Sȧmaya 1986

Hexana
25.11.2014 - 18:09 Uhr
11
Top Rezension
10
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
10
Duft

Das Biest und die Schöne

Unlängst erhielt ich von einer lieben Parfumista eine Probe Samaya. Da dieser Duft hier noch nicht kommentiert wurde und auch nicht sprühbar war, dümpelte er ein wenig unbeachtet in der Probenkiste herum. Mit Avon-Düften habe ich keine Erfahrungen und es fehlen mir die Vorurteile, einfach weil wohl keine freundliche Avon-Beraterin jemals meinen Dunstkreis gekreuzt hat.

Neulich vorm Joggen kramte ich ein wenig in den Proben, Samaya fiel mir in die Hand und tat mir irgendwie leid – eben weil noch niemand ihn für wert befunden hatte, einen Kommentar zu schreiben. Ich tupfte ihn großzügig auf Handgelenke und Arme. Uiuiui, ganz schön stechend die Kopfnote! Entweder es sind biestige Aldehyde, die kratzen oder der Duft ist schon leicht gekippt - ich bin da nicht so der Experte.

Nun ja, beim Laufen ist es egal, wie ich müffele – zum einen trabe ich allein, zum anderen dusche ich ja hinterher sowieso. Also ab in die Natur. Während ich so vor mich hin trabte und den Kopf frei bekam, stieg es mir plötzlich in die Nase. Ein feiner, weicher, warmer Duft – leicht orientalisch und sehr angenehm. Das kann doch gar nicht das alte Biest sein, dachte ich noch und schnüffelte überrascht am Handgelenk. Das Biest hatte sich doch tatsächlich verwandelt, den altbackenen Aldehydumhang abgelegt und war zur lieblichen orientalischen Prinzessin mutiert, die keck über ihren zarten Schleier aus exotischen Gewürzen, Blüten und balsamischen Harzen lugte. Na, so eine Überraschung – mein Interesse war geweckt. Zu Hause angekommen wurde der Test wiederholt. Und wieder war da zuerst das alte Biest, das erstmal alle in die Flucht schlägt. Aber ich wusste ja, dass Prinzessin Samaya aus dem Morgenland nur dem Geduldigen erscheint, ließ ihr Zeit und wurde nicht enttäuscht.

Man spürt, dass das Parfüm ein Kind der Achtziger des vergangenen Jahrhunderts ist. Es passt in die Ispahan-Opium-Familie, ist aber wesentlich zurückhaltender und dadurch auch im Sommer tragbar. Die fehlende Duftpyramide macht es mir nicht leicht, den Duft zu analysieren. Ich vermute Benzoe, Muskat, etwas Jasmin, Amber und ein wenig Patchouli. Auch ein Hauch Weihrauch, minimalistische Vanille oder Tolubalsam sind vorhanden. Ylang-Ylang könnte auch dabei sein. Der Duft ist sehr komplex, warm und für mich eindeutig orientalisch. Ich mag diese würzigen Gerüche , die so geschickt gemixt sind, dass die Einzelbestandteile gar nicht eindeutig wahrnehmbar sind, sondern in ihrer Gesamtheit betören.

Die kapriziöse Dame aus dem Orient hatte mich also erobert. In der Bucht erstand ich preiswert einen Originalflakon, der optisch sehr ansprechend ist. Die gelbgoldene Flüssigkeit schimmert durch einen mattierten Flakon und bildet einen schönen Kontrast zum dunkelblauen Deckel. Das schlichte Design gefällt mir außerordentlich gut.

Samaya ist ein schöner Name, der mehre Bedeutungen hat, die aber alle zum orientalischen Charakter des Parfüms passen. Es kann ein arabischer Mädchenname sein, auf den unsere scheue, verwandelte Prinzessin hört. Aber es kann auch aus dem Sanskrit stammen, wo es u.a. "Eins mit der göttlichen Mutter" oder „Versprechen“ bedeutet. Möge sich jeder seine eigene passende Bedeutung aussuchen.

Zum Schluss sei nochmal jedem Interessierten empfohlen, sich in Geduld zu üben und der Prinzessin Zeit zu lassen. Sie braucht sie, um sich für uns hübsch zu machen. Danach erstrahlt sie umso schöner!
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