la Prada. Nein, Portrayal hat da eher etwas „Dreckiges“, Dunkles, bisserl wie der Waschraum im Garten abseits des Hauses, wo Oma die Wäsche wusch. Ein Potpourri aus Kernseife, Holz, Reinigungsmitteln und bereits gewaschener, aber auch noch ungewaschener Wäsche. Dreckig also nicht im Sinne der animalischen Urinsteinveredler a la Kouros und Konsorten, nein, irgendwie sauber dreckig, angenehm sauber dreckig. In der Basis tritt die anfangs erwähnte, leichte Sūße noch etwas in den Vordergrund: Für mich wirkt das wie Kamille - so ein unaufdringlicher, süß-würziger Barbershop-Duft eben. Zu diesem Zeitpunkt ist Portrayal dann schon hautnah - wie ein klassisches US Aftershave.
Der Duft wird gerne mit Amouage‘s letztem Release Imitation Man verglichen. Da ist durchaus was dran, haben doch beide eine intensiv-blumige Kopfnote gemein. Riecht man dann direkt an der Einschussstelle, kann man sie die ersten paar Minuten durchaus verwechseln. Danach gehen die beiden aber unterschiedliche Wege. Wo sich bei Imitation Man die ledrige Rose klar rauskristallisiert und den Duft lange und dominant abstrahlen lässt, wirkt Portrayal schnell wesentlich versöhnlicher, projiziert weniger, hält allerdings auch kürzer.
Aber nicht falsch verstehen - der Duft ist durch und durch männlich und präsent, wenn auch weniger streng als Imitation. Damit lässt er sich dann auch vielseitiger tragen - Büro, Freizeit, Abend - alles drin. Auch jahreszeitlich würde ich Portrayal nicht auf den Sommer festlegen, obgleich er frisch-würzig aufspielt. Er zielt aber, denke ich, schon auf Ü30 ab, verlangt er doch etwas Reife um nicht seltsam zu wirken.
Insgesamt ist Portrayal damit wesentlich näher am Fahrenheit EdT, gibt das Veilchenthema aber facettenreicher, weniger linear wieder.
Die Präsentation mit dem schweren Kristallglasflakon und der wertigen Holzbox ist, wie bei allen Amouages, sowieso über jeden Zweifel erhaben.
Portrayal ist somit meine Empfehlung an alle, die das Fahrenheit-Thema mit anderen Akzenten erleben wollen, oder von Dior‘s Rotem einfach genug haben. Einfach mal abfüllen lassen. Ich habe es jedefalls nicht bereut.
3 Antworten
Parzival852Parzival852 vor 6 Jahren
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Wirklich toller, sehr hilfreicher Kommentar. Vielen Dank.
FlankerFlanker vor 6 Jahren
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Beidem bin ich echt hin- und hergerissen! Genau wegen der Sauber- dreckig- Seifiggeschichte. Auf der einen Seite finde ich ihn schön und auf der anderen zu oldschool oder zu laut...mich lässt er noch etwas ratlos zurück. Dein Kommentar gefällt jedoch ;)
WalkerWalker vor 6 Jahren
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Hab den Portrayal auch wegen der Nähe zu Fahrenheit (großer Fan :D) testen wollen. Allerdings konnte ich selbst bis auf die ähnliche Veilchennote keine Parallelen ziehen. Gerade dieses seifig dreckig/saubere was du beschreibst hat bei mir eher Abneigung ausgelöst. Ich selbst bleib doch gerne beim Roten.