MattRacer

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1 - 5 von 8
MattRacer vor 4 Monaten 8
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Günstige eindrucksvolle Reise in die orientalische Welt
Hier haben wir sie, die nächste beachtliche Entdeckung im Bereich der günstigen arabischen Düfte mit wirklich eindrucksvollem Duftcharakter.
Stand jetzt, ist der Wafa aus dem Hause Ard Al Zaafaran offenbar noch ein Geheimtip. Mich würde es allerdings nicht wundern, wenn dieser Orient-Express hier in nächster Zeit mit Volldampf auf den Schienen des Hype-Trains abfährt. Das Zeug dazu hat er Meinung nach jedenfalls.

Zunächst einmal bekommt man hier eine dick auftragende, wertig anmutende, kunstvolle Präsentation auf den Tisch, die jedoch, typisch für die ein oder anderen arabischen Dufthäuser, tendenziell auch kitschig anmutet. Goldenes Bling Bling und persönlicher Geschmack hin oder her, für zwanzig Euronen ist dieses Maß an detailreicher Umverpackung jedenfalls nicht selbstverständlich. Der Karton zum Aufschieben fängt das Auge mit einem kunstvoll geschwungenen und verzierten -W- auf der Front ein, welches recht aufwendig anmutend dreidimensional vertieft auf dem Cover thront, und eine Vorschau auf den Inhalt gibt. Der Flakon präsentiert sich dann hübsch in einer Vertiefung eingefasst im inneren Karton. Alles posiert leicht angeberisch und extrovertiert inmitten von inflationär eingesetzter goldener Farbe. Trotzdem, objektiv betrachtet, wirkt das Ganze liebevoll gestaltet.
Der Flakon selbst ist von der wuchtigen, soliden und durchaus wertigen Sorte. Er wirkt massiv und stabil. Die schwere Metallkappe mitsamt Verzierungen am Rand und auf der Kappe komplettiert die hochwertige Präsentation.
Das samtige Frontcover des Flakons ist hier der größte objektive Kritikpunkt, da es am Rand, bedingt durch die Einfassung im Karton, offenbar zu leichtem ablösen neigt. Hier zeigt sich dann dass das Cover recht plump aufgeklebt wurde. Bei der insgesamt fetten optischen und materiellen Darbietung ist das aber zu verschmerzen.

Zum Saft selbst... Ihr bekommt hier ein Parfum, welches euch in vielerlei Hinsicht in die orientalische Duftwelt katapultiert und einen recht umfassenden Einblick in diese offenbart. Zunächst wird einem hier eine Pflaume um die Ohren (und Nase) gehauen, die wie gesüßtes Trockenobst daherkommt. Die Fruchtsüße kommt hier sehr umgänglich und frei von Säure daher. Allerdings ist dieses Steinobst hier schon stattlich gezuckert.
Geerdet und abgerundet wird das Ganze dann aber gekonnt durch eine erdige, holzige und auch leicht rauchige Basis. Ein betont harziges Weihrauch-Räucherwerk gibt dem Duft eine warme Basis. Zugleich lässt es den Duft recht düster und edel erscheinen. Man könnte hier auch etwas Tabak als Duftnote vermuten.
Die klassisch dunkle, erdige Patchouli Note untermalt den Duft durchweg und erdet ihn sprichwörtlich. Weiterhin schwebt da immer eine dezente, cremige Vanille im Duftschleier mit, die ihn etwas verspielt, vor allem aber gefällig daherkommen lässt.
Die angegebene Rose nehme ich unterschwellig war, was dem Duft etwas edles und zugleich mysteriöses verleiht. Glücklicherweise ist diese Note hier äußerst subtil angelegt, in einem Außmaß, welches für einen Duft dieser Machart adäquat erscheint.
Insgesamt erwartet euch ein Duftcharakter, der kurz als süß-würzig-orientalisch beschrieben werden kann, und dabei warm, dunkel und etwas verrucht auftritt. Der Duft hat Charakter, der jedoch bei den meisten Anwendern und Wahrnehmern nicht zu arg anecken wird. Die Süße wirkt hier stilvoll und gut austariert. Sie gibt dem Duft meiner Meinung nach eine solide Gefälligkeit, wirkt allerdings niemals übersteuert oder quietschig.

Das Ganze mutet, zumindest für meine Nase, von der Qualität auf einem Level an, welches man für diese Preisgestaltung nicht erwarten würde. Der Duft ist rund, weich und die Noten harmonisch ineinander verwoben. Der Duft ist interessant und wirkt nicht zu synthetisch. Selbst 50-60-70 Euro wären hier vollkommen ok. Ehrlich gesagt könnte auch ein teures Nischen-Haus den Duft rausbringen, und würde damit nicht großartig negativ auffallen. Hoffentlich liest Ard Al Zaafaran nicht mit. Aber vielleicht wird auch der Hype-Train die Angebot- und Nachfrage Kurve mit Schmackes durchfahren und sein übriges tun.

Aufgrund seiner Opulenz würde ich den Duft eindeutig in der kühlen Jahreszeit verorten. Die gänzlich schlechteste Verwendung wäre bei 30 Grad im Sommer, vor einem Saunabesuch, um mal ein Negativ-Bild zu kreieren, damit ihr euch eine andersgeartete Verwendung selbst erörtern könnt ;-)

Geschlecht? Aufgrund seiner Harzigkeit, Würzigkeit und Rauchigkeit würde ich den Duft schon eher an Männern sehen. Allerdings ist diese gourmandige Fruchtsüße gepaart mit der Vanille und der leichten Cremigkeit des Duftes durchaus geeignet, ihn auch für eine Dame tragbar zu machen, sofern diese charakterstark, verrucht oder düster genug ist, sich in dieser mysteriösen Duftwolke einhüllen zu wollen. Die Vorstellung den Duft an einer Frau wahrzunehmen, finde ich jedenfalls recht spannend.

Gefälligkeit? Bestimmt! Meine Frau fand den Duft richtig gut und hat mich eigeninitiativ darauf angesprochen, was aufgrund ihrer nur rudimentär ausgeprägtem Parfum-Affinität nicht allzu häufig vorkommt.
Haltbarkeit und Sillage sind nicht auf der Beast-Mode Seite, aber schon gut vorhanden. Ich bekomme hier etwa 6-7 Stunden Haltbarkeit und eine wahrnehmbare Sillage für 3-4-5 Stunden.
Andere arabische Düfte können das noch ein Eckchen besser, allerdings finde ich das Level an Stärke hier durchaus angebracht, da es zu dem warmen, chicen, edlen und mysteriösen Duft passt. Er schreit nicht meterweit "Hier bin ich!", sondern weiss seine Wahrnehmer im näheren Umfeld zu verführen.

Assoziationen und Vergleiche zu Artgenossen ergeben sich bei mir z.B. in Richtung Parfums de Marly Carlisle, auch wenn dieser noch eine Nuance mehr in der Luft "knistert" und noch ein wenig facettenreicher anmutet. Den hier zitierten Black Phantom durfte meine Nase noch nicht riechen, weshalb ich hier nichts zu einer Vergleichbarkeit sagen kann. Was sich mir jedoch noch aufdrängte, war die Erinnerung an einen Argos - Triumph of Bacchus. Letzterer wirkt natürlich noch eine ganze Ecke kunstvoller, harmonischer und "teurer", und kommt mit einer geil verspielten Alkohol Note daher. Allerdings kam ich nicht umhin mich diesem Vergleich ausgesetzt zu sehen. Wo der Bacchus eher mit Pfirsich triumphiert, nimmt hier halt die artverwandte Pflaume die Stelle des Steinobstes ein. In puncto Würzigkeit, Tabak/Rauch, Vanille und grundsätzliche "Orientalik" beschreiten die Düfte jedoch ähnliche Wege.

In diesem Sinne: Der Wafa ist für Fans dieser Duftrichtung definitiv einen Test wert! Ich würde ihn als absoluten Preis-Leistungs-Knüller beschreiben, der in vielerlei Hinsicht positiv überrascht hat, und von der Qualität, sowohl Umverpackung als auch Duft selbst, in einer oberen Liga mitspielt.
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MattRacer vor 4 Monaten 12 6
9
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft
Das ist kein Brett, das ist ein Baumarkt!
Hier ist er also, der kleine Geheimtip, insbesondere für Fans des alten eingestellten Gucci pour homme, dessen Geist hier von Michel Almairac zu neuem Leben erweckt wurde. Der Duft fristet sein durch und durch ruhiges Dasein im Schatten seines bekannteren Bruders "Bentley for men Intense", und offenbart sein angenehmes Wesen nur denen, die etwas tiefer in die Materie eintauchen, die über den Tellerrand der üblichen Influencer Top10-Listen hinaus schauen.

Während der Intense insgesamt eher laut und auffällig daherkommt, ist der Absolute der deutlich ruhigere, introvertierte Vertreter der Gentleman-Düfte dieser Marke.

Bereits in der Eröffnung offenbart der Duft wes Geistes Kind er ist. Er zeigt sich in erster Linie holzig. Die hier bereits vermerkten Assoziationen mit frisch angespitztem Bleistift sind klar erkennbar.
Wer Süße in Düften sucht, ist hier fehl am Platze, und sollte eher beim Intense sein Glück versuchen. Der Absolute wirkt dermaßen trocken, dass er gefühlt auch Räume von Luftfeuchtigkeit befreien kann. Die Holznoten wirken so, als hätte man das Material vor der Verarbeitung 10 Jahre lang in der Wüste Gobi trocknen lassen. Findet man in anderen Düften die Holznote eher subtil vor, so kriegt man hier das Kantholz mit voller Wucht gegen die Visage gescheppert: Das ist kein Brett, das ist ein Baumarkt!
Zudem macht die angegebene Note "Papyrus" hier durchaus Sinn und wirkt nachvollziehbar. Sie geht harmonisch Hand in Hand mit der Holzigkeit, und weckt Assoziationen mit alten Schriftrollen, Bibliotheken und dem Geruch von altehrwürdigen fetten Büchern.
Weiterhin versprüht der Duft noch ein gewisses Maß an Harzigkeit und Erdigkeit. Die Vorstellung, im (trockenen) Sommer durch einen dichten Wald zu stapfen, geht mit dem Duft einher. Etwas Staub von trockener, aufgelockerter Erde liegt in der Luft, die Bäume um einen herum dünsten leicht harzig aus.
Weihrauch verleiht dem Duft noch mehr Charakter, gibt ihm einen Hauch von angenehmer niemals kratziger Rauchigkeit, aber beruhigt und erdet die Komposition zugleich noch weiter. Die hier gelesene sakrale Stimmung die der Duft dadurch hervorzurufen vermag, kann ich bestätigen.
Pfeffer oder Ingwer sind für meine Nase allenfalls nur ganz dezent am Rande wahrnehmbar. Auch hier, wenn Ingwer, dann 3 Jahre lang schrankgetrocknet, keinesfalls mehr ölig ätherisch wirkend.
Der Pfeffer spielt ebenso eher die zweite Geige und kommt sehr sanft, geradezu gedämpft daher, weit davon entfernt, einen spicebomb-artigen Nießanfall auszulösen.

Wir haben hier einen insgesamt sehr ruhigen, dezenten Vertreter seiner Zunft, der stets souverän, distinguiert und unaufdringlich wirkt.
Auch wenn dufttechnisch klar anders, so erinnert mich der Absolute dennoch irgendwie an einen Encre Noir, da er mit ihm gewisse Charakterzüge teilt. Die betonte Holzigkeit, gepaart mit Duftnoten, die Erinnerungen an die Natur und/oder Erde wecken, die ähnliche Richtung an Stimmung an denen die Düfte Anwendung finden, oder die sie kreieren...

Leider, und so kommen wir zum größten Kritikpunkt zum Duft, passen auch Haltbarkeit und Sillage in das eher chice, souveräne und ruhige Gesamtbild dieser Kreation. Könnte man der eher subtilen Ausstrahlung noch etwas positives, anlassbezogen sehr adäquates abgewinnen, so bleibt die Haltbarkeit so oder so etwas dürftig. In Zahlen gesprochen, ist er auf meiner Haut etwa 4 Stunden wahrnehmbar, wovon aber nur 2-3 eine wirklich nennenswerte Sillage ausbilden. Die Haltbarkeit ist somit auf dem Niveau eines durchschnittlichen frischen Duftes. Ob der hier zu Grunde liegenden DNA hätte man sich etwas mehr gewünscht.
Sei es drum. Aufgrund der tollen Preisgestaltung, die die Edel-Auto-Marke hier erwähnenswerter weise an den Tag legt, ist auch ein Übersprühen/Auffrischen kein Drama. Zumal der wirklich sehr chice und edel anmutende schwarze Flakon, der einfach massiv, maschinell, industriell und maskulin daherkommt, einfach derart solide wirkt, dass einem auch bei dessen Mitnahme nicht gleich Angst und Bange wird.

Ich sehe den Duft für alle möglichen Anlässe geeignet, mal abgesehen von der Party an der Strandbar, wo er doch eher als seltsamer Spaßbremser auftreten könnte. Von Herbst bis Frühling, Arbeit, Freizeit, offizielle Anlässe - go for it. Im Sommer bei wirklich warmen Temperaturen würde ich ihn auch eher meiden. Nicht weil er erdrückend wirken könnte, sondern vielmehr aufgrund der eher sachlichen, ruhigen, ggf. ernsten Stimmung die er erschaffen kann.
Ein Duft für Gentlemen oder die die es werden wollen, für eloquente Männer von Welt, die einen stilvollen Duft gegenüber einem sehr lautstarken bevorzugen, die ein subtiles aber elegantes Statement auftragen wollen.
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MattRacer vor 4 Monaten 5
7
Flakon
9
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Mustergültig orientalisch
Auf den Duft durch diverse Youtube Influencer aufmerksam geworden, wurde mein Interesse geweckt und ich habe mir kurz vor den kürzlichen Weihnachtsfeiertagen eine Abfüllung besorgt.
Nach ein zwei Tagen testen stand der Entschluss, dass der Azraq letztlich an einem der Feiertage getragen wird, da er hier für meinen Geschmack ideal aufgehoben wirkt. Dies ist jedoch auch erweiterbar auf die gesamte kühle Jahreszeit, da der Duft ob seiner Opulenz, seines Charakters und seiner Wertigkeit perfekt geeignet ist, um auch bei garstig kaltem Wetter eine wunderschön warme, behagliche Aura zu verbreiten.

Der Duft mutet grundsätzlich wie ein klassischer stereotyper Orientale an: Schwer, würzig, süß, warm.
Man bekommt hauptsächlich Honig, Zimt, Vanille, sowie dezent Leder und Oud mit. Alles wirkt sehr schön rund und harmonisch ineinander verwoben. Das Zusammenspiel der Duftnoten lässt insgesamt noch einen harzigen, holzigen und leicht erdigen Unterton aufkommen. Auch die hier gelesenen Assoziationen mit Cola kann ich bestätigen. Der Duft findet ein insgesamt angenehmes Level an Süße, nicht zuviel, nicht zu wenig. Die oud-Note kommt hier schön subtil und dadurch sehr gefällig daher. Sie bettet den Duft auf gewisse weise mysteriös doch zugleich wärmend ein.

Performance mäßig spielt der Duft in der oberen Liga mit. Bei meiner Haut, die Parfum aufzusaugen scheint wie die Wüste Gobi Wasser, kommt der Duft auf etwa 7-8 Stunden Haltbarkeit. Auf Kleidung ist er am nächsten Tag noch gut wahrnehmbar. Die Sillage ist mit etwa 2 Metern Reichweite innerhalb der ersten Stunden stets präsent, aber nie penetrant.

Komplimente? ja.

Auf mich wirkt der Duft insgesamt hochwertig und wirkt durchaus qualitativ, ohne dass ich mir eine wirkliche Parfum Expertise attestiere. Rein subjektiv kann er aber locker in einer Liga mit Parfums de Marly oder vergleichbaren hochpreisigen Düften mitspielen. Die Kreation die Swiss Arabian uns hier zu einem wie ich finde sehr annehmbaren Preis anbietet, ist insgesamt durchaus gelungen.
Wer auf süsse orientalische Düfte steht, sollte diesen hier wirklich mal ausprobieren, denn er kann durchaus als mustergültig für diesen Duftsektor angesehen werden.
Bei mir wird er über kurz oder lang jedenfalls einziehen!
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MattRacer vor 4 Monaten 3
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Extrem ideal dieser Idéal Extrême
Ich habe diesen Duft kürzlich getestet, nachdem er zunächst sehr lange unter meinem Radar blieb. Ich denke hier bin ich nicht der einzige. Doch eben dieses relativ ruhige Dasein innerhalb der Parfum-Blase, kombiniert mit einer, wie ich finde, äußerst beachtlichen und ebenso spannenden olfaktorischen Darbietung, hat mich dazu veranlasst mal ein paar mehr Worte zu dem Duft zu verlieren.

Für meine Nase offenbart sich hier ein grundsätzlich klassischer würzig-orientalischer Duft, der einige Ähnlichkeiten zu anderen bekannten Kandidaten aufweist, der jedoch zudem mit einem interessanten sauber-seifigem Twist daherkommt. Diese toll integrierte Raffinesse kennt man auch von anderen Düften des Hauses Guerlain. Hier kommt sie jedoch besonders interessant daher.

Ich rieche hier zunächst einen typischen jedoch stets wertig und elegant anmutenden Pflaumen-Tabak-Zimt Duft, der dezent von etwas Pfeffer und Leder untermalt wird. Wäre der Duft ein Rotwein, dann kein saftiger lieblicher, sondern eher ein reifer und trockener Tropfen aus dem Eichenfass, auch wenn ein gesundes Maß Süße mitschwingt. Die Frucht-Tabak Kombi kommt hier demnach nicht quietschig daher, sondern wunderbar abgehangen und ruhig.
Im Hintergrund wabert von Beginn an eine leichte aber immer wahrnehmbare saubere, seifige Frische mit, die dem Duft seine Individualität verleiht und auch die Versatilität zu steigern vermag.

Die guerlain'sche Mandel ist vorhanden, aber nicht ansatzweise so präsent wie beim allseits bekannten l'homme ideal edp, welcher ja geradezu kirschig, marzipanig oder gar ammaretto-artig eröffnet.
Hier wirkt sie eher schüchtern, als würde man in eine Tüte Mandeln hineinschnuppern, die sich noch in ihrer Schale befinden.
Das Leder wirkt hier eher braun und weich, nicht schwarz und gebeizt.
Den Duftverlauf nehme ich als relativ linear wahr. Natürlich werden die frischen Anteile im Verlauf weniger, wo Leder, Tabak und Holz noch länger nachwirken. Jedoch bleibt der Grundcharakter bis zum Ende erhalten.

Bezüglich der Performance dieses Duftes sind wir typisch Guerlain im Mittelfeld unterwegs.
Der Duft ist ingesamt eher von edlem und chicen Charakter. Dazu passt auch seine eher zurückhaltende Sillage. Generell muss man sagen, trotz der hochwertig wirkenden olfaktorischen Anmut, muss man hier mehr als bei anderen Düften aufsprühen, um eine nennenswerte Duftwolke aufziehen zu lassen. Wo bei anderen Orientalen locker 3 Sprüher reichen um eine ideale Mixtur aus Wahrnehmbarkeit ohne Penetranz zu erzielen, sind hier locker 6 Sprüher fällig.
Die Haltbarkeit geht mit etwa 5-6 Stunden völlig in Ordnung, auch wenn andere Düfte aus dieser Ecke mehr können. Der l'homme ideal extrem trumpft eher durch seine Qualität auf.

Kurzum würde ich sagen, steht der Duft zu Unrecht im Schatten seines erfolgreicheren Bruders l'homme ideal edp. Ich finde den hier noch eine Ecke individueller, bei gleichem Level an Gefälligkeit mit mehr Ecken und Kanten versehen, insgesamt für meine Nase schlicht "besser", auch wenn ich das edp ebenso wertschätze.

Um Vergleiche zu ziehen (den prinzipiell ähnlichen homme ideal edp mal ausgeklammert): in Nuancen erinnert mich der Ideal Extrême an einen Parfums de Marly Herod, andere Charakterzüge an einen Carlisle des gleichen Hauses, oder an einen Ard Al Zaafaran Wafa.
Trotzdem bleibt der hier irgendwie auf seine Art einzigartig, und wird euch an dieser Stelle mal meinerseit wärmstens ans Herz gelegt.
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MattRacer vor 5 Monaten 6
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Gereifter Partyboy springt aus seinem Schatten
Das Image als Partylöwe eilt ihm noch immer schadhaft voraus. Trotz seiner objektiv betrachtet nunmehr hohen Qualifikation, seiner herausragenden Reifeprüfung die er beim Maestro Pescheux ablegen durfte, ist er zu Unrecht, aufgrund seines extrovertierten Ursprungs, der ihm seine Bekanntheit einbrachte, immernoch als lauter Angeber verschrien.
Macht man sich die Mühe und lässt die Partygeschichten von damals ruhen, betrachtet ihn unvoreingenommen, ergibt sich jedoch ein neues Bild, welches sich durch wahrhaft stilsicheres, adäquates und weltmännisches Auftreten auszeichnet.

Spass und Metaphern bei Seite, ab zum Duft...
Versace Eros Parfum lässt immernoch ganz klar seine Wurzeln erkennen. Allerdings ist es Pescheux hier geglückt, einen meiner Meinung nach wirklich harmonischen Duft zu kreieren. Er lässt zwar immernoch die alte freche Attitide erkennen, setzt diese jedoch nun deutlich runder und sanfter um.
Wo das Eros EDT sehr harsch und laut agiert, ist das Parfum die entscheidende Nuance leiser unterwegs, was den Duft in eine neue Hemisphäre der Versatilität hieft.

Die Minze ist hier deutlich zurückhaltender, der synthetische Apfel fehlt offenbar gänzlich, wird hier durch relativ milde Zitrusfrüchte ersetzt. Dies sorgt dafür dass die brachial laute Eröffnung des EdT hier ein perfektes Quentchen milder daherkommt.
Das Parfum ist zweifelsohne immernoch süß. Die Früchte des Openings sowie die stets mitwabernde Vanille zeigen wes Geistes Kind dieser Duft ist. Allerdings ist der Grad an Süße hier gegenüber dem EdT ein entscheidendes Eckchen heruntergeregelt und kommt weicher daher.
Zitrone und diverse Kräuter, wobei vom reinen Eindruck der hier aufgeführte Salbei und Lavendel schon gut erkennbar hinkommen, geben dem Duft eine gewisse Frische aber zugleich auch angenehme Würze mit. Die Salbei Note verleiht dem Duft eine gewisse Moderne und setzt ihn zeitgemäß in Szene.

Der Duftcharakter lässt sich kurzgesagt als frisch-süß-fruchtig beschreiben.
Das Teil wirkt insgesamt rund und die Noten sind harmonisch ineinander verwoben, ohne jedoch bis zur Unkenntlichkeit vernebelt zu sein.

Grundsätzlich, ohne gleich zu riechen, erinnert mich dieser Duft in seiner Machart, Richtung und Verwendungsbreite sowie dem grundsätzlichen Charakter an einen Chanel Allure Homme Sport Eau Extreme. Und hier an dieser Stelle muss ich eine Lanze für den Italiener brechen: Der Versace kommt ebenso harmonisch und wertig daher, weist jedoch deutlich mehr Ecken und Kanten auf als der bis zur Unkenntlichkeit glattgebügelte überbewertete Franzose, der schlicht nach Berliner Ballenauf frischer Wäsche riecht, und sich verglichen mit dem Italiener zudem als deutlich kurzatmiger herausstellt.

Die Performance des Duftes ist solide. 4-6 Stunden bleibt der Duft gut wahrnehmbar. Die Sillage ist glücklicherweise nicht so thermonuklear wie beim EdT, dafür konstanter, das Parfum wirkt insgesamt eine Ecke haltbarer. Das ganze passt ins wie ich finde stilvolle Gesamtbild eines angenehm gereiften hochwertigen Duftes, der seine Wurzeln nicht verkennt, aber auf angenehme Art und Weise mit der Zeit gegangen ist. Eros Parfum sehe ich als ultra-versatilen Duft an der zu keiner Jahreszeit und kaum einer Umgebung deplatziertbwirken würde.

Zum Kultflakon muss man nicht viele Worte verlieren, das Medusa-Fläschchen ist trotz seines nicht von der Hand zu weisenden Kitschfaktors eine kunstvolle kreative Augenweide.

Das Parfum scheint an vielen vorbeigegangen zu sein, die denken mit dem EdT oder EdP hätten sie schon alles erlebt. So mausert sich das Parfum ggf. zu einem kleinen Geheimtip, der ob des schlechten Rufes der Vergangenheit nur für die wahrlich unvoreingenommene Klientel zugänglich wird.

Tatsächlich hätte ich mir noch MEHR Reife, klare Kante und Abgrenzung zum EdT erhofft, aber insgesamt hat Pescheux es hier geschafft den Eros deutlich wertiger zu machen, ohne seine Grund DNA zu verraten.
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