MattRacer
19.01.2024 - 09:25 Uhr
8
Sehr hilfreiche Rezension
10
Preis
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft

Günstige eindrucksvolle Reise in die orientalische Welt

Hier haben wir sie, die nächste beachtliche Entdeckung im Bereich der günstigen arabischen Düfte mit wirklich eindrucksvollem Duftcharakter.
Stand jetzt, ist der Wafa aus dem Hause Ard Al Zaafaran offenbar noch ein Geheimtip. Mich würde es allerdings nicht wundern, wenn dieser Orient-Express hier in nächster Zeit mit Volldampf auf den Schienen des Hype-Trains abfährt. Das Zeug dazu hat er Meinung nach jedenfalls.

Zunächst einmal bekommt man hier eine dick auftragende, wertig anmutende, kunstvolle Präsentation auf den Tisch, die jedoch, typisch für die ein oder anderen arabischen Dufthäuser, tendenziell auch kitschig anmutet. Goldenes Bling Bling und persönlicher Geschmack hin oder her, für zwanzig Euronen ist dieses Maß an detailreicher Umverpackung jedenfalls nicht selbstverständlich. Der Karton zum Aufschieben fängt das Auge mit einem kunstvoll geschwungenen und verzierten -W- auf der Front ein, welches recht aufwendig anmutend dreidimensional vertieft auf dem Cover thront, und eine Vorschau auf den Inhalt gibt. Der Flakon präsentiert sich dann hübsch in einer Vertiefung eingefasst im inneren Karton. Alles posiert leicht angeberisch und extrovertiert inmitten von inflationär eingesetzter goldener Farbe. Trotzdem, objektiv betrachtet, wirkt das Ganze liebevoll gestaltet.
Der Flakon selbst ist von der wuchtigen, soliden und durchaus wertigen Sorte. Er wirkt massiv und stabil. Die schwere Metallkappe mitsamt Verzierungen am Rand und auf der Kappe komplettiert die hochwertige Präsentation.
Das samtige Frontcover des Flakons ist hier der größte objektive Kritikpunkt, da es am Rand, bedingt durch die Einfassung im Karton, offenbar zu leichtem ablösen neigt. Hier zeigt sich dann dass das Cover recht plump aufgeklebt wurde. Bei der insgesamt fetten optischen und materiellen Darbietung ist das aber zu verschmerzen.

Zum Saft selbst... Ihr bekommt hier ein Parfum, welches euch in vielerlei Hinsicht in die orientalische Duftwelt katapultiert und einen recht umfassenden Einblick in diese offenbart. Zunächst wird einem hier eine Pflaume um die Ohren (und Nase) gehauen, die wie gesüßtes Trockenobst daherkommt. Die Fruchtsüße kommt hier sehr umgänglich und frei von Säure daher. Allerdings ist dieses Steinobst hier schon stattlich gezuckert.
Geerdet und abgerundet wird das Ganze dann aber gekonnt durch eine erdige, holzige und auch leicht rauchige Basis. Ein betont harziges Weihrauch-Räucherwerk gibt dem Duft eine warme Basis. Zugleich lässt es den Duft recht düster und edel erscheinen. Man könnte hier auch etwas Tabak als Duftnote vermuten.
Die klassisch dunkle, erdige Patchouli Note untermalt den Duft durchweg und erdet ihn sprichwörtlich. Weiterhin schwebt da immer eine dezente, cremige Vanille im Duftschleier mit, die ihn etwas verspielt, vor allem aber gefällig daherkommen lässt.
Die angegebene Rose nehme ich unterschwellig war, was dem Duft etwas edles und zugleich mysteriöses verleiht. Glücklicherweise ist diese Note hier äußerst subtil angelegt, in einem Außmaß, welches für einen Duft dieser Machart adäquat erscheint.
Insgesamt erwartet euch ein Duftcharakter, der kurz als süß-würzig-orientalisch beschrieben werden kann, und dabei warm, dunkel und etwas verrucht auftritt. Der Duft hat Charakter, der jedoch bei den meisten Anwendern und Wahrnehmern nicht zu arg anecken wird. Die Süße wirkt hier stilvoll und gut austariert. Sie gibt dem Duft meiner Meinung nach eine solide Gefälligkeit, wirkt allerdings niemals übersteuert oder quietschig.

Das Ganze mutet, zumindest für meine Nase, von der Qualität auf einem Level an, welches man für diese Preisgestaltung nicht erwarten würde. Der Duft ist rund, weich und die Noten harmonisch ineinander verwoben. Der Duft ist interessant und wirkt nicht zu synthetisch. Selbst 50-60-70 Euro wären hier vollkommen ok. Ehrlich gesagt könnte auch ein teures Nischen-Haus den Duft rausbringen, und würde damit nicht großartig negativ auffallen. Hoffentlich liest Ard Al Zaafaran nicht mit. Aber vielleicht wird auch der Hype-Train die Angebot- und Nachfrage Kurve mit Schmackes durchfahren und sein übriges tun.

Aufgrund seiner Opulenz würde ich den Duft eindeutig in der kühlen Jahreszeit verorten. Die gänzlich schlechteste Verwendung wäre bei 30 Grad im Sommer, vor einem Saunabesuch, um mal ein Negativ-Bild zu kreieren, damit ihr euch eine andersgeartete Verwendung selbst erörtern könnt ;-)

Geschlecht? Aufgrund seiner Harzigkeit, Würzigkeit und Rauchigkeit würde ich den Duft schon eher an Männern sehen. Allerdings ist diese gourmandige Fruchtsüße gepaart mit der Vanille und der leichten Cremigkeit des Duftes durchaus geeignet, ihn auch für eine Dame tragbar zu machen, sofern diese charakterstark, verrucht oder düster genug ist, sich in dieser mysteriösen Duftwolke einhüllen zu wollen. Die Vorstellung den Duft an einer Frau wahrzunehmen, finde ich jedenfalls recht spannend.

Gefälligkeit? Bestimmt! Meine Frau fand den Duft richtig gut und hat mich eigeninitiativ darauf angesprochen, was aufgrund ihrer nur rudimentär ausgeprägtem Parfum-Affinität nicht allzu häufig vorkommt.
Haltbarkeit und Sillage sind nicht auf der Beast-Mode Seite, aber schon gut vorhanden. Ich bekomme hier etwa 6-7 Stunden Haltbarkeit und eine wahrnehmbare Sillage für 3-4-5 Stunden.
Andere arabische Düfte können das noch ein Eckchen besser, allerdings finde ich das Level an Stärke hier durchaus angebracht, da es zu dem warmen, chicen, edlen und mysteriösen Duft passt. Er schreit nicht meterweit "Hier bin ich!", sondern weiss seine Wahrnehmer im näheren Umfeld zu verführen.

Assoziationen und Vergleiche zu Artgenossen ergeben sich bei mir z.B. in Richtung Parfums de Marly Carlisle, auch wenn dieser noch eine Nuance mehr in der Luft "knistert" und noch ein wenig facettenreicher anmutet. Den hier zitierten Black Phantom durfte meine Nase noch nicht riechen, weshalb ich hier nichts zu einer Vergleichbarkeit sagen kann. Was sich mir jedoch noch aufdrängte, war die Erinnerung an einen Argos - Triumph of Bacchus. Letzterer wirkt natürlich noch eine ganze Ecke kunstvoller, harmonischer und "teurer", und kommt mit einer geil verspielten Alkohol Note daher. Allerdings kam ich nicht umhin mich diesem Vergleich ausgesetzt zu sehen. Wo der Bacchus eher mit Pfirsich triumphiert, nimmt hier halt die artverwandte Pflaume die Stelle des Steinobstes ein. In puncto Würzigkeit, Tabak/Rauch, Vanille und grundsätzliche "Orientalik" beschreiten die Düfte jedoch ähnliche Wege.

In diesem Sinne: Der Wafa ist für Fans dieser Duftrichtung definitiv einen Test wert! Ich würde ihn als absoluten Preis-Leistungs-Knüller beschreiben, der in vielerlei Hinsicht positiv überrascht hat, und von der Qualität, sowohl Umverpackung als auch Duft selbst, in einer oberen Liga mitspielt.
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